Lauenburg/Ratzeburg. Auch das Thema Mobilität der Senioren will der KSBR angehen. Und hat eine Idee, wie sie nicht gleich aufs Auto verzichten müssen.
Er ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht. So sehen es viele Mitglieder des Kreisseniorenbeirats (KSBR), nachdem der vorherige Vorsitzende abgelöst und sein bisheriger Stellvertreter Reinhard Vossgerau zum Nachfolger gewählt wurde. Auf seiner jüngsten Sitzung hat der KSBR deutlich gemacht, dass er die Schleichspur verlassen und auf die Überholspur wechseln will.
Das Gremium soll personell gestärkt und die Zahl der Sitzungen auf sechs bis acht pro Jahr etwa verdoppelt werden. Nicht als Selbstzweck, sondern um diverse drängende Themen voranzutreiben. Vor allem der Mangel an Kurzzeitpflegeplätzen bereitet Sorgen
Seniorenbeirat will sich auf für altengerechten Wohnraum einsetzen
Die Bandbreite reicht dabei von der Verbesserung des Personennahverkehrs besonders in den Dörfern über altengerechten Wohnraum, Problemen in der Pflege und unzureichender Versorgung mit Hospizplätzen bis zum Kampf gegen Vereinsamung im Alter und für mehr Angebote für Senioren vor Ort.
Zu vielen Problemfeldern müsse der KSBR mit verschiedenen Institutionen zusammenarbeiten, sagt Mitglied Claus Beissner (87), er ist zugleich Vorsitzender des Seniorenbeirates in der Stadt Lauenburg.
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„Für die Verbesserung in der Pflege müssen wir mit Anbietern wie DRK und Awo reden.“ Auch für eine altengerechte Wohnraumversorgung seien die Seniorenvertretungen auf Partner angewiesen, wie auch für einen besseren ÖPNV.
Arbeit im KSBR soll auf mehr Schultern verteilt werden
Doch es sei keineswegs so, dass Seniorenbeiräte nicht auch selbst Dinge vortreiben können. Beissner schwebt dazu etwa ein Besuchsdienst durch Ehrenamtliche vor. Als Möglichkeit, ältere Menschen im Alltag zu unterstützen und etwas gegen die Vereinsamung von alleinlebenden Senioren zu tun.
Solche Überlegungen wie auch eine breiter aufgestellte Arbeit im Seniorenbeirat lassen sich nur umsetzen, wenn das Engagement auf mehr Schultern verteilt wird, sind Beissner und der neue KSBR-Vorsitzende Reinhard Vossgerau (79) einig. Der Mann aus dem Nordkreis hat sich angesichts mehrerer verwaister Sitze im KSBR gleich daran gemacht, um neue Mitstreiter zu werben – mit Erfolg.
„Wir dürfen nicht nur reden, wir sind ja kein Lionsclub“
Zudem plant Vossgerau, häufiger zu Sitzungen einzuladen als sein umstrittener Vorgänger. „Wir können nicht nur dreimal im Jahr tagen, lange Vorträge hören und dann nur reden, wie sind ja kein Lionsclub“, so Vossgerau. „Wir wollen etwas für die Senioren erreichen.“ Wer der Kreisverwaltung Aufgaben stellen wolle, müsse auch liefern, „die Ideen sollten von uns kommen“.
Daran mangelt es dem neuen Vorsitzenden und seinen Mitstreitern nicht. „Wir können doch Senioren, die sich unsicher fühlen, nicht raten, ihren Führerschein abzugeben und zugleich nichts für eine Verbesserung des ÖPNV gerade in der Fläche tun“, so der Mann aus Klempau.
Ohne ÖPNV können Senioren Führerscheine nicht abgeben
In Städten wie Geesthacht und Ratzeburg oder der Gemeinde Wentorf am Hamburger Stadtrand möge der Nahverkehr ja noch funktionieren., „Aber in vielen Dörfern fahren Busse außerhalb des Schulbusverkehrs nur höchstselten. Das macht etwa Arztbesuche in der nächsten Stadt zum zeitraubenden Abenteuer.“ Wenn denn Ideen wie Mitfahrbanken nicht funktionieren, Busse in Eigenregie nur Insellösungen bleiben, müsse die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs vorangetrieben werden, fordert Vossgerau. Dazu könnten auch Anruf-Sammeltaxen dienen.
Sorgen bereitet Vossgerau die Schieflage im Bereich Pflege, besonders der Mangel an und unverbindliche Regeln für Kurzzeitpflegeplätze. „Viele gerade ältere Patienten werden heute aus Krankenhäusern blutig entlassen. Sie brauchen anschließend eine funktionierende Kurzzeitpflege, um die Genesung sicherzustellen und die Betroffenen wieder auf ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen Wänden vorzubereiten.“
Kurzzeitpflege für Pflegeheime weniger lukrativ als dauerhafte Auslastung
Doch im Kreis Herzogtum Lauenburg seien feste Plätze ein Problem: „Viele Kurzzeitpflegeplätze sind eingestreut, das heißt, sie werden von Pflegeheimen angeboten. Das häufig aber nur so lang, wie nicht ein dauerhaft Pflegebedürftiger aufgenommen werden kann.“
Das sei nicht zuletzt auch eine Frage der Finanzierung, weiß Vossgerau: Die dauerhafte Auslastung mit Pflegebedürftigen sei für die Häuser lukrativer als die zeitweilige Betreuung von Menschen in Kurzzeitpflege. Hier vorankommen zu wollen, bedeute das Bohren dicker Bretter, wissen Vossgerau wie Beissner. Dazu ist viel Überzeugungsarbeit vor allem bei den Anbietern notwendig.
Zwei anderen Ideen räumt Vossgerau raschere Realisierungschancen ein. „Menschen, die freiwillig ihren Führerschein abgeben, könnte ein Jahr lang die kostenfreie Nutzung des ÖPNV zugestanden werden.“
Kreis soll freiwillige Fahrstunden für Senioren bezuschussen
Denjenigen, die sich unsicher sind, möchte der KSBR-Vorsitzende ein anderes Angebot machen: „Wir reden mit der Kreisverwaltung über Geld für freiwillige Fahrstunden für Senioren.“
Wer das Angebot für eine solche Fahrstunde annehme, müsse sich keine Sorgen machen, dass die Ergebnisse in falsche Hände geraten. Vossgerau: „Wir haben mit dem Fahrlehrerverband gesprochen. Die Daten unterliegen dem Datenschutz. Das heißt, sie dürfen nicht weitergegeben werden.“