Lauenburg. Verwaltung überrascht mit Vorstoß, Montag kann die Politik die Weichen stellen. Jetzt muss eine schnelle Entscheidung her.
Ideen zur Verkehrssituation im Bereich der Straße Alte Wache hat es schon einige gegeben. Dem kommenden Bau- und Planungsausschuss legt die Verwaltung am Montag einen Vorschlag vor, der auf den ersten Blick verblüfft. Der Abschnitt zwischen der Einmündung Berliner Straße/Vorwerk und dem Askanierring soll ein beruhigter Verkehrsbereich werden. Wer mit dem Begriff nichts anfangen kann: In Wohngebieten werden Straßen entsprechend ausgewiesen, um dort den Verkehr weitgehend hinauszudrängen und Spielstraßen einzurichten.
In Spielstraßen und Co. ist für den rollenden Verkehr nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt, also zwischen 5 und 7 km/h statt bislang Tempo 20, wie es auf der Alten Wache gilt. Eine weitere Besonderheit ist die Ausweisung von Stellplätzen. Geparkt werden darf nur, wo Flächen entsprechend ausgewiesen werden. Ansonsten gilt in Spielstraßen allgemeines Parkverbot. Die CDU hingegen plädiert für die Einrichtung einer Fußgängerzone im gesamten Bereich der Alten Wache.
Neue Idee für die Alte Wache: Spielstraße oder Fußgängerzone?
Eine Besonderheit für den Bereich Alte Wache: Das Projekt steht unter großem Zeitdruck. Derzeit laufen dort Tiefbauarbeiten. „Die Tiefbauarbeiten sollen in rund zwölf Wochen abgeschlossen werden. Die Planungen für einen verkehrsberuhigten Bereich bis dahin abzuschließen, ist zwar anspruchsvoll, aber durchaus machbar“, sagt Lauenburgs Bauamtsleiter Christian Asboe. Aktuell sind die Versorgungsbetriebe Elbe GmbH dabei, dort Rohre für eine Nahwärmeversorgung zu verlegen.
Gibt Lauenburgs Politik grünes Licht, könnte die Stadt eine entsprechende Umwandlung des Straßenabschnitts bei der Verkehrsaufsicht beantragen, dem Kreis Herzogtum Lauenburg. Dann müssten die Flächen am Ende der Bauarbeiten nicht in den Urzustand zurückversetzt werden, sondern könnten gemäß der Vorgaben für einen verkehrsberuhigten Bereich verändert werden. Ein beruhigter Verkehrsbereich ist durch das gleichberechtigte Nebeneinander aller Verkehrsteilnehmer gekennzeichnet. Das bedeutet: Bordsteine müssten verschwinden, die Gesamtfläche niveaugleich hergerichtet werden.
Eigentümer stellen Forderungen
Für das Projekt muss Lauenburg sich mit Privateigentümern abstimmen. Die nötigen Flächen sind zwar alle öffentlich gewidmet. Ein Areal im Bereich Kreissparkasse und Wohnkomplex ist jedoch im Besitz einer knapp 30-köpfigen Eigentümergemeinschaft. Der von der Stadt betriebene Ankauf des Platzes ist vor wenigen Jahren nicht zustande gekommen. In aktuellen Vorgesprächen haben die Eigentümer jüngst deutlich gemacht, dass sie im Zusammenhang mit einer Neugestaltung der Alten Wache einen eigenen Wunsch geltend machen, so Asboe: „Einer Platzneugestaltung wird nur in Verbindung mit einer Verkehrsberuhigung zugestimmt.“
Aus Sicht des Bauamtsleiters könnten hier tatsächlich gleich einige Ideen realisiert werden. Mit der Umgestaltung der Alten Wache könne die verkehrliche Lage beruhigt und Autos aus dem Bereich verdrängt werden. Zudem könne die Aufenthaltsqualität verbessert werden und zugleich, für angrenzende Plätze, andere Nutzungsmöglichkeiten eine Chance erhalten. Eine Idee: Warum in dem Zusammenhang anliegenden Cafés nicht neue Möglichkeiten schaffen, Platz für Außengastronomie zu nutzen?
Kreissparkasse und Woolworth verfügen über andere Parkpläte
Die Stadt müsse sich mit den Wohneigentümern einigen, wo noch Parkplätze notwendig seien. Einige Stellflächen könnten entfallen, ist Asboe überzeugt. So könnte Verkehr aus der Alten Wache herausgehalten werden: „Die Kreissparkasse und Woolworth verfügen jeweils auch über andere Parkplätze, Woolworth an der Bundesstraße 5 und die anderen Stellflächen der Sparkasse sind gut vom Askanierring zu erreichen.“
In der Vorlage an Lauenburgs Bau- und Planungsausschuss ist von etwa 2000 Euro Kosten für eine neue Beschilderung die Rede. Das ist kein Versehen. Den Löwenanteil der Kosten sollen auch nicht etwa die Anlieger tragen. Der Stadt Lauenburg stehen eine knappe Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung. Das Geld stammt aus dem Bundesprogramm „zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“, genauer 965.000 Euro.
Im Fördertopf sind fast eine Millionen Euro
„Gelingt es, die Maßnahme mit den Tiefbauarbeiten unserer Versorgungsbetriebe zusammenzuführen, würde die Stadtkasse enorm entlastet“, sagt Martin Scharnweber, Vorsitzender des Lauenburger Bau- und Planungsausschusses. „Wann, wenn nicht jetzt, ist der richtige Zeitpunkt, das Vorhaben in Angriff zu nehmen?“
Die Überlegungen ständen jedoch erst am Anfang. Wie genau ein verkehrsberuhigter Bereich schließlich aussehen könne, darüber müsse noch eingehend beraten werden. Aktuell denkt Scharnweber besonders an den unebenen Straßenbelag und den Waschbeton-Charme – „diese Kieselplatten werden schon bestimmt 30 Jahre nicht mehr verlegt“. Und an die Fußgänger. „Mit einem verkehrsberuhigten Bereich würden wir den Gegebenheiten Rechnung tragen, dass die Fußgänger schon heute die Fahrbahn mitnutzen.“
Ausschussvorsitzender plädiert für schrittweises Vorgehen
Bevor in einem späteren Schritt über eine Fußgängerzone in dem Bereich nachgedacht werde, solle zunächst die Entwicklung abgewartet werde, rät Scharnweber: „Funktioniert dies so mit dem Verkehr?“ Der werde sich seinen Weg suchen. „Und was passiert möglicherweise auf dem Areal, wo die Marktgalerie geplant war? Die Entwicklung könnte auch Auswirkungen auf das Fahrzeugaufkommen haben.“
CDU setzt auf die große Lösung, favorisiert Fußgängerzone
In der CDU-Fraktion seien die Präferenzen andere, sagt der Vorsitzende Christoph Haase. „Ein Teil der Alten Wache ist ja schon Fußgängerzone. Für die Aufenthaltsqualität wäre mehr gewonnen, wenn wir die Fußgängerzone bis an den Askanierring ausdehnen, statt zunächst auf einen beruhigten Verkehrsbereich zu setzen.“ Die Stimmung der Bürger weise eindeutig in diese Richtung.
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Außer einigen Parkplätzen für Behinderte auf dem Lütten Markt sowie vor dem Ärztehaus seien die restlichen verzichtbar, ist der Christdemokrat überzeugt. Für die anderen sollten Regelungen erdacht werden, dass sie nutzbar bleiben. „Eine Fußgängerzone hätte auch den Vorteil, dass es leichter wäre, gastronomischen Betrieben dort mehr Platz einzuräumen.“
„Besser gleich mit offenen Karten spielen“
Für den geplanten Standort der inzwischen aufgegebenen Marktgalerie sei nicht erkennbar, dass die Verkehrslage dort Vorkehrungen erforderlich machen werde, sagt Hasse. Und gibt zu bedenken: „Es wäre besser, gegenüber der Verkehrsbehörde gleich mit offenen Karten zu spielen. Also gleich zu sagen, was unser Ziel ist. Anstatt erst ein Okay für einen verkehrsberuhigten Bereich zu erbitten und in wenigen Jahren eine Fußgängerzone hinterherzuschieben.“