Büchen. Stellen für Schulsozialarbeit werden aufgestockt, um die Situation zu entschärfen. Aber ohne Unterstützung der Eltern geht nichts.
Es ist ein Aufatmen für Bernd Reinke, Schulsozialarbeiter an der Friedegart-Belusa-Gemeinschaftsschule Büchen: In der jüngsten Sitzung des Schulverbandes Büchen ist die Aufstockung der aktuell 2,3 Stellen für Schulsozialarbeit am Schulzentrum Büchen auf 3,0 Stellen nach einem Antrag der SPD einstimmig und ohne Diskussion beschlossen worden. „Wir sind uns alle einig, dass ein großer und wachsender Bedarf an Schulsozialarbeit besteht und damit mehr Personal dringend notwendig ist“, sagt Schulverbandsvorsteher Axel Engelhard.
Künftig 3,0 Stellen für Schulsozialarbeit am Schulzentrum Büchen
Aktuell sind am Schulzentrum Büchen, zu dem die Friedegart-Belusa-Gemeinschaftsschule sowie die Grundschule gehören, drei Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter eingesetzt, 0,7 Stellen an der Grundschule, 1,59 Stellen an der Gemeinschaftsschule.
Wobei durch den Mutterschutz seiner Kollegin derzeit Bernd Reinke allein für 911 Schülerinnen und Schüler zwischen Klasse 5 und 13 zuständig ist. Ausgeschrieben werden zwei Stellen. „Priorität hat, dass die offene Stelle an der Gemeinschaftsschule ersetzt wird“, sagt Engelhard. Bei zwei Bewerbern werde auch an der Grundschule aufgestockt. Im März sollen Gespräche mit der neuen Schulleiterin Silke Laskowski laufen.
Drogen, Fake News bis zu sexualisierten Gewalt
„Tatsächlich gibt es einen starken Anstieg der Problemfälle im Einzelfallbereich“, hat Bernd Reinke an der Gemeinschaftsschule beobachtet. Zentrale Gründe seien die Medienflut und unkontrollierte Internetnutzung. Die Hemmungslosigkeit im Netz schlage sich auch im Schulalltag nieder. Von Drogenkonsum, Fake News über Mobbing und Bedrohung bis zur sexualisierten Gewalt komme bereits in der Unterstufe fast alles vor – die Pandemie habe die Situation noch verschärft.
„Es gibt tatsächlich Fälle, die machen einen sprachlos“, gibt Reinke zu. Und resümiert: „Schule ist immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft.“ Ohne Unterstützung der Eltern sei eine Verbesserung der Situation aussichtslos, betont der Sozialarbeiter. „Wir müssen die Eltern für die Situation ihrer Kinder sensibilisieren und zwingend mit ins Boot holen.“
Gitta Neemann-Güntner (SPD), die den Antrag eingebracht hat, zeigte sich sehr betroffen von der Situation an der Schule, vor allem von der Verbreitung harter Pornografie. „Die Eltern greifen nicht ein oder können es nicht kontrollieren, weil sie es nicht wissen“, kritisiert sie und befürchtet eine „Verrohung der Seelen“ der Kinder.
Auch an der offenen Ganztagsschule soll eine Stelle geschaffen werden
„Die Pandemie hat die Situation deutlich verschärft“, bestätigt Schulleiter Harry Stossun. „Wir sind sehr froh, dass wir möglicherweise sogar noch eine neue dritte Stelle dazubekommen, die wir auch dringend benötigen“, sagt er.
„Wir sehen die Notwendigkeit, die Stellen aufzustocken, um auch an der offenen Ganztagsschule Schulsozialarbeit anzubieten“, sagt Axel Engelhard. Denn die Auffälligkeiten, die Kinder und Jugendliche ab Klasse 5 zeigten, seien natürlich auch vorher vorhanden, meist schon im Kindergartenalter. „Es muss eine rege Zusammenarbeit mit Kitas und der Grundschule geben“, sagt Engelhard.
Wie die gestaltet werden könnte und wie die Stellen am Ende verteilt werden, sei noch offen. „Wir müssen noch klären, wie die Schulsozialarbeit an der Grundschule und offenen Ganztagsschule aussehen könnte“, informiert Engelhard. Denn die Schulleiterin habe eigene Vorstellungen und bringe neue Konzepte und Ideen mit.
Gemeinde Büchen schafft einen Orte der Begegnung
Dass die aktuell durchaus dramatische Situation nicht nur pandemiebedingt, sondern auch gesellschaftlicher Natur ist, sieht auch Büchens Bürgermeister Uwe Möller. Er hat nicht nur die Schulen im Blick, sondern die ganze Gemeinde Büchen: „Wir tun viel für unsere Kinder und Jugendlichen.“ Es gebe ein reges Vereinsleben mit viel aktiver Jugendarbeit, offene Kinder- und Jugendtreffs, die Jugendpflege, für die aktuell neue Räumlichkeiten in Planung sind.
So werde die Bürgerstube auf dem Bürgerplatz zu einem Treff umgestaltet, eine Außenstelle soll am ungenutzten Bahndamm entstehen. Auch die Zukunft der Bücherei sei in der Diskussion, dazu kämen das Waldbad und die geplante Skateranlage. Zudem habe die Gemeinde viel Geld in Spielplätze gesteckt, um Orte der Begegnung zu schaffen. „Vieles, was früher in der Verantwortung der Familien lag, ist in die Gemeinde übergegangen. Aber wir tun was – und werden noch mehr tun“, sagt Uwe Möller.