Geesthacht. Zwei Beschäftigte der Geesthachter Werkstätten arbeiten jetzt bei Hano-Küchen in Lauenburg. Der Qualität der Küchen tut es gut.
Seit Rene Oleiko die Begleitkartons mit Kleinteilen für den Aufbau einer Einbauküche von Hano-Küchen aus Lauenburg packt, sind die Beanstandungen der Kunden fast auf Null zurückgegangen. „Vorher, wenn das ein Facharbeiter nebenbei machen musste, fehlte schon häufiger mal ein Schubladengriff hier oder ein Sockelfuß da. Heute wissen wir: Das hat Rene gemacht, das wird schon in Ordnung sein“, berichtet Werkstattleiter Markus Jäger stolz. Schließlich ist Oleiko nicht irgendein Mitarbeiter: Er arbeitet auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz der Geesthachter Werkstätten – einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung, die vom Lebenshilfewerk betrieben werden.
Das heißt, Oleiko wird noch von dort bezahlt, in regelmäßigen Abständen schaut ein Betreuer im Betrieb vorbei, erkundigt sich nach etwaigen Problemen, sowohl was den Mitarbeiter als auch die Belange der Firma angeht. Und sollte die Eingliederung am Ende doch nicht funktionieren, besteht so immer die Möglichkeit zu einer schnellen Rückkehr zum Lebenshilfewerk. Bei dem 38-Jährigen, der mit seiner Partnerin selbstständig in Lauenburg lebt, geht der Trend in die andere Richtung.
Von der Behindertenwerkstatt in den Arbeitsmarkt
Über das Budget für Arbeit könnte er im Laufe des Jahres einen eigenen, aber noch subventionierten Arbeitsvertrag mit Hano-Küchen unterschreiben – das ist der letzte Schritt vor einem ganz „normalen“ sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. „Die Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt ist immer unsere Zielrichtung. Aber: Wir müssen gucken, dass die Arbeit immer zum Menschen und seinen Fähigkeiten passt“, betont Ludwig Beckmann, der Leiter der Geesthachter Werkstätten.
Kris Daniel aus Geesthacht ist der zweite Mitarbeiter der Werkstätten, den Hano-Küchen auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz beschäftigt. „Die Kollegen sind total nett. Man kann Späße mit ihnen machen, und sie erklären gut“, sagt der 37-jährige Geesthachter, der mit einem Akkuschrauber mit Vorarbeiten für den Zusammenbau beschäftigt ist. Weil er zusätzlich zu seiner geistigen Einschränkung auch motorische Defizite an den Daumen hat, ist der Bewohner einer Behindertenwohngruppe nur halbtags in dem Betrieb im Lauenburger Industriegebiet. Derweil engagiert er sich politisch in einem Bewohnerbeirat. „Damit wir mehr Mitspracherecht bekommen“, wie er hervorhebt.
Steigerung des Selbstwertgefühls
Beide werden von Peter Buchfeld vom Lebenshilfewerk betreut. Wie oft, ist vom Einzelfall abhängig. Das kann mehrmals in der Woche sein oder nur noch selten im Monat. „Aber allein wenn unsere Beschäftigten sagen können, dass sie bei Hano arbeiten anstatt in den Werkstätten, steigert das ihr Selbstwertgefühl“, betont Buchfeld. Auf der anderen Seite ist es genauso wichtig, die übrigen Mitarbeiter abzuholen. „Vorher war eine gewisse Skepsis da. Ein Vorteil war sicherlich, dass schon zwei gehörlose Tischler bei uns arbeiten“, erzählt Hano-Prokurist Björn Oldach.
Die Firma mit dem Produktionsstandort in Lauenburg und Vertriebsstätten in Hamburg und Güstrow wurde vor 52 Jahren gegründet und beschäftigt 43 Mitarbeiter. Jährlich werden rund 20.000 Schränke und 2500 Küchen gefertigt. „Wir bauen robuste Küchen, vor allem für Baugenossenschaften oder Ferienwohnungen. Unser Motto: 14 Arbeitstage nach Auftragserteilung ist die Küche fertig“, sagt Hano-Werkleiter Jäger. Und dafür suchten sie jemanden für Hilfstätigkeiten in Produktionsspitzen.
Behinderte benötigen feste Strukturen
Dazu ergänzt Peter Buchfeld: „Während sich normale Facharbeiter vielleicht unterfordert fühlen, sind unsere Beschäftigten Montage- und Verpackungsarbeiten aus den Werkstätten gewohnt und wollen zeigen, was sie können. Wichtig ist aber, dass Strukturen eingehalten werden.“ Manchmal führten Kleinigkeiten zu Missverständnissen, etwa, dass nicht mehrere Arbeitsschritte hintereinander erledigt werden können, sondern es Schritt für Schritt gehen muss.
Bei Hano-Küchen besteht die Gefahr nicht, meint Markus Jäger. Rene Oleiko und Kris Daniel sind in die interne Geburtstagsliste aufgenommen. Auf der Weihnachtsfeier fehlte Daniel allein aus Krankheitsgründen, während sich Rene Oleiko dort lebhaft einbrachte. „Beim Darts-Turnier selbst mitspielen wollte er zwar nicht, hat dann aber akribisch die Punkte mitgezählt und sogar Tipps für den nächsten Wurf gegeben“, erzählt Jäger.
- Weltreise mit „Heidi“: Einmal volltanken zwischen 48 und 650 Euro
- Obergrenze eingeführt: BvS kann künftig Schüler ablehnen
- „Einen Hausarzt zu finden, ist wie eine Sechser im Lotto“
Obwohl Oleiko seit einem Jahr mit so viel Akribie die Begleitkartons packt, räumt er übrigens ein: „Zu Hause bin ich nicht so penibel. Aber auf der Arbeit muss es ja genau stimmen.“ Dann greift er in eine Kiste, um vier Flossendübel in den nächsten Karton packen zu können.