Geesthacht. Geesthachter Oliver Fries verbraucht seit Einführung der Bonpflicht das Sechsfache an Kassenrollen. Und er fürchtet “noch mehr Müll“.
Wenn Oliver Fries auf das Ergebnis der seit dem 1. Januar 2020 geltenden Bonpflicht blickt, sträuben sich bei dem Geesthachter Einzelhändler (Zigarren Fries) die Nackenhaare. Einen Karton voller Kassenbelege nach dem anderen schleppt er für den Fototermin aus seinem Lager. Sie stammen aus seinen drei Geschäften in der Fußgängerzone, im Rewe-Center und in der Oberstadt und würden gut und gern eine ganze Badewanne füllen – eine Badewanne voller Restmüll wohlgemerkt. Denn wegen der enthaltenen Farbstoffe und der chemischen Behandlung dürfen diese Kassenrollen nicht als Altpapier entsorgt werden.
Eigentlich wollte Fries seine gesammelten Werke zusammen mit mehreren Kollegen der Landesregierung in Kiel präsentieren. Davon hat er wegen Corona aber Abstand genommen. Seinem Ärger über die bundesweite Verordnung, die Steuerhinterziehung erschweren soll, tut das aber keinen Abbruch. „Mich ärgert, dass wir Müll für die Tonne produzieren. Ich bin dazu verpflichtet, meinen Kunden den ausgedruckten Beleg anzubieten, auch wenn der ausdrücklich keinen will“, sagt Fries.
Trotz Bonpflicht: 90 Prozent der Kassenbons bleiben im Geschäft
Rund 90 Prozent seiner jährlich 300.000 Bons, schätzt er, bleiben in seinem Laden. Etwa 70 Prozent davon haben einen Wert von unter zehn Euro. Etwa ein Sechstel belaufen sich auf eine einzelne Zeitung. Fries wollte sich deshalb beim Finanzamt von der Bon-Pflicht befreien lassen – abgelehnt.
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Und das obwohl kein Geschäftsbesitzer verpflichtet ist, die Ausdrucke dann auch aufzubewahren. Schließlich sind alle Daten fürs Finanzamt parallel und unveränderbar auch auf der Festplatte der Kasse gespeichert. Jeder Bon ist somit jederzeit auslesbar. „Die Grundidee der Bon-Pflicht kann ich ja nachvollziehen. Doch das ist doppelt gemoppelt“, schimpft Fries.
Einzelhändler befürchtet für 2021 "noch mehr Müll"
Und er wird künftig weiter aufrüsten müssen. Denn bis zum 31. März 2021 müssen alle Kassen zusätzlich mit einer sogenannten Technischen Sicherungseinrichtung (TSE) ausgestattet sein, die pro Kasse etwa 500 Euro kostet. Die entsprechende Software dazu gerechnet beläuft sich die Summe für Oliver Fries auf circa 7000 Euro.
Auf jedem Kassenbeleg muss dann zu den allgemeinen Angaben auch eine ellenlange TSE-Signatur und ein QR-Code, der die gleichen Daten enthält, ausgedruckt werden. „Das ist dann noch mehr Müll“, klagt Fries.
Sechs Mal mehr Kassenrollen als vor der Bonpflicht
Früher maß einer seiner Bons circa 14 Zentimeter. „Ich habe das jetzt auf acht Zentimeter reduziert und auf Sachen wie ,Es bediente sie’ verzichtet. Demnächst lande ich dann bei 20 Zentimetern“, sagt der studierte Wirtschaftsinformatiker.
Fries hat sich den Spaß gemacht und das einmal in Kassenrollen umgerechnet. „Eine Rolle hat 80 Meter. Bei 300.000 Bons im Jahr und einem Acht-Zentimeter-Beleg brauche ich also 24 Kilometer oder 300 Rollen im Jahr“, betont Fries.
Zum Vergleich: Vor der Bon-Pflicht ist er mit etwa 50 Rollen ausgekommen. Und mit der neuen Verordnung werden es dann 750 Rollen oder 60 Kilometer sein. Aneinandergelegt wäre das etwa die Strecke von Geesthacht bis nach Soltau – wohlgemerkt nur mit Bons von Zigarren Fries.