Geesthacht. LADR-Zentrallabor und Intermed unterstützen Elbe-Expedition. Warum Naturschützer den Hamburger Hafen kritisch sehen.

Beim Anlegemanöver gab es Rückendeckung von ganz oben: Eine kräftige Böe fegte vom Marschachter Ufer aus Richtung Geesthacht, als die zum Forschungsschiff ausgebaute Yacht Aldebaran vor dem Steg beim Menzer-Werft-Platz auftauchte. Der Wind schob das 14 Meter lange Boot von selbst in die richtige Richtung.

Am Ufer wartete nach dem Vertäuen durch die aus vier Wissenschaftlern verschiedener Universitäten bestehende Crew weitere Hilfe. Drei junge Leute packten mit an, schleppten fünf große Kisten randvoll mit Wasser- und Sedimentproben aus der Elbe von Bord. Und am Rande des Platzes stand ein Transporter von Intermed bereit, um alles ins LADR-Labor an der Lauenburger Straße zu bringen.

Immer wieder werden Proben von Bord ins Labor gebracht

Denn das LADR-Zentrallabor Dr. Kramer & Kollegen und sein Partnerunternehmen Intermed unterstützen die Elbe-Expedition 2022 zur Untersuchung von „Schad- und Giftstoffen im Gewässer“ auf der gesamten Länge des Flusses in Deutschland. Immer wieder werden die Proben, die sich angesammelt haben, von Bord geholt. Am 2. Juni war Start in Dresden, letzter Anlegeort ist am 29. Juni bei der Kugelbake in Cuxhaven. Welche Stoffe bisher in welchen Mengen gefunden worden sind, wissen die Wissenschaftler aktuell noch nicht. Erst zum Schluss werden die Auswertungen unter die Lupe genommen, am 7. Juli sollen die Ergebnisse vorgestellt werden.

„Unsere Experten in der Wasser- und Umweltanalytik untersuchen seit Jahrzehnten Trink-, Grund-, Ab- und Badewasser im Auftrag von Kommunen, Unternehmen und Haushalten“, erklärt Dr. Dirk Reinhardt, Leiter der Wasser- und Umweltanalytik im Geesthachter LADR-Labor, das Engagement. „Deshalb freuen wir uns ganz besonders, dieses Projekt unterstützen zu können“.

Klar zum Festmachen. Moritz Kielmann (HAW Hamburg) wirft vom Bord der Alberan das Tau über den Tampen.
Klar zum Festmachen. Moritz Kielmann (HAW Hamburg) wirft vom Bord der Alberan das Tau über den Tampen. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Strecke bei Hitzacker hat einen sehr flachen Wasserstand

Wegen dieser Partnerschaft kamen fünf Auszubildende von LADR und Intermed zu einer Bootsfahrt. Sie schipperten einen Tag lang an Bord der Aldebaran. Am 22. Juni begleiteten sie die Tour von Dömitz nach Bleckede und halfen unter anderem bei Probenentnahme und Entladung. „Eine willkommene Abwechslung“, sagte Emilia Hinrichs, die eine Ausbildung im Büromanagent macht. „Das hat man nicht alle Tage“, ergänzte Tim-Oliver Hartong, Azubi in der Lagerlogistik. Die beiden sowie Celine Hartmann waren auch auf dem Anleger in Geesthacht zur Stelle.

Die Strecke bei Hitzacker war die wohl spannendste der Unternehmung – wegen des im Sommer immer wieder sehr flachen Wasserstandes an diesem Flussabschnitt hatte die Aldebaran mehrmals Grundberührung. Für die Azubis war die Teilnahme ein weiterer Baustein in ihrer Beschäftigung mit Nachhaltigkeitsthemen. Kürzlich hatte der Unternehmens-Nachwuchs Ideen für Nachhaltigkeitsprojekte entwickelt und der Geschäftsführung vorgestellt.

LADR und Intermed engagieren sich schon länger für den Umweltschutz

Zur Bestimmung der Biodiversität an etwa 30 Standorten in der Elbe werden Wasserproben auf Filter gezogen. Auch Organismen wie Muscheln werden untersucht. In ihnen reichern sich Schad- und Giftstoffe über Jahre an. „Die Elbe-Expedition kombiniert wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufklärung zu wichtigen Umweltthemen gegenüber der Öffentlichkeit. Diese Sensibilisierung und Aktivierung für Nachhaltigkeitsthemen ist auch für den LADR-Laborverbund Dr. Kramer & Kollegen sowie für Intermed ein wichtiges Anliegen“, sagte Prof. Dr. Jan Kramer, Ärztlicher Leiter und Geschäftsführer.

LADR und Intermed engagieren sich schon länger für den Umweltschutz. Durch zwei Fotovoltaikanlagen bei Intermed an der Spandauer Straße werden jährlich mehr als 36 Tonnen Kohlendioxid eingespart, zudem wurden für Mitarbeiter Job-Räder angeschafft, E-Ladesäulen am LADR-Zentrallabor und bei Intermed sind zudem auch für Besucher da.

Die Elbe ist eine Hauptquelle für Schadstoffe im Wattenmeer

Zentrale Frage beim Forschungs-Törn: Welche gefährlichen Stoffe in welcher Menge landen am Ende aus der Elbe im Wattenmeer und in der Nordsee? 1997 ist für das Tidengewässer ein Monitoring- und Bewertungsprogramm ins Leben gerufen worden, welches auch die Messung von Schad- und Giftstoffen beinhaltet.

Fest steht, dass die Elbe eine Hauptquelle ist. Schadstoffe aus dem deutsch-tschechischen Einzugsgebiet etwa lassen sich von ihrer Quellregion bis in die Nordsee nachweisen. „Diese Schadstoffbelastung stellt ein Risiko für die Lebensgemeinschaften dar und schränkt wasserwirtschaftlich relevante Nutzungen und Handlungen in Teilen erheblich ein“, so der Bundesverband Meeresmüll e.V.

Zu den Giftquellen gehören u.a. Straßenbau, Landwirtschaft, Schifffahrt und Müll

Zu den gefährlichen Stoffen zählen Quecksilber, das Insektizid Lindan, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoff (PAK), Polychlorierte Biphenyle (PCB), Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT), Plastikmüll und Mikroplastik und, und, und. Zu den die Elbe speisenden Giftquellen gehören Berg-, Brücken- und Straßenbau, Landwirtschaft, Schifffahrt, weggeworfener Müll, Reifen-Abrieb und Abgase.

Aldebaran-Skipper Frank Schweikert nennt noch einen weiteren Grund für die starke Qualitätsverschlechterung des Flusses ab Hamburg: die Elbvertiefungen. „Desaströs“, findet der Biologe den Zustand der Unterelbe. „Durch die ständige Baggerei ist die Elbe so trübe, dass sie biologisch nicht mehr überleben kann.“ Er fordert zur Rettung eine Kooperation der norddeutschen Häfen, demnach Hamburg nicht mehr als Haupthafen anzusehen ist, sondern als Hauptumschlagplatz.