Geesthacht. Der dreitägige Erörterungstermin im Ratssaal brachte neuen Zündstoff. Bahnanschluss und Radschnellweg bleiben weiter unberücksichtigt.

Deutschland feiert am 9. November 30 Jahre Wiedervereinigung – doch ein Thema ist noch älter: Die Pläne für eine Geesthachter Ortsumgehung, die schon in den 1980er-Jahren diskutiert wurden. Ein Ende ist auch nach dem jüngsten Erörterungstermin im Geesthachter Ratssaal nicht abzusehen. Bei der Mammutveranstaltung sind mehr als 100 Einwendungen von Privatpersonen im Planfeststellungsverfahren diskutiert worden. Drei Tage lang hatten zwischen 20 und 30 Teilnehmer den Vertretern des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV) gegenübergesessen. Und dabei kamen einige Themen zutage, die neuen Zündstoff in der Debatte um das 125-Millionen-Euro-Projekt bringen.

Bahn- und Radstrecke sind unberücksichtigt

Ein wesentlicher Punkt sind die Überlegungen für die Anschlussstelle Geesthacht-West, die den Beginn der Umgehungsstraße bilden soll. Sie soll dort gebaut werden, wo heute die Autobahn 25 mit einer Ampelanlage zur Bundesstraße 404 nach Lüneburg endet. Laut den Plänen soll die B 404 neben der A-25-Verlängerung in einem Bogen nach Besenhorst und Geesthacht weitergeführt werden und dabei die Bahngleise der AKN-Strecke zwischen Geesthacht und Bergedorf überqueren.

Da die Reaktivierung der Strecke für den Personenverkehr debattiert wird, hatten Geesthachter gefordert, die B-404-Brücke so zu erweitern, dass bei Bedarf unter dieser zwei Bahngleise für Begegnungsverkehr und ein ebenfalls angedachter Radschnellweg nach Bergedorf verlaufen könnte. Dem erteilte der LBV jedoch bei der Erörterung eine Absage. So lange es keine konkreten Pläne für Bahn und Radstrecke gebe, werde man darauf nicht reagieren, hieß es.

Reiter machen Front gegen die Pläne

Das demnächst ein Planfeststellungsbeschluss vorliegen könnte, gilt als unwahrscheinlich. Zu viele Einwendungen sind noch abzuarbeiten, eine erneute Auslegung der Pläne dürfte nötig werden.

Kräftiger Gegenwind hat der LBV zudem von Reitern am Anfang und Ende der Strecke. „Die sehen sich nicht imstande, die Geesthachter Umgehungsstraße um 30 oder 50 Meter zu verlegen. Das kann doch nicht sein“, sagt Britta Pfeiffer, die mit ihrem Mann Heinz-Martin die Reitanlage Pfeiffer am Radelsweg zwischen alter B 5 und Autobahn 25 betreibt.

Neu gebaute Halle müsste abgerissen werden

Das Problem: Die Eheleute, auf deren Hof 70 eigene und 80 Pferde von Privatleuten stehen, haben gerade erst eine zweite Reithalle gebaut. Für die 20 mal 60 Meter große Halle und die Sandfläche davor haben sie einen mittleren sechsstelligen Betrag ausgegeben, doch diese Investition könnte vergebens gewesen sein, da das Gebiet neben dem geplanten A 25-Anschlussstelle Geesthacht-West und dem großen Brückenbauwerk liegt, das der LBV.SH jetzt beim Erörterungstermin in Geesthacht präsentierte. Wenn die Pläne so umgesetzt werden würden, müsste die teure Halle wieder abgerissen werden und die Reiter würden nach Angaben von Britta Pfeiffer künftig viel Zeit unter dem riesigen Brückenbauwerk verbringen um Tiere von A nach B zu bringen.

„Unser Betrieb hier würde einschlafen“, betont die Escheburgerin, die mit ihrem Mann Einspruch eingelegt hat und sich rechtlichen Beistand geholt hat. Das tat auch Dietrich Maak, der auf dem Gut Hasenthal – am anderen Ende der Planstrecke – eine Pferdepension betreibt. Für Maak trat beim Erörterungstermin der renommierte Hamburger Rechtsanwalt Michael Günther auf, der sich auf Umweltrecht spezialisiert hat und Mandanten auch bei A 39-Plänen (Lüneburg) oder den A 20-Plänen in Schleswig-Holstein vertritt.

Jurist: „Wir sehen das Verfahren als offen an“

Im Gespräch mit unserer Zeitung betonte Günther am Freitag, dass es sehr wichtig sei, nun eine dreidimensionale Darstellung des geplanten Brückenbauwerks zu haben. „Vielen Betroffenen ist die Dimension des Vorhabens gar nicht bewusst“, sagt der Jurist, der die Pläne mit der A 7-Hochstraße in Waltershof vergleicht. Zudem werde durch das geplante Bauwerk der unberührte Geesthang zerschnitten. „Wenig belastete Landschaften haben einen besonderen Wert. Wir sehen das Verfahren deshalb als durchaus offen an“, so Günther. Er gehe davon aus, dass eine erneute Auslegung der Pläne nötig wird. So fordert sein Mandant eine Verlegung der Trasse am Gut Hasenthal, um den Lärm für die Reiter so gering wie möglich zu halten.

Das Thema Lärm sei laut Michael Günther ein zentrales. So würde durch eine Halbierung des Verkehrs von 20.000 Autos täglich, die auf der Geesthachter Straße verkehren, der Lärm gerade mal um drei Dezibel reduziert. Gleichzeitig verlagere sich Lärm durch den geplanten Damm der Umgehung in die Oberstadt und die nördlichen Dörfer und werde durch die Aufschüttung weit getragen.

Der Fachanwalt geht von einer langfristigen Verzögerung aus. So müssten 2025 auf der Umgehung spätestens Autos rollen. Andernfalls stimme der Prognosezeitraum nicht mehr. Laut Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts müsse dann eine neue Prognose erstellt werden, so Günther.