Wohtorf. Niederschläge wirken sich negativ auf Einnahmen aus, aber positiv auf die Wasserqualität. Warum der Tonteich von Blaualgen frei bleibt.
Auch bei Regen spricht nichts dagegen … mit diesem aktuellen Slogan wirbt das Sachsenwaldbades Tonteich um einen Besuch. Immerhin lag die Wassertemperatur am Sonntag, 6. August, noch bei 19 Grad. Tatsächlich hat das Naturbad in Wohltorf an die 30 Stammgäste, die bei jedem Wetter zum Schwimmen kommen – wenn auch nicht jeden Tag. Nach einem guten Saisonstart und einem heißen Juni, sind die Besucherzahlen jetzt wieder eingebrochen.
„Die Saison war sehr gut angelaufen“, sagt Bernd Wyrwinski, Geschäftsführer des Tonteichbades. An einigen heißen Junitagen habe das Bad mehr als 2000 Gäste gezählt, aber an einigen regnerischen Juli-Tagen leider auch nur zwölf. „Am vergangenen Sonnabend waren es 80 Badegäste“, berichtet Wyrwinski und scherzt: „Leider brauchen unsere Gäste immer so um die drei Tage, bis sie merken, dass die Sonne scheint.“ Beim Gästerekord im Sommer 1995 wurden 4561 Badende gezählt.
Warum der Tonteich in Wohltorf früher einmal „Opalsee“ hieß
An solchen Tagen zahlen die Gäste eigenständig in eine Vertrauenskasse, die Rettungsschwimmer kommen auf Abruf, Schwimmmeister André Pomplun hält die Stellung. Doch während die Besucherzahlen und die damit verbundenen ausbleibenden Einkünfte des Vereins Wyrwinski die Sorgenfalten auf die Stirn treiben, braucht er sich um die Wasserqualität keine Gedanken zu machen.
Andere Gewässer dieser Größe wären bei sommerlichen Temperaturen und Tausenden von Badegästen längst umgekippt. Nicht so der Tonteich: Um dessen Wasserqualität kümmert sich seit mehr als 20 Jahren der Reinbeker Kurt Stühm (75). Für seine Verdienste um das Gewässer und um seinen Einsatz in der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) Sachsenwald seit mehr als 60 Jahren hat der Ehrenamtler dieses Jahr das Bundesverdienstkreuz erhalten.
Bläuliche Färbung geht auf leichten Schwefelsäuregehalt zurück
Das Besondere des Tonteichs ist einerseits seine leicht bläuliche Färbung, andererseits sein natürlicher, leichter Säuregehalt, dem sogar eine leicht heilende Wirkung zugesprochen wird. Die wurde schon früh entdeckt, lange bevor Stühm als Junge der DLRG beitrat, um das tägliche Eintrittsgeld von damals 50 Pfennig zu sparen (1960).
„Mitte der 1930er Jahre fiel Professor Wilhelm Ohle aus Plön das Gewässer auf“, berichtet Kurt Stühm. „Denn so ein seltsam blaugrün schimmerndes Gewässer kannte man eher aus dem Alpenvorland, nicht aus Norddeutschland. Er hat den Tonteich untersucht und damals herausgefunden, dass sein pH-Wert bei vier bis fünf lag.“ Das Wasser habe einen natürlichen Schwefelsäuregehalt, erläutert der pensionierte Mathematik- und Physiklehrer. Ohle habe eine Glimmertonschicht, eine etwa 80 Millionen Jahre alte Meeresablagerung gefunden.
Tongrube der alten Ziegelei hat sich mit Wasser gefüllt
1844/45 beim Eisenbahnbau sei das Glimmertonfeld entdeckt worden – dort wo heute der Tonteich liegt – nach dem großen Brand in Hamburg, berichtet Kurt Stühm. Ab 1875 wurden dort Dachziegel gebrannt in den Friedrichsruher Tonwerken. „Bis 1912 einer der größten Arbeitgeber der preußischen Provinz Schleswig-Holstein“, erläutert er. „Doch 1911 brach – vermutlich durch eine Unachtsamkeit – ein Feuer aus und die Ziegelei brannte vollständig nieder.“ Die Ziegelei sei nicht wieder aufgebaut worden. Denn die schwefelhaltigen Ziegel hätten Luftfeuchtigkeit nicht lange standgehalten. Über die Jahre hat sich die Tongrube mit Wasser gefüllt.
Kurt Stühm hat an den Wänden des Traditionsgasthofes Niemann Silk ein Bild entdeckt: „Darauf ist eine Mondlandschaft abgebildet“, beschreibt er das Bild. „Kein Strauch, kein Baum, nur ein bläulicher See. Überschrieben ist es mit ,Opalsee zwischen Reinbek und Wohltorf’. Es zeigt den heutigen Tonteich, in seinem Urzustand.“
„Klein Helgoland“ erinnert noch an die alte Ziegelei
In den 50er-Jahren bargen Pioniere der Bundeswehr die Reste. Die Grundmauern des Pumphauses blieben jedoch stehen. Der zugemauerte Schornstein ist ein beliebtes Ziel für Schwimmer und als „Klein Helgoland“ bekannt. 1982 verkaufte Fürstin Ann-Mari von Bismarck das 30.000 Quadratmeter große Gelände an Wohltorf. Die Gemeinde hat den Tonteich zu einem Drittel an den Tontaubenclub und zu zwei Drittel an den Verein Sachsenwald-Bad Tonteich verpachtet, der am 1. April 1957 gegründet worden ist.
Heute liegt das Gewässer eingebettet im Wald. „Wir haben erreicht, dass das Glimmerfeld im Süden des Gewässers auf von Pflanzenbewuchs frei gehalten wird“, berichtet der 75-Jährige. „Denn heute liegt der pH-Wert zwischen sechs und sieben. Ich versuche, ihn unter sechs zu halten, aber das ist nicht einfach.“ In regenarmen Zeiten wird das Wasser nachts mit einer Beregnungsanlage über das Glimmerfeld geleitet. Dazu versucht „Modder-Joe“, wie er scherzhaft schon genannt wurde, die Pflanzen am Ufer in Schach zu halten – sommers wie winters. „Das macht Spaß“, versichert der aktive Pensionär. Niederschläge sind für den Säuregehalt also eher positiv, wenn sie über das Feld einsickern.
Vegetation und Tierwelt am See haben sich verändert
Noch in den 1960er-Jahren gab es im Tonteich weder Fische noch Mücken. Das hat sich mit dem sinkenden Säuregehalt des Wassers geändert. Heute schwimmen darin wieder Rotfedern und Karauschen. Ihr Laich wurde vermutlich von den Enten eingeschleppt. Sie reduzieren wiederum die blauen Azurjungfern, die das Bad in den 1970er Jahren bevölkerten. Blaualgen hingegen fühlen sich nur bei alkalischen Wasserwerten wohl.
Die Eintrittspreise von 5 Euro für Erwachsene und 3,50 Euro für Kinder (6-15 Jahre) wurden zum Anfang der Saison erhöht. Jahreskarten gibt es keine mehr. „Die Druckkosten übersteigen bei ihnen mittlerweile die Einnahmen“, sagt Bernd Wyrwinski. Montags ist mittlerweile geschlossen, damit der Schwimmmeister auch mal einen freien Tag hat.