Lauenburg. Tausende schlendern durch die Altstadt Lauenburg: Mit Fischbrötchen, Flohmarkt und Raddampfer wird die Schifffahrtssaison eröffnet.
Auf dem historischen Pflaster der Altstadt wimmelte es nur nur so vor Schaulustigen: Die ließen sich auf der Fischmeile Matjesbrötchen und Kibbelinge schmecken, staunten auf dem Flohmarkt über eine echte Meerjungfrau und genossen bei strahlendem Sonnenschein Rundfahrten mit dem Raddampfer Kaiser Wilhelm.
28 Grad Celsius zeigte das Thermometer gegen Mittag in der engen Elbstraße. Noch heißer war es bei Holger Krause. Der Lauenburger und seine Frau sind mit ihrem Feuerlachs-Stand Stammgäste auf der Fischmeile. „Letztes Jahr hatten wir Regen, diesmal Sonnenschein. Aber am Feuer ist das egal: Da ist es immer heiß“, sagte Krause. Die Lachsseite bezieht Krause aus Dänemark: Es sind noch junge Lachse, die mit einer selbst entwickelten Rezeptur über einem Feuer in einer Mischung aus Grillen und Räuchern zubereitet werden. „Das schmeckt köstlich“, waren sich Silke Schröder und Angelika Paulsen einig und staunten über die Größe der Portion, die ihnen Gretel Krause mit Rosmarinkartoffeln und Honig-Senfsoße servierte.
Fischmeile in Lauenburg mit Kibbelingen, den McNuggets aus dem Meer
Die Freundinnen aus Mölln waren extra für die Fischmeile angereist: „Wir waren auch schon beim Landlust-Fest am Schloss, aber dies ist unsere erste Fischmeile und es gefällt uns sehr gut“, so Schröder. Einige Meter weiter war es ähnlich heiß: Frank Dürkop, der sonst in der klimatisierten Küche des Seniorenheims Askanierhaus seine Speisen zubereitet, schob einen Korb voller tiefgefrorener Kibbelinge in das siedende Öl. „Kibbelinge sind das, was bei McDonalds die Chicken McNuggets sind“, scherzt der Koch über die niederländische Fischspezialität: Filet von Kabeljau, Seelachs oder Seehecht wird dafür in mundgerechte Stücke geschnitten, mit Backteig überzogen und frittiert. Das Askanierhaus war dafür mit seinem Küchenequipment angereist. Am frühen Sonntagmorgen wurden Zelt, Kühlboxen, Fritteusen und Verkaufstresen aufgestellt, in einem Kühl-Lkw direkt neben dem Zelt warteten Fischfilet und Kibbelinge auf ihre Zubereitung.
Erst ein Fischbrötchen, dann mit dem Kaiser fahren
Achim Rieger verkaufte seinen Fisch im Ganzen: Um 6.30 Uhr hatte er schon seinen mobilen Räucherofen angeheizt, verkaufte nun Aale und Forellen an die Besucher der Fischmeile. Dazu gab es diverse Stände mit Fischbrötchen – wahlweise mit Lachs, Hering oder Backfisch. Für ein solches Brötchen hatte sich Ramona Schamann entschieden, sah mit ihrer Familie dem Treiben von einer Bank am Ruferplatz zu. „Wir wollen nachher noch mit dem Kaiser Wilhelm fahren“, verriet die Hohnstorferin, die noch auf weitere Familienmitglieder wartete. Bis zu 17 Familienmitglieder mitsamt ihrer Kinder hatten sich für den Ausflug auf die Fischmeile angemeldet: „Dieser Termin ist für mich wichtiger als Weihnachten.“
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Auch auf dem Flohmarkt, der sich vom Ruferplatz bis zum Kirchplatz erstreckte, waren die Anbieter zufrieden. „Die Standgebühren sind gering und ich sitze direkt vor der Haustür“, sagte Christoph Klünder. 2018 hatten er und sein Partner Simon Schuster das Haus der ehemaligen Töpferei „Der Topf“ gekauft. Damals war die Idee, in dem Laden ein kleines Geschäft zu eröffnen. Gemeinsam seinem Partner arbeitet er in seiner Freizeit alte Möbel auf und polstert Obstkisten als Sitzgelegenheit. Die standen nun zum Verkauf: „Wir habe ein altes Haus, für das wir unsere Zeit brauchen.“
Hölzerne Meerjungfrau auf dem Altstadt-Flohmarkt
Hingucker am Stand war eine holzgeschnitzte Meerjungfrau, die Klünder für eine Bekannte anbot. Die lebensgroße Figur stammt aus dem Nachlass eines Verwandten. 1500 Euro soll sie kosten. Ein stolzer Preis, gibt auch Klünder zu: „Aber ein realistischer. Besucher, die sich mit derartigen Antiquitäten auskennen, haben mir unabhängig voneinander ähnliche Summen genannt.“ Nur kaufen wollte die Meerjungfrau niemand. Dabei wäre der Transport der schweren und sperrigen Figur kein Problem: Für den Preis wäre auch eine Anlieferung dabei gewesen. Nicht ganz so sperrig waren die Bilder, die Dirk Eisermann anbot: Der Fotograf hatte Ansichten der Elbe und der Schifferstadt auf Leinwand drucken lassen. Fehldrucke, bei denen der Farbton eine Nuance zu hell ist oder sich die Leinwand etwas wellt, gab es zum günstigen Flohmarktpreis von 45 Euro. Ein Angebot, das sich viele Besucher nicht entgehen ließen und die großformatigen Drucke die steilen Askaniertreppen hochtrugen.
Für Menschen mit Gehbehinderungen nur schwer erreichbar
Das ist die einzige Kritik an Fischmeile und Flohmarkt: Wer auf dem Lösch- und Ladeplatz keinen Platz mehr fand, musste sein Auto in der Oberstadt abstellen und auf steilen Treppen und gepflasterten Wegen zum Fest gehen. Was schon bergab anstrengend ist, wurde bergauf zur schweißtreibenden Angelegenheit. Angelika Gerlach und Bernhard Syskowski aus Schwanheide hatten Glück: Etwa auf der Hälfte der Askanierstufen fanden sie eine fre eBank und verzehrten dort ihre Brötchen von der Fischmeile.
Angesichts von Besuchern mit Rollstuhl und Rollator, die sich ebenfalls über die Treppenstufen quälten, erinnert Rainer Staneck, Chef des Seniorenheims Askanierhaus an die Idee eines Schrägaufzug: 2009 hatten die Bürger die Idee mehrheitlich bei einem Bürgerentscheid abgelehnt. „Wenigstens eine Shuttlebus wäre aber gut gewesen“, sagt Syskowski. Den jedoch gibt es: Der Altstadtbus (Linie 338) fährt sonntags mit zweistündigen Rhythmus vom Busbahnhof in der Oberstadt (Askanierring) in die Altstadt. Allerdings fehlten Hinweise auf diese Möglichkeit, per Linienbus zumindest bis zum Lösch- und Ladeplatz zu kommen.