Geesthacht. Bis 2045 werden 400 Millionen Euro investiert. Warum die Gründung einer städtischen Gesellschaft in Sachen Energiewende sinnvoll ist.
Wie die Energiewende in Geesthacht umgesetzt werden soll, das steht erst am Jahresende fest. Bis dahin erstellen die Stadtwerke im Auftrag der Verwaltung eine kommunale Wärmeplanung. Dazu ist die Stadt ob seiner Größe verpflichtet. Kleinere Kommunen haben bis Ende 2027 Zeit. Was aber sicher ist: Wenn später alle gleichzeitig neue Leitungen bauen wollen, werden Tiefbau-Unternehmen schwer zu bekommen sein. Geesthacht hat dem jetzt mit der Gründung einer eigenen Netz GmbH vorgebaut.
Die Ratsversammlung hat mit großer Mehrheit – nur die AfD-Vertreterin war dagegen – beschlossen, die Geesthachter Netzbau GmbH für den Rohrleitungsbau zu gründen, die mehrheitlich der Stadt gehört. Genaugenommen halten die Stadtwerke 52 Prozent der Anteile. Die Stadtwerke wiederum gehören zu 75,1 Prozent den Wirtschaftsbetrieben Geesthacht, die eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadt sind.
Geesthacht gründet eigene Netzbaugesellschaft
Zum Mitgeschäftsführer der Netzbau GmbH wurde Stephan Wollschläger, der Bereichsleiter „Infrastruktur“ der Stadtwerke, bestellt. Markus Prang, der an der Spitze mehrerer anderer städtischer Gesellschaften wie WoGee, Stadtwerke und Wirtschaftsbetriebe steht, ist bei der Netzbaugesellschaft Vertreter der Gesellschafterversammlung.
„Für den Umbau der Energieversorgung wird Geesthacht bis 2045 rund 400 Millionen Euro investieren. Diese müssen aber auch verbaut werden. Wenn die energetische Transformation im ganzen Land läuft, wird es eine noch nie dagewesene Auftragsnachfrage im Tiefbau geben“, ordnete der SPD-Ortsvorsitzende Muammar Kazanci ein. Mit einer eigenen Gesellschaft erreiche die Stadt mehr Flexibilität und könne Kosten besser vergleichen.
300 Kilometer Gasleitungen müssen umgebaut werden
„So können wir zumindest einen Teil der Aufgaben in Eigenregie erledigen“, ergänzte Karl-Hermann Rosell (CDU). Die Netzbau GmbH soll aber als eigenständiges Unternehmen agieren und auch andere Aufträge übernehmen. „Wir müssen uns nichts vormachen: Die Energiewende wird damit nicht vollzogen, aber wir bekommen vielleicht reelle Preise“, sagte Ali Demirhan (Grüne). Christoph Hinrichs von der BfG wünschte „ein gutes Geschäft“.
Für die Verwaltung genießt ein zuverlässiger und beschleunigter Netzausbau der Versorgungsinfrastrukturen eine hohe Priorität. Allein in Geesthacht müssen für die Wärmewende voraussichtlich 300 Kilometer Gasleitungen transformiert und unter Umständen in ein neues Wasserstoffnetz integriert werden. Zudem müssen rund 400 Kilometer Niederspannungskabel errichtet werden, um PV-Dachanlagen und Wärmepumpen erfolgreich in das Stromnetz integrieren zu können.
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Nach Paragraf 101 der Gemeindeordnung Schleswig-Holstein können Kommunen nur dann ein neues Unternehmen gründen, wenn dies einen öffentlichen Zweck erfüllt. Die Kommunalaufsicht sieht dies vordergründig nicht gegeben. Allerdings seien derartige Vorhaben zur Beschleunigung der Energiewende dennoch zweckmäßig und geboten.
Aus diesem Grund ist eine Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts angedacht. Zur Überbrückung soll die sogenannte Experimentierklausel (Paragraf 135a) angewendet werden. Diese Ausnahme soll nach derzeitigem Stand auf den Rohr- und Tiefleitungsbau im Kreisgebiet für energiewirtschaftliche Sparten beschränkt werden.