Lauenburg/Schwarzenbek. Weniger Automaten, mehr Beratung: Bank macht sich fit für die Zukunft. Geesthacht, Schwarzenbek und Wentorf werden Premium-Filialen.

Auf neue Entwicklungen und Wünsche reagieren, zugleich ältere Kunden nicht verprellen und in die Zukunft mitnehmen – diesen Spagat proben deutschlandweit viele Geldinstitute. Die Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg weitet dazu jetzt nicht nur Telefonbanking- und Online-Angebote aus und baut ihr Filialnetz erheblich um. Sie testet zugleich ein neues, möglicherweise richtungsweisendes Hilfeangebot für Kunden, die mit den Selbstbedienungsangeboten Probleme haben.

Die Kreissparkasse gliedert ihr Filialnetz künftig in fünf Premium-Filialen, die auch eine komplette Betreuung für Geschäftskunden bieten, in fünf Plus-Filialen, die das Privatkundengeschäft abdecken, sowie sechs Filialen, die dies mit Personal vor Ort und reduzierten Öffnungszeiten (14,5 bis 20 Stunden in der Woche) nur noch eingeschränkt leisten können. Dazu zählen etwa Börnsen, Breitenfelde und Krummesse.

Filialnetz der Kreissparkasse im Herzogtum Lauenburg wird umgebaut

Hinzu kommen 14 SB-Filialen. Dazu werden dauerhaft auch die Standorte Geesthacht Oberstadt und Schwarzenbek Nordost: Sie bleiben auch nach Bewältigung der Corona-Krise ohne Personal.

Als künftige Premium-Standorte sind neben Ratzeburg und Mölln, Geesthacht, Schwarzenbek und Wentorf vorgesehen. Plus-Filialen sind unter anderem in Lauenburg und Büchen geplant. Neuerungen: Die Plus-Filialen erhalten einen zweiten langen Geschäftstag, neben donnerstags auch dienstags, an den Premium-Standorten ist künftig durchgehend geöffnet, 35,5 Stunden die Woche. „In größeren Städten wie Geesthacht wollen wir den zahlreichen Kunden auch über die Mittagszeit Gelegenheit geben, ihre Bankgeschäfte vor Ort zu erledigen“, erläutert Sparkassenvorstand Dr. Stefan Kram.

Kontaktloses Bezahlen hat 50-Prozent-Marke überstiegen

Schwindenden Bedarf hat die Kreissparkasse für Dienstleistungen ausgemacht, die sich um Bargeld drehen. So werden drei SB-Standorte geschlossen, darunter der im Marktkaufcenter Mölln und in Geesthacht-Düneberg. Die Corona-Pandemie habe den Trend zum bargeldlosen Bezahlen noch verstärkt, so Mitvorstand Udo Schlünsen.

Vorn liegen inzwischen kontaktlose Verfahren mittels Smartphone-App und Sparkassenkarten mit RFID-Chip. „Der Anteil des kontaktlosen Bezahlens ist inzwischen auf gut 50 Prozent gestiegen.“

Bezahlterminals mit Chipkarte sind sicher von Datendieben

Eine Sperrung des RFID-Chip bietet die Kreissparkasse ihren Kunden nicht an. Gegenüber Sicherheitsbedenken gerade älterer oder kritischer Kunden überwiegen aus Sicht von Kram und Schlünsen die Vorteile, gerade in der Pandemie: Geldscheine gelten als Virenträger. Zudem forcierten viele Geschäfte das bargeldlose Bezahlen, das ohne Pin-Eingabe besonders rasch funktioniere.

„Aus Entfernungen von mehreren Metern lässt sich der Chip nicht auslesen“, widerspricht Schlünsen Kritikern. Auch die Bezahlterminals funktionierten nur, wenn der Chip bis auf wenige Zentimeter herangeführt werde. Zudem biete die von 20 auf 50 Euro angehobene Obergrenze für das Bezahlen ohne Pin weiterhin die Sicherheit, dass kein Konto geplündert werde. „Die sicherste Methode gegen Datenklau wäre Bargeld“, so Kram. Doch wer damit etwa in Skandinavien klarkommen wolle, stehe vor einem Riesenproblem: „Bargeld wird von immer weniger Geschäften akzeptiert.“

In Geesthacht startet das Pilotprojekt „Live-Box“

Auch wenn für kleinere Filialen die Öffnungszeiten eingeschränkt werden, die Kunden sollen darunter nicht leiden. Sie sollen im Gegenteil profitieren, etwa von längeren Zeiten für telefonische Beratung. „Wir haben auch den telefonischen Service ausgebaut, auf 24 Stunden, sieben Tage die Woche“, betont Schlünsen. Die Fäden oder besser Glasfasern dafür laufen in Schwarzenbek zusammen.

Das gilt auch, wenn Kunden Probleme mit SB-Terminals haben. In Geesthacht und Breitenfelde startet die Kreissparkasse in den kommenden Monaten das Pilotprojekt „Live-Box“. Kram: „Wer etwa Unterstützung benötigt, um seine Adresse über einen SB-Terminal zu ändern oder einen Dauerauftrag, kann dieses Angebot nutzen.“

Kreissparkasse will Direktbanken mehr Konkurrenz machen

In einem speziellen Raum, der nur mit einer Sparkassenkarte betreten werden kann, werde künftig Videoberatung geboten, so Schlünsen Ein Mitarbeiter beantwortet Fragen der Kunden rund um das Thema Self-Service. „Wir starten zunächst an einem großen und einem kleinen Standort“, so Kram. Bestätige sich das Interesse, werde das Angebot zielgerichtet ausgebaut. Kram: „In Norddeutschland sind wir damit Vorreiter.“

Die Kreissparkasse will den Spagat wagen, weiter dicht an den Kunden zu bleiben, zugleich aber Direktbanken Konkurrenz zu machen. So werden Online-Angebote wie auch die Zeiten für telefonische Beratung erweitert, so Kram. „Kunden bekommen jetzt etwa auch eine Hypotheken- oder Anlageberatung über das Telefon, von ihrem persönlichen Berater.“

Auch Devisenkäufe und Fondsgeschäfte online tätigen

Zugleich werde auch „die Online-Abschlussfähigkeit weiterentwickelt“, so Kram. „Das umschließt künftig auch den Kauf von Devisen oder Fondsgeschäfte.“ Wer aber vor dem Abschluss eines Hauskaufs oder eines Darlehnsvertrages lieber mit seinem Berater persönlich sprechen wolle, könne dies, anders als bei einer Direktbank, auch weiterhin.