Geesthacht. SPD befürchtet „Nulleffekt“, der den Haushalt belastet. VfL Geesthacht blitzt bei Förderung für neues Bewegungsbecken ab.

Für mehr Schwimmunterricht kann die Geesthachter CDU zwar nicht sorgen, aber wenigstens sollten Eltern für ihren Mehraufwand entschädigt werden: 40 Euro als Zuschuss für jede vorgelegte „Seepferdchen“-Urkunde von Kindern im Grundschulalter oder jünger sollte die Stadt beisteuern, so sah es ein Dringlichkeitsantrag der Fraktion im Ausschuss für Bildung und Sport der Stadt vor.

Es sei aufwendiger geworden, den Nachwuchs zum Schwimmunterricht zu bringen, so die Argumentation von Arne Ertelt, dem Fraktionsvorsitzenden. Denn in Geesthacht selbst gibt es kein geeignetes Becken, seitdem das Freizeitbad sowie die Bäder in den Kliniken von Vamed im Edmunsthal und dem Krankenhaus der Johanniter geschlossen sind – das Freibad, weil der Umbau nicht fertig wird, die Bäder in den Kliniken wegen Corona. Auch der Kursus von Ertelts Tochter (5) fällt wegen der Pandemie aus.

Riesenproblem: Schwimmunterricht buchen ist kaum möglich

Der Antrag schaffte es zwar nicht zur Besprechung auf die Tagesordnung, lenkte den Fokus aber auf ein Riesenproblem: Es ist derzeit kaum möglich, für Kinder in Geesthacht oder der Umgebung Schwimmunterricht zu buchen. Zumindest nicht ohne lange Wartefrist. Die Listen sind voll, es gibt einen großen Stau. „Wir sind ausgebucht bis 2023“, sagt etwa Nina Klocke von der Geesthachter Schwimmschule Delphin.

Allein auf ihrer Warteliste befinden sich 256 Kinder. Seit März 2020 darf sie wegen der Pandemie nicht unterrichten. Bundesweit rechnet die DLRG mit einer Million Kinder, die wegen Corona nicht schwimmen lernen konnten. Nina Klocke ist in beiden Kliniken zu Gast. Acht Kurse in der Woche fallen aus. Ein Ausweichen ist unmöglich, Zeiten woanders sind nicht zu bekommen.

Engelbrecht: „Man nimmt den Tod von Kindern in Kauf“

Das Problem eines zu kleinen Angebots an Becken zum ganzjährigen Lernen besteht für den ganzen Südkreis, sagt Carsten Engelbrecht. Der Vorsitzende des Kreissportverbandes fordert ein Umdenken. „Man schaut immer nur auf die Kosten eines Bades und nimmt den Tod von Kindern in Kauf“, sagt er mit Blick auf eine möglicherweise steigende Zahl von Badeunfällen.

„Der Erwerb der Schwimmfähigkeit sollte grundsätzlich verstärkt und gefördert werden. Auch nach der Corona-Pandemie, und wenn das Geesthachter Freizeitbad im kommenden Jahr wieder öffnet“, meint der CDU-Fraktionsvorsitzende Arne Ertelt. Er kündigt an, dass seine Partei nach der Sommerpause erneut eine Initiative einbringen wird.

Fischer: „Das ist keine Lösung. Wir brauchen Räume“

„Mit Geld lässt sich nicht alles lösen“, sagt indes Katrin Fischer. Ihre SPD-Fraktion lehnte den CDU-Antrag ab. „Das ist keine Lösung. Wir brauchen Räume“, sagt sie. Katrin Fischer befürchtet „einen Nulleffekt“, der aber den Haushalt belasten würde. Ihre Tochter habe kurzfristig einen Schwimmkursus über ein Ferienprogramm im Müssener See ergattert. Von diesem Angebot hatten offenbar viele nichts mitbekommen.

„In den Ferien alles wahrnehmen“, rät auch Nina Klocke. Viele Urlaubshotels würden Schwimmkurse anbieten. Klocke hatte sich in Schwarzenbek bei der Initiative „Pro Hallenbad“ engagiert. In der Machbarkeitsstudie wird für das Bad mit vier Bahnen und ohne Sprungturm von einem jährlichen Defizit von rund 750.000 Euro ausgegangen. „Wir wollen ja keinen Tempel hier haben, ein Sportbecken hinzustellen würde uns reichen. Es wird so viel Geld in Blödsinn investiert. Lieber mal an Menschenleben denken“, so ihr Appell.

DLRG hoff auf eine Bahn im Freibad Lauenburg

Auch sie befürchtet, dass die Zahl der Badeunfälle steigen wird. Nicht nur wegen Kindern, die nicht schwimmen können. Denn die Rettungsschwimmer der DLRG haben ähnliche Probleme wie die kleinen Schwimmanfänger. Sie wissen nach dem Ausfall des Geesthachter Freizeitbades nicht, wo sie trainieren können. Neben der Ausbildung fehlen Wasserzeiten, zudem müssen Lizenzen alle zwei Jahre verlängert werden, sonst gibt es keinen Versicherungsschutz mehr, berichtet Heiko Schulz vom DLRG. Auch die Schulung für Berufsgruppen – Lehrer etwa – konnte bis auf eine Ausnahme nicht stattfinden. Heiko Schulz hofft, im Freibad in Lauenburg demnächst eine Bahn für das Training nutzen zu können.

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Ein Lichtblick sind die Planungen des VfL Geesthacht. Der Sportverein möchte seine Anlage an der Mercatorstraße unter anderem mit einem Bewegungsbecken mit den Maßen 12,5 mal 6 Meter ergänzen. Neben vielen Gesundheitsangeboten soll es dann – sollte das Objekt realisiert werden können – auch Schwimmunterricht für Kinder geben. „Jedes Kind, das in die Schule kommt, soll schwimmen können“, findet der 1. Vorsitzende Jörg Kunert. Bei der Stadt und beim Kreis sei er mit der Nachfrage nach einer Förderung abgeblitzt, berichtet er. „Wenn die Politik das nicht will, darf sie sich auch nicht immer weinerlich beschweren, dass die Kinder nicht mehr schwimmen können. Man sollte denen nicht immer Knüppel zwischen die Beine werfen, die etwas versuchen.“

Eine Million Euro Förderung – und zwei bis drei oben drauf

Nun wird geschaut, wo es Fördermöglichkeiten geben könnte. „Ich bleibe da dran. Aber ganz realistisch: Vor 2023 sehe ich das nicht. Eher 2024 oder 2025. Knapp eine Million Euro wäre ja nur die Förderung, wir müssen ja selbst noch zwei bis drei Millionen Euro drauflegen“, sagt Kunert.