Geesthacht. Die Werke von Jörn-Peter Boll sind im Internet so beliebt, dass ein Buchverlag auf ihn aufmerksam wurde. Auch die EU meldete sich.

600.000 Facebook-Nutzer im sozialen Netzwerk mit einem einzigen Werk zu erreichen, ist eine Hausnummer. Aber für die Grafiken von Jörn-Peter Boll ist das nicht ungewöhnlich. Ein weiteres Werk fand 500.000 Fans. Mindestens. Denn seine Arbeiten werden auch von anderen Blogs geteilt und so im Netz weitergereicht. Sein Erfolg fiel auf, im vergangenen Frühjahr bekam der Geesthachter einen Anruf.

"'Hast Du nicht Lust, ein Buch zu machen mit deinen Grafiken', fragte ein Mann am Telefon", erzählt Jörn-Peter Boll. Er war skeptisch. Der Unbekannte gab sich als Verleger aus. "Ich habe zuerst gedacht, das wäre so ein nerviger Verlag-auf-Demand-Laden", sagt Boll. Ein Verlag, an den man zunächst selbst Geld zahlt, um später sein Werk in den Händen zu halten. Die Sachlage klärte sich. Der junge Münchner Yes-Verlag interessierte sich für Boll als Autor. Statt Geld zu nehmen, zahlte er sogar ein paar Tausend Euro als Vorschuss.

Grafiker aus Geesthacht bekommt Anruf von Münchner Yes-Verlag

Zum Jahrsende ist das Buch nun erschienen. "Grafiken für eine bessere Welt", heißt das Werk (Hardcover, 144 Seiten, ISBN: 978-3-96905-017-0). Untertitel: "Rettung auf den ersten Blick" . Es kostet 14,99 Euro, von jedem verkauften Buch erhält Jörn-Peter Boll 1,50 Euro. Die Startauflage beträgt 5.000 Stück.

Jörn-Peter Boll hat ein Buch veröffentlicht mit Grafiken, die auf einen Blick veranschaulichen, was schief läuft in vielen Bereichen.
Jörn-Peter Boll hat ein Buch veröffentlicht mit Grafiken, die auf einen Blick veranschaulichen, was schief läuft in vielen Bereichen. © Boll

"1000 Stück sind auf jeden Fall schon verkauft", hat Jörn-Peter Boll in Erfahrung gebracht. Das Buch ist unter seinem Alias Captain Futura veröffentlicht. Unter diesem Namen sind seine Werke auch im Netz zu finden. "Grafiken, um der Idiotie einen unterhaltsamen Spiegel vorzuhalten", so der Werbetext seines Verlages.

Captain Futura hält der Idiotie einen Spiegel vor

Mit dem Buchtitel ist in wenigen Worten gesagt, worum es geht: Mittels 100 Grafiken dem Betrachter vor Augen führen, was schief läuft auf dem Planeten. Damit es besser werden kann. Die letzte Grafik ist eine Bearbeitung des berühmten französischen Revolutionsgemäldes von Eugène Delacroix. Dort, wo die Figur der Freiheit das Volk führt, ist eine weiße Fläche ausgespart. "Wer rettet jetzt die Welt für uns?", fragt die Überschrift - "hier kannst Du Dich einzeichnen", steht in der weißen Fläche.

Trotz allem: Jörn-Peter Boll glaubt an eine Wende. Doch dafür müssen die Fehler offengelegt werden. "Ich will nicht Influencer sein", sagt er, "sondern Sinnfluencer." Und so zeigen die Grafiken einen bunten Strauß an Fehlentwicklungen, vor allem geht es um Umweltschutz.

EU wirbt mit Boll-Grafik für European Green Deal

Aber auch um Politik, Verschwörungstheorien und wie sich mittlerweile das Zentrum einer Kleinstadt darstellt. Mit Nagelstudio neben Backshop, Spielothek und einigem Leerstand. Sogar die EU rief an, wirbt nun auf Twitter mit einer Bollschen Grafik zum Thema nachhaltiges Wirtschaften für den "European Green Deal."

Jörn-Peter Boll ist, was Grafiken angeht, Autodidakt. 2001 machte er am Otto-Hahn-Gymnasium sein Abitur, zeigte sich dort begabt für Kunst. Seiner damaligen Lehrerin Barbara Strowald will er ein Buch schicken. Als späten Dank für den "phantastischen Kunstunterricht".

Eltern sind bei den Geesthachter Grünen aktiv und im BUND

Eine weitere Grafik von Jörn-Peter Boll.
Eine weitere Grafik von Jörn-Peter Boll. © Boll

Früh für Umweltthemen sensibilisiert wurde er durch seine Eltern, Bettina und Gerhard Boll, bei den Geesthachter Grünen aktiv und im BUND. Eingängige Plakatslogans kennt Boll junior von klein auf. 1982 wurde er geboren, seine Eltern haben ihn bereits als Kind zu Anti-Atomkraftdemos zum AKW Krümmel mitgenommen. Nach Zivildienst im Geesthachter Umweltamt studierte er bis 2008 Umweltwissenschaften in Lüneburg, heuerte während des Studiums bei einer Solarfirma an, kümmerte sich um Marketing und Kommunikation und zuletzt auch um den Webauftritt.

Als das Unternehmen in Schwierigkeiten geriet, verließ er die Firma freiwillig. Seit 2012 ist er selbstständig als Grafik-Designer und Webdesigner, vor fünf Jahren begann er aus Idealismus mit seinen Grafiken. Auch bei der Auswahl seiner Kunden bleibt sich Jörn-Peter Boll treu, viele kommen aus dem Umweltbereich: "Ich bin da recht konsequent und arbeite für viele Firmen nicht. Arbeit, die die Welt schlechter macht, ist keine gute Arbeit", erklärt er.

Weitere Infos unter: www.captain-futura.de