Hamburg. Kreativ Gesellschaft und Kulturbehörde sehen Zuschuss zur Schwarmfinanzierung als Erfolg. Weitere 100.000 Euro für neue Projekte.

Die Bildung einer Menschenmenge (Englisch: „crowd“) ist seit Mitte März verpönt. Dies hat sich als Folge der Coronavirus-Ausbreitung durchgesetzt. Crowdfunding, auch unter dem deutschen Begriff Schwarmfinanzierung geläufig, ist in der Krise indes wichtiger denn je. Mit Crowdfunding lassen sich Projekte und Produkte finanzieren, wenn viele Interessierte sie online unterstützen – erst recht in Zeiten der Corona-Pandemie, die für viele Menschen aus der Kultur und Kreativwirtschaft einschneidende Konsequenzen hat: Sie können ihre Werke nicht live vor Publikum präsentieren. Aber: Ohne Kampagne keine Spenden.

Um die verschiedenen Branchen gezielt bei der Umsetzung neuer Projekte zu unterstützen, hatten die Hamburg Kreativ Gesellschaft und die Behörde für Kultur und Medien bereits während des ersten Lockdowns im April die Hamburger Crowdfunding-Kampagnenförderung aufgelegt. Beide Partner betrachten die erste Förderrunde in einer Zwischenbilanz als vollen Erfolg. Deshalb wird das Programm jetzt fortgesetzt: Hamburger Projektstarter erhalten wiederum eine Förderung von bis zu 5000 Euro – jeweils als Zuschuss. Die Behörde stellt noch einmal 100.000 Euro für weitere Projekte zur Verfügung.

36 der Crowdfunding-Projekte sind bereits abgeschlossen oder angelaufen

Seit April hat die Kreativ Gesellschaft im Auftrag der Behörde 53 Anträge bewilligt und mit insgesamt 225.000 Euro aus dem Corona-Hilfspaket Kultur gefördert. 36 der Crowdfunding-Projekte sind bereits abgeschlossen oder angelaufen, gefördert mit rund 150.000 Euro. Die Projekte haben akkumuliert mehr als 880.000 Euro an privater Unterstützung erbracht. Das entspricht einem sogenannten Hebeleffekt von 590 Prozent. Antragsberechtigt sind Gewerbetreibende und Freiberufler, Unternehmen, Vereine und Stiftungen aus Hamburg, die eine Crowdfunding-Kampagne starten wollten.

Das Ohnsorg-Theater hat zum Schreiben von neuen Theaterstücken aufgerufen – und sammelt Geld für die Kampagne.
Das Ohnsorg-Theater hat zum Schreiben von neuen Theaterstücken aufgerufen – und sammelt Geld für die Kampagne. © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Egbert Rühl von der Kreativ Gesellschaft freut sich über die Fortführung des Programms und sieht „nur Gewinner: Die Kampagnen können mit den Förderungen professioneller und damit erfolgversprechender gestaltet werden“, sagt der Kreativ-Geschäftsführer. „Akteure der Kreativwirtschaft erhalten mit den Fördermitteln in der Krise Aufträge, um für die Kampagnen bessere Konzepte, Videos, Texte, Grafiken, Animationen und mehr zu erstellen.“ Seine Rechnung: „Jeder eingesetzte Euro sammelt ein Vielfaches ein.“

Ungebremst große Kreativität

Kultursenator Carsten Brosda (SPD) überzeugen insbesondere „die dahinterliegenden Ideen und Initiativen, die die ungebremst große Kreativität in der Branche deutlich machen und einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Kreativwirtschaft in Hamburg möglichst gut durch diese Krisenzeit kommt.“

Ein Beispiel ist das Projekt „Non Piano/Toy Piano Weekend“: Das zeitgenössische Musik-Festival mit Instrumenten wie Spielzeugklavier, Kalimba oder Schreibmaschine konnte am 13. November nicht wie seit 2014 im Resonanzraum im Feldstraßen-Bunker vor Zuhörern stattfinden. Initiatorin und Pianistin Jennifer Hymer dachte das Format jedoch neu und konzipierte mit Regisseurin Maike Schuster ein Livestream-Mini-Festival für den 13. Dezember (20 Uhr) mit Onlinetickets zu je 5 Euro.

Obwohl das Funding-Ziel von 5000 Euro bisher erst gut zur Hälfte erreicht ist, sollen aus dem Resonanzraum mit fünf Pianisten demnächst etwa ein neues Stück von Komponist Steffen Wolf mit einer musikalisch-szenischen Interpretation der „Kleinen Meerjungfrau“ der Tänzerin Lara Hanel zu hören und zu sehen sein (www.startnext.com/non-piano-toy-piano).

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Ein weiteres Beispiel ist der Südpol. Eigentlich liegt der kollektiv betriebene Veranstaltungsort in Hammerbrook im Winterschlaf. Das Kulturzentrum hat seinen Schwerpunkt auf elektronische Musik gelegt, ergänzt um Performances, Konzerte, Theater und Film, Lesungen und Ausstellungen. Derzeit alles nicht machbar. Dank der Crowdfunding-Kampagne konnte der Südpol mit der Funding-Summe von 113.791 Euro das gesetzte Ziel von 100.000 Euro aber längst übertreffen und den Erhalt des Areals bis Ende des Jahres ohne Veranstaltungen sichern.

So weit ist das Ohnsorg-Theater mit einem initiierten Autorenwettbewerb noch nicht. Unter dem Titel „Große Freiheit schreiben“ sollen mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne neue Stücke für die plattdeutsche Traditionsbühne gefunden werden (www.startnext.com/grosse-freiheit-schreiben). Noch fehlt einiges an Geld bis zum selbst gesteckten Ziel von 15.000 Euro zur Kostendeckung, andererseits sind in der Vorweihnachtszeit noch gut zwei Wochen Zeit, NDR-Moderator Yared Dibaba wurde als Schirmherr der Aktion gewonnen. Am Ohnsorg heißt es zwar wie andernorts: Kleinvieh macht auch Mist. Doch wie bei allen Kampagnen gilt am Ende: Die Mischung macht’s.

Informationen und Anträge: https://kreativgesellschaft.org/

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