Von Elke Richel

Lauenburg.
"Von dem Geschick, das wechselnd mit Glanz und Trübzeit über Burg und Stadt Lauenburg kam, gibt der Turm auf dem Schlossberg ein redend Zeugnis", steht in einer alten Chronik geschrieben. Wenn dies stimmen sollte, wären gerade weniger glanzvolle Zeiten über die Stadt hereingebrochen: Der Lauenburger Schlossturm ist zurzeit aus Sicherheitsgründen zum Teil gesperrt.

Die Besteigung des Lauenburger Wahrzeichens steht bei den meisten Touristen ganz fest im Besuchsprogramm. Schließlich wird der Aufstieg mit einem traumhaften Blick über die Elbe belohnt. Doch im Moment ist auf halber Höhe Schluss: Das Geländer auf der oberen Plattform ist beschädigt. "Wir mussten die Aussichtsplattform sperren. Durch die minimalen Bewegungen des Turms haben sich im Laufe der Zeit die Befestigungen gelöst. Wir werden das Geländer jetzt so montieren, dass diese Bewegungen aufgefangen werden können", sagt Ulff Lewandowski vom Bauamt.

Zehn Jahre lang haben die Befestigungen des Gitters gehalten. Nachdem der Turm viele Jahre für Besucher gesperrt werden musste, erfolgte 2004 eine umfassende Sanierung des alten Wahrzeichens der Stadt. Neben 400 000 Euro aus den Töpfen der Stiftung Denkmalschutz und der Städtebauförderung, spendeten die Lauenburger selbst insgesamt 22 000 Euro für den Wiederaufbau. Am 29. April 2005 erfolgte die feierliche Wiedereinweihung.

Dass der Schlossturm bei den Lauenburgern so beliebt ist, könnte an einer alten Prophezeiung liegen. So soll 1581 eine Lauenburger Wahrsagerin verkündet haben, dass "eine Kasse voll Geldes im Turm zur Lauenburg vorhanden" wäre. Zwei Bauern machten sich daraufhin rund um den Turm zu schaffen. Sie fanden bei ihren Grabungen nichts. Trotzdem hatte die Wahrsagerin Recht: In Truhen lagerten damals tatsächlich wahre Schätze - nämlich das wertvolle Archiv des Fürstenhauses. Die Herzöge glaubten die Dokumente im Turm feuersicher verwahrt. Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. Beim Brand des Schlosses am 29. Januar 1616 gingen auch die Urkunden und Akten in Rauch und Asche auf.

Der Besuch der Schlossturms lohnt sich übrigens auch jetzt: Zwar fällt die Besteigung der Plattform als kleine Mutprobe aus, ein Gänsehaut-Schauer ist trotzdem garantiert. Immerhin braucht man nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie die Gefangenen anno dazumal in den engen Kerkerzellen gefoltert wurden. Überliefert ist die Geschichte des Bergedorfer Amtschreibers Andreas Grimm, der zwischen 1598 und 1609 im Turm gefangen gehalten wurde. Angeblich hatte er einen Mordanschlag auf Herzog Franz II. geplant. Er überlebte, weil er auch unter Folter nicht gestand. Andere hatten nicht so viel Glück: Bei Bauarbeiten am Lauenburger Schloss fand man Jahrhunderte später ein noch angekettetes Skelett.

Derart grausige Entdeckungen wird Ulff Lewandowski bei den derzeitigen Bauarbeiten sicher nicht machen müssen. Schließlich sei die Reparatur des Geländers eine kleinere Sache, sagt er. "Ich gehe davon aus, dass wir auch den oberen Teil des Turms Ende des Monats wieder freigeben können", stellt der Experte in Aussicht.