Lauenburg/Geesthacht. Während die Fraktionen in Lauenburg um eine gemeinsame Linie streiten, positioniert sich der Ältestenrat in Geesthacht klar.

Ignorieren, beobachten, verurteilen oder verbieten? Vielerorts diskutieren Politiker derzeit darüber, wie mit den teilweise unangemeldeten Spaziergängen gegen die aktuellen Corona-Maßnahmen umzugehen sei. Wie berichtet trifft sich auch in Lauenburg einmal in der Woche eine Gruppe von 50 bis 60 Personen, die dann schweigend durch das Stadtzentrum laufen.

Doch anders als in vielen Orten sind diese Spaziergänge angemeldet. Trotzdem beschäftigt das Thema auch die Lauenburger Politik. Zur nächsten Stadtvertretersitzung am kommenden Dienstag stellen sowohl die SPD als auch die Lauenburger Wählergemeinschaft (LWG) je einen Antrag mit dem Titel „Lauenburger Erklärung“. Trotz des gleichlautenden Namens unterscheiden sich die beiden Anträge deutlich voneinander.

Lauenburg: Schweigender Protest gegen die Corona-Maßnahmen

Als sich Bürgermeister Andreas Thiede in der vergangenen Woche vergeblich um ein faktenbasiertes Gespräch mit den Spaziergängern bemühte, trugen diese weder Plakate, Fahnen noch sonstige Symbole mit sich. Dies sei nicht immer so, berichten Beobachter. Auch die Anmelderin der Spaziergänge räumte ein, dass jemand auch schon mal eine Deutschlandfahne mitgebracht hätte. Dies sei in anderen Ländern völlig normal, argumentierte sie.

Im Antrag der SPD heißt es dazu: „Die unangemeldeten Spaziergänge, aber auch die in unserer Stadt an den Donnerstagen ordnungsrechtlich angemeldeten ‘Spaziergänge’, an denen Teilnehmer mit Deutschlandfahnen umherwedeln, sind nur ein Anfang.

Lauenburgs SPD formuliert ihren Antrag radikaler als die LWG

Die Gruppen, die zu diesen Spaziergängen aufrufen, radikalisieren sich zunehmend, rufen zu Widerstand und sogar Gewalt auf, wie sich schon in manchen Städten in ganz Deutschland gezeigt hat.“ Dies dürfe man auf keinen Fall dulden.

Das will die LWG so nicht unterschreiben. In ihrem Antrag heißt es: „Zum Glück bietet unsere freie Gesellschaftsordnung auch denjenigen, die mit den getroffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung nicht einverstanden sind, Möglichkeiten, ihre Meinung und Motive öffentlich zu artikulieren.“

Antidemokratische Kräfte müssen zur Verantwortung gezogen werden

„Kritiker der Maßnahmen gegen Corona, die neben Rechtsextremen ,spazieren’ gehen, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, diese Feinde unseres freiheitlich demokratischen Rechtsstaates und deren Strukturen zu unterstützen“, meint SPD-Fraktionschef Jens Meyer.

Sein Amtskollege von der LWG, Niclas Fischer, meint dagegen: „Egal wie krude und verstörend die Meinungen der ‘Spaziergänger’ auch sein mögen, das müssen wir Demokraten aushalten.“ Er sei aber ebenfalls der Meinung, dass Kräfte, die unter dem Deckmantel der freien Meinungsäußerung die Verfassungsorgane des Staates verächtlich machen oder diskreditieren, zur Verantwortung gezogen werden müssten.

Beide Parteien hoffen auf eine politische Mehrheit für ihren Antrag

„Das ist dann aber Sache der Justiz und nicht der Politik“, ist er überzeugt. Einig sind sich SPD und LWG darüber, dass die Protestler nicht für die Mehrheit sprechen würden. Den meisten Menschen sei bewusst: Nur mit Impfung, Abstand, Maske lässt sich die Verbreitung des Virus ausbremsen, heißt es sinngemäß in beiden Anträgen.

Sowohl Fischer als auch Meyer hoffen, eine politische Mehrheit für ihren Antrag zu gewinnen, der dann als „Lauenburger Erklärung“ verabschiedet werden soll. Den Wortlaut der beiden Anträge gibt es im Rats- und Bürger-Informationssystem auf der Seite www.lauenburg.de.

Geesthachter sehen keinen Handlungsbedarf

Unterdessen sieht der Ältestenrat der Stadt Geesthacht nach einer Beratung am Mittwochabend derzeit keinen Handlungsbedarf, dass sich die politischen Parteien zu den Montags-„Spaziergängern“ positionieren. „Eine Resolution in der Ratsversammlung am 4. Februar halten wir nicht für nicht angemessen“, sagte Bürgervorsteher Samuel Walter Bauer (SPD). Stattdessen wollen die Parteien die Zusammenkünfte auf dem Rathausvorplatz laufen lassen und beobachten.

Wie berichtet, hatten sich am vergangenen Montag dort 88 Personen für eine „Spaziergang“ getroffen. Dabei handele es sich keineswegs um Corona-Impfgegner, wie wir geschrieben hatten, teilte uns einer der Teilnehmer telefonisch mit. „Wir sind nicht gegen das Impfen, sondern gegen die Impfpflicht“, betonte Eberhard Zell. Ihm war zudem wichtig, dass es sich bei den Treffen nicht um eine Versammlung handele, die nach der Corona-Landesverordnung erlaubt ist, sondern um einen „Spaziergang“.

Geesthachterin ruft zur Gegendemonstration auf

Die Gruppe, die sich über Telegram organisiert, hatte sich anfangs immer montags getroffen. Neuerdings spazieren sie auch am Dienstag sowie am Sonnabend.

Am Montag hatte sich die Teilnehmerzahl im Vergleich zur Vorwoche, als die „Omas gegen Rechts“ einen Gegendemonstration auf die Beine gestellt hatten, nahezu verdoppelt. „Die werden ja immer mehr“, zeigte sich Gegendemonstrantin Jutta Bellwinkel erschrocken. Sie hat für den 31. Januar von 18 Uhr an eine Gegenveranstaltung vor dem Rathaus als Einzelperson angemeldet und wünscht sich Unterstützung. „Bitte kommt alle zur Versammlung gegen SpaziergängerInnen. Wir müssen ihnen die Stirn bieten und zeigen, dass wir mehr sind“, so Bellwinkel.

Stadtvertretung berät auch zu weiteren Tagesordnungspunkten

Zurück nach Lauenburg. Während der Stadtvertretersitzung beraten die Fraktionen aber auch über andere Themen. So geht es unter anderem um Einführung eines Energiesparmodells an den beiden Lauenburger Schulen.

Darüber hinaus schlägt die Verwaltung vor, dem Verein Hilfe für Frauen in Not einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 1600 Euro zu zahlen, damit in Lauenburg zwei monatliche Sprechstunden für betroffene Frauen angeboten werden können. Außerdem wird sich der neu gewählte Kinder- und Jugendbeirat den Politikern vorstellen.

Die Stadtvertretersitzung am Dienstag, 1. Februar, beginnt um 19 Uhr im Forum der Albinus-Gemeinschaftsschule. Coronabedingt haben nur geimpfte, genesene und tagesaktuell getestete Personen Zutritt.