Geesthacht. Zwei Geesthachter können jede Formel-Eins-Strecke im Carrera-Maßstab nachbauen. Wie sie auf ihr verrücktes Hobby gekommen sind.

Lang, länger, am längsten: Eine rekordverdächtig lange Carrera-Bahn Europas gibt es in Geesthacht. In 15 Kisten haben Andre Krause (41) und Jens Parchmann (40) rund 800 Meter Schienen verpackt. Das rekordverdächtige Rennpisteneldorado konnten die beiden Geesthachter bisher noch nie komplett aufbauen. Mit dem Material, das sie angesammelt haben, könnten sie die Formel-Eins-Strecke von Monaco im Carrera-Maßstab genauso nachbauen wie jede x-beliebige andere Rennstrecke.

Das haben die zwei Geesthachter aber bisher noch nicht geschafft. Der Grund ist einfach: Dafür bräuchten sie eine Halle, die mindestens 400 Quadratmeter groß ist. Wenn sie ihre Schienen und das aufwendige Equipment – das unter anderem aus ausrangierten Ölfässern, Stoßdämpfern und Stoßstangen besteht – transportieren wollten, würden sie nach ihrer Einschätzung wahrscheinlich einen 7,5-Tonner benötigen.

Carrera-Bahn wurde im Wald ausgestellt, die Koordinaten kamen per Handy

Auch auf der Essener Motorshow waren die Geesthachter vertreten. Hier rasen die kleinen Flitzer durch eine enge Kurvenspindel ähnlich der Zufahrt zu einem Parkhaus.
Auch auf der Essener Motorshow waren die Geesthachter vertreten. Hier rasen die kleinen Flitzer durch eine enge Kurvenspindel ähnlich der Zufahrt zu einem Parkhaus. © Ariaane D. Funke | Ariaane D. Funke

Wie man auf so ein ausgefallenes Hobby kommt, ist natürlich auch eine verrückte Geschichte. Die beiden Männer organisieren seit ein paar Jahren regelmäßig am Karfreitag eine Autorallye, bei der jeder mitmachen kann. Passend zur Osterzeit nennen sie die Tour „Die Hasenjagd“. „Den versteckten Hasen hat bisher noch niemand gefunden. Vielleicht wird es in diesem Jahr ja einen Hasenfänger geben“, sagt Krause.

Während der Zeit der Corona-Pandemie gingen Andre Krause und Jens Parchmann auf Nummer sicher – auch, wenn die Teilnehmer ansonsten untereinander kontaktlos nur im Auto gesessen hätten. Sie kamen stattdessen auf die Idee, eine Rennstrecke im Miniformat aufzubauen, die jeder nutzen kann. Kurzerhand liehen sie eine Carrera-Bahn aus dem Familienkreis aus. Die Bahn bauten die beiden Bastler in einem im Wald versteckten Anhänger auf. Die Teilnehmer bekamen dann die GPS-Koordinaten übermittelt, mit denen sie zeitversetzt den Anhänger ausfindig machen konnten.

Im Porsche-Autohaus wurde die Anlage über zwei Stockwerke aufgebaut

Carrerabahn, wohin man schaut. Beim Autodienst von René Dogan in Artlenburg wurde die Anlage zum Testen ausgelegt. Dogan ist eine Unterstützer der Benefizaktion.
Carrerabahn, wohin man schaut. Beim Autodienst von René Dogan in Artlenburg wurde die Anlage zum Testen ausgelegt. Dogan ist eine Unterstützer der Benefizaktion. © Thiemo Rögener | Thiemo Rögener

Die Strecke war zwar nur zehn Meter lang, kam aber bestens an. „Irgendwie ist es dann eskaliert. Wir haben auf Flohmärkten und über Kleinanzeigen Zubehör gekauft. Unsere Frauen haben zum Glück kein Problem mit unserem Hobby“, berichtet Jens Parchmann. Enormes Aufsehen in den sozialen Netzwerken erregten sie mit einem Aufbau am 27. Juni 2021 am Oortkatener See in Ochsenwerder. „Wir haben einen Teil der Bahn auf zwei miteinander verbundenen Stand-up-Paddleboards verbaut. Das Video ging im Internet durch die Decke, nach der Aktion haben wir von vielen Menschen Zubehör bekommen“, erzählt Andre Krause.

Eine normale Strecke ist ihnen zu langweilig. Ihre Bahnen konstruieren sie immer in mehreren Etagen auf. Damit es noch spektakulärer wird, integrieren sie auch Ölfässer, ausrangierte Autofahrwerke und ähnliches Zubehör in die Strecke. „Wir freuen uns riesig über Autoteile, die uns gespendet werden“, sagt Jens Parchmann. So haben sie beispielsweise schon Autofelgen, Stoßdämpfer und eine Porsche-Stoßstange in ihrem Parcours verbaut.

Bei Porschespezialist Jens Hatje wurde ein Teil der Bahn auf 300 Metern über zwei Ebenen aufgebaut. In der Werkstatt rasen die kleinen Autos unter den großen Porsche auf er Hebebühne hindurch.
Bei Porschespezialist Jens Hatje wurde ein Teil der Bahn auf 300 Metern über zwei Ebenen aufgebaut. In der Werkstatt rasen die kleinen Autos unter den großen Porsche auf er Hebebühne hindurch. © Ariaane D. Funke | Ariaane D. Funke

Eine besonders spektakuläre Strecke haben sie bei dem Porsche-Spezialisten Jens Hatje in Buchholz in der Nordheide aufbauen können. „Die Strecke führte über 300 Meter und über zwei Stockwerke, wir haben die Schienen die Treppen hinauf und für den Rundparcours treppab aufgebaut“, berichtet Andre Krause. Eine Bahn über mehrere Etagen aufzubauen sei knifflig. Für die 300 Meter lange Strecke haben insgesamt zehn Personen acht Stunden Zeit investiert.

Halle gesucht: Ihr Traum ist es, die Anlage einmal komplett aufzubauen

Aber auch in Geesthacht war ein Teil ihrer Bahn schon zu sehen. Im Jugendzentrum Alter Bahnhof verlief die Strecke über die Billard- und Kickertische. Und beim Geesthachter Bauunternehmer Mario Stapelfeldt rasten die kleinen Flitzer im September 2022 beim Elbmusic & BBQ-Event (wir berichteten) unter anderem durch einen ausrangierten Michelinreifen.

Auch, wenn sie momentan wieder mitten in der Planung für ihre Hasenjagdrallye stecken, juckt es ihnen in den Fingern, die Bahn endlich einmal komplett aufzubauen. Deshalb sind sie auf der Suche nach einer Halle, in der sie die spektakuläre Bahn für einen guten Zweck aufbauen können. Die Halle müsste um die 400 Quadratmeter groß sein.

Ihr Herz schlägt nämlich nicht nur für die kleinen Flitzer, sondern auch für die Stiftung Kinderherz. Ihre Bahn bauen sie nie mit kommerziellem Hintergedanken auf, sondern nur für einen guten Zweck. Besucher können gegen eine Spende auch Probe fahren. Den Erlös spendeten die Tüftler an Kinderherz. Die Stiftung mit Sitz in Essen fördert innovative Forschungsprojekte für herzkranke Kinder.

Zur Hasenjagd kann man sich auf der Facebookseite „Einfachmalmachen die Tour“ anmelden. Die Teilnahme ist kostenlos, um eine Spende zugunsten der Stiftung Kinderherz wird gebeten. Weitere Infos gibt es bei Instagram unter #einfachmalmachendietour. Wer ausrangiertes Equipment hat, ist unter den angegebenen Adressen ebenfalls richtig.