Hamburg. SPD, Grüne und FDP verweisen auf eine Prioritätenliste, in der die Linie 332 nicht verzeichnet sei. Dem Bezirksamt ist die nicht bekannt.
Christoph Schlüter hat gut zugehört, was ihm ältere Mitbürger aus seiner Lohbrügger Nachbarschaft klagten. Sie wünschen sich nämlich von Schlüter, der für die CDU als hinzugewählter Bürger im Verkehrsausschuss sitzt, Wartehäuschen für die Haltestellen Kirschgarten und Perelsstraße, die Fahrgäste vor Witterungseinflüssen schützen und den Wartekomfort auf der Linie 332 erhöhen. Aber: Wie politische Debatte und Zuständigkeiten der Behörden zeigen, ist es mit einfachem Wünschen längst nicht getan.
Die Linie 332 fährt von der Haltestelle Friedhof Bergedorf (Kapelle 2) über insgesamt 30 Stationen bis zur Endstation Kandinskyallee (Nord). Im 30-Minuten-Takt passiert sie dabei auch den Lohbrügger Norden. Doch insgesamt, so Schlüter, „sind nur wenige der Haltestellen mit Bushäuschen versehen“. Insofern sei der Wunsch nach Wartehäuschen sehr nachvollziehbar, insbesondere bei den etwas älteren Bewohnern Lohbrügges.
Wartehäuschen für Linie 332: Koalition verweist auf Prioritätenliste
Doch so leicht umsetzbar ist die Idee der Bushäuschen nicht, die Schlüter und seine Fraktionskollegen zuletzt als Prüfauftrag an die Verwaltung leiteten. Da sind zum einen die politischen Gegenspieler: Die Vertreter der Bergedorfer Koalition (SPD, Grüne, FDP) verweisen mit Vehemenz auf eine Prioritätenliste, die die Ausstattung der Busstationen nach Kriterien wie Aus- und Zustiege oder auch der örtlichen Raumgegebenheiten bewerten soll. SPD-Mann Andreas Tilsner fragt sich in diesem Kontext: „Warum gerade diese Haltestellen?“
Der Antrag wirke sehr „aus der Hüfte geschossen“, die Frage sei, ob es nicht Wartepunkte mit höherer Frequenz gebe. „Wir würden ihren Antrag unterstützen, wenn wir ihn um mehrere Haltestellen erweitern könnten“, argumentiert Tilsner. Auch die Vertreterin des Seniorenbeirats, Karin Rogalski-Beeck, findet den Vorschlag diskutabel. „Die Stationen Lohbrügger Markt und Binnenfeldredder sind stärker frequentiert und vorher dran“, findet die Senioren-Lobbyistin. Auch bei Stephan Meyns (FDP) will der Funke nicht überspringen: „Dass Herr Schlüter in der Gegend wohnt, reicht uns nicht.“
CDU bereitet Auskunftsersuchen an das Bezirksamt vor
Schlüters Parteikollege Jörg Froh kann diese ablehnende Haltung gar nicht nachvollziehen, zumal der Prüfauftrag doch modifizierbar sei, indem die komplette Linie 332 in Augenschein genommen werden könne, was Bushäuschen angehe. Froh: „Wir würden Perelsstraße und Kirschgarten einfach in die Liste aufnehmen. Egal, ob sie dann ganz hinten stehen. Vielleicht findet sich ja ein Sondertopf, aus dem sie finanziert werden können.“ Die Bergedorfer CDU bereitet zurzeit zu den Bushäuschen ein Auskunftsersuchen an das Bezirksamt vor.
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Hingegen bleibt eine ganz andere Frage: Wie sieht eigentlich die Prioritätenliste aus und wie funktioniert sie? Wie sich herausstellt, ist die politische Bezugnahme auf ein derartiges Instrument kurios. Auf Anfrage etwa beim Bezirksamt heißt es, dass eine solche Prioritätenliste nicht vorliege. Verwiesen wird auf eine „hamburgweite Bedarfsliste“, ein internes Arbeitspapier der Hochbahn.
Eine „Prioritätenliste“ ist im Bezirksamt nicht bekannt
„Sie dient als Grundlage für ständig laufende Gespräche, die mit den planenden Stellen der Stadt, den Verkehrsunternehmen, dem HVV, den Bezirken und Behörde für Verkehr und Mobilität geführt werden, um zusätzliche Standorte zur Qualitätsaufwertung des ÖPNV abzuleiten“, heißt es aus dem Rathaus. Der Begriff Liste sei irreführend, eher handele es sich um eine „Ideensammlung“.
Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) reagieren zurückhaltend: Sprecher Stefan Genz betont, dass sein Arbeitgeber lediglich an den Haltestellen Schilder und Haltemasten aufstelle und den Bustransport sichere – mehr nicht. „Fahrgastunterstände befinden sich im öffentlichem Raum. Wir dürfen von uns aus dort nichts hinstellen, das beruht auf politischen Entscheidungen in Abstimmung mit den Bezirksämtern“, erklärt Genz.