Geesthacht. Der Geesthachter hat seit 1976 rund 3000 Fußballspiele geleitet. Jetzt hat er seinen Freund geheiratet und wirbt für Normalität.
In der Hamburger Amateur-Fußballszene ist SchiedsrichterChristian Henkel bekannt wie ein bunter Hund und wegen seines Faibles für Disziplin berühmt-berüchtigt. Seit 1976 leitet der 60-Jährige Fußballspiele für den VfL Lohbrügge, hier lebte er bis zu seinem Umzug nach Geesthacht 1993 auch. Von 1986 bis 2011 pfiff Henkel in der höchsten Hamburger Liga insgesamt rund 225 Partien. Zudem hat er in der Hansestadt rund 2000 Menschen zu Schiedsrichtern ausgebildet, darunter die Profis Martin Harnik, Max Kruse oder Radiomoderator John Ment. Dass Christian Henkel am Sonnabend, 24. Juni, seinen Freund Stephan Peters in der St. Salvatoris-Kirche zu Geesthacht geheiratet hat, macht er bewusst öffentlich.
Henkel will seine Bekanntheit nutzen, um zu zeigen, dass sich niemand für gleichgeschlechtliche Liebe verstecken muss. „Ich mag die Worte schwul und lesbisch nicht“, sagt Henkel und ergänzt: „Im Frauen-Fußball ist das überhaupt kein Problem, bei Männern schon. Ich möchte mit meinem öffentlichen Outing die Botschaft senden, dass es normal ist und man mit der Person glücklich werden darf, mit der man will und diese Liebe auch kirchlich besiegeln kann“, betont Henkel. In Deutschland sprach mit Thomas Hitzlsperger erstmals 2014 ein Ex-Nationalspieler über seine Homosexualität.
Fußball-Schiedsrichter Christian Henkel wirbt für Normalität
Dabei hat er sich selbst erwischt, dass es auch für ihn eben nicht immer ganz normal war. „Das erste Mal Hand in Hand sind wir in Bleckede gegangen, quasi zu Testzwecken. Ich habe mich gefühlt, als ob uns jeder anstarrt“, erinnert sich Christian Henkel. Als er wenig später in Tesperhude einem Bekannten vom Fußball begegnete, ließ er seinen Freund lieber los. Sich öffentlich als schwul zu bekennen, so weit war Henkel im Jahr 2020 noch nicht. Erst 2016 hatten er und seine Frau sich nach 25-jähriger Ehe getrennt.
Für Stephan Peters ist es auch die zweite Ehe. Der 43-Jährige war von 2010 bis 2017 bereits mit einem Mann verheiratet. Der gebürtige Geesthachter – Großmutter Gisela Arndt betrieb früher „Schmitt’s Gasthof“ an der Berliner Straße (heute Restaurant „Veneto“) – weiß derweil auch von Hänseleien in der Schule zu berichten, „weil ich mich anders verhalten habe“. Er outete sich bereits 1998. „Meine Mama hat mich in den Arm genommen und gesagt: ,Das wusste ich schon immer’.“ 2019 lernten sich Peters und Henkel kennen und feierte nun mit 62 Gästen erst in der Kirche und später im SmuX Hochzeit.
Sprecher des Hamburger Fußball-Verbands zollt Respekt
Dass Christian Henkel den Schritt in die breite Öffentlichkeit gewählt hat, dafür zollte ihm Carsten Byernetzki, Sprecher des Hamburger Fußball-Verbands (HFV), Respekt. „Wir als HFV leben zwar diese Werte, aber leider ist es noch nicht überall zum Alltag geworden“, kommentierte Byernetzki. „Dass Christian es öffentlich macht, spricht für ihn“, sagte Torsten Henke. Der langjährige Trainer des SV Curslack-Neuengamme kommt privat mit Henkel gut aus, lieferte sich auf dem Fußballplatz mit dem Schiedsrichter Henkel aber so manche Auseinandersetzung.
Dabei weiß man bei dem Referee genau, was man bekommt. Aus diesem Grund unterschied Torsten Henke dereinst im Mannschaftsstrafenkatalog bei Gelben Karten wegen Meckerns auch in zwei Kategorien: Der normale Satz betrug 10 Euro Strafe für die Teamkasse, hieß der „Schiri“ aber Christian Henkel, war ein Fuffi fällig.
Rund 3000 Spiele leitete Christian Henkel in fast 50 Jahren
In fast 50 Jahren hat der Bankkaufmann etwa 3000 Spiele und Turniere gepfiffen. Höhepunkte waren das Hamburger Pokalfinale 2011 zwischen dem Eimsbütteler TV und Vorwärts-Wacker Billstedt vor 3500 Zuschauern (1:0) und das Freundschaftsspiel zwischen dem FSV Geesthacht und dem FC St. Pauli im Jahr 2010.
Heute ist Henkel nur noch im Jugend- und Seniorenbereich unterwegs, engagierte sich darüber hinaus als Botschafter für das Stadtradeln in Geesthacht (2019), organisierte während der Corona-Pandemie ein Nachbarschaftssingen in der Geesthachter Hafencity und übt aktuell mit dem St. Salvatoris-Chor für eine Aufführung von „Die Schöpfung“ im Autohaus Brinkmann am 17. September.
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Nebenbei wirbt er aber weiter dafür, Schiedsrichter zu werden, von denen er 2000 in all den Jahren ausbildete. Zum Vergleich: Aktuell gibt es in Hamburg rund 2500 aktive Unparteiische. „Man lernt als junger Mensch, Entscheidungen zu treffen, bei denen einem keiner hilft. Es ist gut für die Persönlichkeitsentwicklung, man lernt den Umgang mit Menschen – und es macht sich auch gut im Lebenslauf. Die Schiedsrichterei war in jedem Bewerbungsgespräch Thema“, sagt Henkel, der Schiedsrichterlehrwart in den Bereichen Bergedorf, Walddörfer und Pinneberg war.