Schwarzenbek. Bereits drei angekündigte Selbstmorde im Schuljahr 2020: Die Pandemie führt zu hoher Anspannung. Aufstockung der Schulsozialarbeiter.
Homeschooling, fehlende Freizeitaktivitäten, Kontaktbeschränkungen: Besonders Kinder und Jugendliche sind durch die aktuelle Corona-Situation belastet. Das spiegelt sich in der Schulsozialarbeit wider, wie Judith Westhoff und Wolfgang Rostock, Schulsozialarbeiter an der Grund- und Gemeinschaftsschule Schwarzenbek, im Ausschuss für Soziales und Kultur informierten. Aber auch jenseits der Pandemie ist der Beratungsbedarf an den Schulen in Schwarzenbek hoch, das zeigte der Bericht der Schulsozialarbeit für das Jahr 2018/19. Um das Angebot an Beratung und Prävention abzudecken, ist für die Grundschule Nordost jetzt eine zweite Kraft beantragt worden.
Bisher gibt es in Schwarzenbek drei Vollzeit- und zwei Teilzeitstellen für die soziale Arbeit an den Schulen. Zweieinhalb Stellen sind an der Grund- und Gesamtschule angedockt, eine volle Stelle am Gymnasium und eine halbe an der GS Nordost. Dort kümmert sich bislang Antonio Arcos um Beratung und Prävention. Rund 400 Gespräche hat er im Schuljahr 2018/19 geführt, drei Viertel davon mit Schülern. Die neue Kraft wird in erster Linie für den Bereich Prävention im Vormittagsbereich eingesetzt, wie Kathrin Kipke, Fachbereichsleiterin Schule, Bildung und Sport ankündigt. Die Mittel dafür seien bereits eingestellt.
Bedarf an Beratung für Schüler steigt in Schwarzenbek
Judith Westhoff und Wolfgang Rostock haben an der GGS insgesamt mehr als 2000 Gespräche mit Schülern geführt. Dazu kamen Termine mit Eltern, Lehrern und Externen wie Wohngruppen oder Jugendämtern. „In unseren Zahlen vermerkt sind nicht nur vereinbarte Termine, sondern auch spontane Gespräche, das erklärt die hohe Anzahl“, erläuterte Westhoff. Darüber hinaus gebe es viele Kinder und Jugendliche mit psychischen oder familiären Problemen, die über einen längeren Zeitraum betreut werden, unter anderem um die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken.
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Um die Anzahl der Konfliktgespräche zu senken, soll an der GGS der Bereich Prävention ausgebaut werden. Bislang beanspruchten akute soziale und psychische Probleme Einzelner die meiste Zeit. Allein im Schuljahr 2018/19 gab es sechsmal Situationen wegen psychischer Ausnahmezustände an der GGS – etwa Schüler, die wegen Panikattacken mit dem Krankenwagen abgeholt werden mussten. Dazu kamen suizidale Krisen und fünf Inobhutnahmen. „Das sind Extremfälle, die wir nur mithilfe von Externen bewältigen konnten“, sagte Westhoff. Dazu kämen Kinder, die den Unterricht verweigern, nicht mehr absprachefähig seien sowie Jugendliche, die sich regelmäßig selbst verletzten.
Bereits drei angekündigte Selbstmorde und viermal Kindeswohlgefährdung
Die Corona-Situation verschärfe die Lage zudem. „Die Klassen müssen länger im Unterreicht sein, dazu Bewegungsmangel in den Pausen, das erhöht den Druck“, sagte Rostock. Westhoff ergänzte, dass sich diese Fälle meistens vor den Sommerferien häuften, während es danach ruhiger sei. Allerdings habe sie 2020 diese Beruhigung nicht festgestellt. Die Anspannung in den Familien sei höher. Im laufenden Schuljahr habe es bereits drei angekündigte Selbstmorde und viermal Kindeswohlgefährdung gegeben. „Das klingt erschreckend, ist aber das tägliche Geschäft der Schulsozialarbeiter“, resümiert Kathrin Kipke.