Geesthacht. Außer-Haus-Verkauf statt Beisammensein, Instagram statt Fußgängerzone – gespendet wird ein Teil der Erlöse natürlich trotzdem.
Die häufigste Frage, die Oliver Fries derzeit gestellt bekommt, lautet: „Was passiert dieses Jahr eigentlich mit deinem Silvester-Sektausschank?“ Klar ist: Im Corona-Jahr können sich nicht, wie in den letzten Jahren Usus, am Vormittag des 31. Dezember Hunderte Menschen vor „Zigarren Fries“ in der Geesthachter Fußgängerzone treffen, um für einen guten Zweck vorzeitig aufs neue Jahr anzustoßen. „Ich will ja nicht in den Tagesthemen landen“, sagt Fries.
Doch deshalb ganz auf die lieb gewonnene Tradition – sein Vater Olaf hatte damit vor etwa 40 Jahren im kleinen Kreis angefangen – verzichten, das kam für die Initiatoren, Oliver Fries und seine Schwester Karen Fick, nicht in Frage. Die Lösung, um trotzdem Spendengelder generieren zu können: Er verkauft seinen Geesthacht-Sekt, ergänzt um einen blauen Aufkleber mit der Aufschrift „Silvester-Sekt 2020“, diesmal außer Haus.
Wie der Geesthachter Sektausschank im Corona-Jahr funktioniert
Die 0,75-Liter-Flasche (Normalpreis 5,99 Euro) gibt es für zehn Euro, von denen die Hälfte an karitative Zwecke geht. Die 0,2-Liter-Flasche kostet 5 Euro, von denen 2,75 Euro gespendet werden. Im Kassenbon ist das jeweils als eigener Posten aufgeführt. Die Flaschen gibt es nur im Geschäft an der Bergedorfer Straße 46.
Im vergangenen Jahr belief sich die erzielte Spendensumme auf gut 8300 Euro. Den Großteil erhielt der Geesthachter Verein „Hilfe für das schwerkranke Kind“. Damals verkaufte Oliver Fries rund 600 Sektflaschen. Bis zum Freitag waren immerhin bereits gut 60 Flaschen über die Tresen gewandert.
Instagram statt Fußgängerzone
Damit sich die Geesthachter zumindest virtuell zum Jahreswechsel zuprosten können, hat sich der Geschäftsmann von seinen Töchtern Lisa und Linda zudem eine Seite bei Instagram erstellen lassen. Unter dem Hashtag #friessilvestersekt können Neujahrsgrüße – vorzugsweise ein Selfie mit Sektglas in der Hand – verschickt werden. „Damit man das Gemeinschaftsgefühl trotzdem hat“, sagt Fries.
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Um die Seite bis Silvester schon mal mit Leben zu befüllen, klappert Fries „bewaffnet“ mit einem trockenen Rosé derzeit markante Geesthachter Orte wie die Schleuse oder die Rohre des Pumpspeicherbeckens ab und stellt Bilder ein. Fries hat dafür aber auch Ilse Timm vom Verein „Hilfe für das schwerkranke Kind“ oder Meike Peemöller vom „Kleinen Theater Schillerstraße“ fotografiert.
Sehnsucht nach Frackund schwarzer Fliege
Nichtsdestotrotz sehnt sich Fries danach, dass er wieder in Frack und mit schwarzer Fliege den Menschen Sekt ausschenken kann. „Das hat ganz klein im Laden angefangen und dann eine Eigendynamik entwickelt. Inzwischen ist die ganze Fußgängerzone voll“, ist er begeistert. Normalerweise kümmern sich dann immer 20 freiwillige Helfer um den reibungslosen Ablauf. Alleine drei davon sind ausschließlich dafür zuständig. Sekt-Flaschen zu öffnen. Um den Abwasch bewältigen zu können, hat sich Oliver Fries auch eine Glas-Spülmaschine zulegt. „Die Leute bringen jetzt sogar ihre eigenen Stehtische mit“, sagt er.
Allerdings frühestens erst wieder 2021. Bis dahin lautet die Antwort von Oliver Fries auf die Frage nach dem Silvester-Sektausschank: „Ja, es gibt ihn. Aber diesmal anders.“