Wohltorf. Sieben Tage die Woche wird das Naturbad bewacht, auch montags, wenn geschlossen ist. Das gefällt längst nicht allen Badegästen.
Die Wetter-App verspricht fürs Wochenende 32 Grad und Sonne satt. Um sich Abkühlung zu verschaffen, zieht es Tausende Besucher an den Tonteich. Die Wassertemperatur beträgt aktuell 22 Grad. Damit es unter den Kindern, Jugendlichen und treuen Stammgästen trotz der hitzigen Wetterlage ruhig und entspannt bleibt, ist das Team von Security Hamburg wieder im Dienst.
„Wir sorgen dafür, dass niemand über die Stränge schlägt“, sagt Security-Mann Dennys Lübbert. Er überwacht, dass kein Alkohol konsumiert wird oder ins bekannte Naturbad im Sachsenwald geschmuggelt wird – notfalls auch per Taschenkontrolle. Bier, Schnaps oder Sekt – alles wird ausnahmslos eingesammelt und am Ende wieder zurückgeben. „Alkoholfreies Bier gibt es am Badkiosk“, sagt Badleiter André Pamplun.
Tonteichbad setzt weiter auf Sicherheitsdienst – Alkoholkontrollen am Eingang
Eingesetzt wurde der Sicherheitsdienst erstmals vor vier Jahren, als es zu Übergriffen auf eine Jugendliche und zu Schlägereien kam. Bei den Vorfällen war Alkohol mit im Spiel. „Das Sicherheitskonzept hat sich bewährt“, sagt Bernd Wyrwinski, Vorsitzender des Betreibervereins Sachsenwaldbad.
Seitdem habe es keine nennenswerten Vorfälle mehr gegeben. Und das soll auch zukünftig so bleiben. Der Verein hält an dem Konzept fest. Von 13 bis 20 Uhr ist nun mindestens ein Mann von der beauftragten Security-Firma vor Ort. „Einen zweistelligen Tausenderbetrag“ kostet den Verein das Sicherheitskonzept.
Jedes zweite Freibad beschäftigt Sicherheitsdienst
Mit dem Engagement eines Sicherheitsdienstes liegt das Tonteichbad im bundesweiten Trend. „Mittlerweile beschäftigt jedes zweite Freibad eine Security-Firma“, weiß Holger Kehl, Geschäftsführer vom Freizeitbad Reinbek. Im Reinbeker Bad geht es bislang zwar noch ohne, doch auch Kehl sieht, dass der Respekt gegenüber Schwimmmeistern und Rettungsschwimmern – ähnlich wie bei Polizisten und Rettungskräften – mehr und mehr schwindet, sagt der Geschäftsführer.
Gerade in Freibädern, wo sich oft Tausende Menschen zeitgleich tummeln, nehmen die Übergriffe auf Bademeister zu. Erst Mitte Juni ging in einem Freibad in Berlin Pankow eine Gruppe von Jugendlichen auf einen Bademeister los – trotz Sicherheitsdienst.
„Von solchen Verhältnissen sind wir hier in Wohltorf weit entfernt. Hier ist es ruhig und friedlich“, sagt Badleiter André Pamplun. Seit acht Jahren ist der 46-jährige Schwimmmeister Leiter des Bades. Es ist die zweite Saison, in der er ohne weitere Kraft an seiner Seite auskommen muss. „Wir suchen händeringend einen Fachangestellten für Bäderbetriebe – bislang leider vergeblich“, sagt Bernd Wyrwinski.
Personal fehlt – montags bleibt Tonteichbad geschlossen
„Ein bundesweites Problem“, sagt Holger Kehl, der weiß, dass aktuell 3000 Stellen in den 6000 deutschen Bädern unbesetzt sind. Er selbst habe die Hoffnung schon fast aufgeben, seine zwei seit vielen Monaten freien Stellen zu besetzen. Nachwuchs kommt so gut wie nicht nach, das Interesse an den Ausbildungsplätzen ist gering. „Besonders dramatisch wird es, wenn weitere Kollegen in den Ruhestand gehen“, sagt Kehl.
Im vergangenen Jahr hat Schwimmmeister Pamplun den Notstand im Naturbad aufgefangen und von Mitte Mai bis Mitte September sieben Tage in der Woche durchgearbeitet. In dieser Saison hat der Verein die Reißleine gezogen und einen Ruhetag eingeführt. Erstmalig seit Mitte Juni bleibt das Bad montags geschlossen. Zudem wurden die Öffnungszeiten etwas verkürzt. Statt 8 Uhr morgens öffnet das Bad nun erst um 9 Uhr. Nicht bei allen Gästen kommt das gut an: „Einige sind darüber traurig, dass sie nun vor der Arbeit nicht mehr schwimmen können, zumal die Badesaison nur sehr kurz ist“, sagt Stammgast Ortrud Klotz.
Hausfriedensbruch: Immer wieder klettern Jugendliche nachts über Tonteich-Zaun
Auch wenn am Montag das Bad nun geschlossen bleibt, unbewacht ist es nicht. Der Sicherheitsdienst ist sieben Tage in der Woche vor Ort, um diejenigen ans andere Ufer zum Gelände des TTK zurück zu schicken, die unerlaubt auf die Seite des Naturbads schwimmen und hier den Sprungturm erklimmen.
„Die meisten sind einsichtig und schwimmen zurück“, ist die Erfahrung von Sicherheitsmann Lübbert, der mit Worten noch gut auf die regelbrechenden Gäste einwirken kann. Sein Schlagstock oder das Pfefferspray kamen noch nicht zum Einsatz. Sollte es aber einmal zu einer Massenschlägerei kommen, würde der Security-Mann – aus Selbstschutz – nicht eingreifen. „Meine Aufgabe ist dann, die anderen Gäste zu schützen und die Polizei zu rufen“, sagt der 43-Jährige aus Schwerin, der im Wechsel auch im Geesthachter Freibad für Sicherheit sorgt.
Allein seine Anwesenheit soll den Gästen ein Sicherheitsgefühlt vermitteln. Regelmäßig dreht er auf dem Gelände des Wohltorfer Freibads seine „Zaunrunde“. Und das ist wörtlich gemeint: Denn seit jeher versuchen Jugendliche nachts aufs Gelände zu gelangen. Die abgeschiedene Waldrandlage des Naturbads bietet sich dazu an. Womit sie aber nicht rechnen: Schwimmmeister Pamplun und seine Frau Simone Bunge, Betreiberin des Kiosks, wohnen hier und erwischen fast jeden.
Badegäste stellen Sicherheitsdienst infrage und kritisieren hohen Preise
„Das ist Ruhestörung und Hausfriedensbruch“, sagt Pamplun etwas genervt und warnt ungebetene Badegäste vor seinem Schäferhund Sonic, der nachts über das Bad wacht. Tagsüber ist der hier selten zu sehen. Denn Hunde sind laut Hausordnung nicht im Bad erlaubt. Genauso wenig wie Shishas oder laute Musik. „Was Jüngere als angenehm empfinden, ist Älteren viel zu laut“, weiß der Schwimmmeister.
„Die idyllische Ruhe ist ein Grund, warum es Ortrud Klotz täglich an den Tonteich zieht. Seit rund 50 Jahren dreht die 86-Jährige hier im Sommer ihre Schwimmrunden. Unsicher habe sie sich in der Zeit eigentlich nie gefühlt. „Das Geld für den Sicherheitsdienst könnte meiner Meinung nach gespart und anders investiert werden“, sagt die Aumühlerin.
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Saison ist trotz erhöhter Preise gut angelaufen
Badegast und Freund des Tonteichs Kim Röhreke wüsste auch wie: „Die derzeitige Preisstruktur stößt vielen auf“, sagt der pensionierte Sportlehrer. Die Preise wurden zu Saisonbeginn erhöht. Eintrittspreise von 5 Euro für Erwachsene und 3,50 Euro für Kinder (6-15 Jahre) könnten sich längst nicht mehr alle leisten. Auch die Abschaffung der Jahreskarten könne er nicht verstehen, sagt der Wohltorfer.
Die Gäste aber schreckt die Preise bislang wenig: „Die Saison ist gut angelaufen“, sagt Wyrwinski. An einigen heißen Junitagen zählte das Bad mehr als 2000 Gäste. Beim Gästerekord im Sommer 1995 waren es mit 4561 Badenden mehr als doppelt so viele.
„Viele melden mir rück, dass sie einfach froh sind, dass das Bad überhaupt geöffnet ist und es schön geworden ist nach der umfangreichen Sanierung“, sagt Bernd Wyrwinski. Alle sind sich einig: Ohne Tonteich sei der Sommer im Sachsenwald kein richtiger Sommer.