Schwarzenbek. Von einem Ausbau des Angebots bis hin zur Einstellung ist alles möglich. Im Juni soll entschieden werden. Wohin die Tendenz geht.
Gut zwei Jahre könne es dauern, bis ein Verkehrsangebot bei den Fahrgästen angekommen ist. „Was nach zwei Jahren keinen Erfolg hat, wird auch nach drei oder vier Jahren keinen Erfolg haben“, sagt Andrew Yomi, Verkehrsexperte des Kreises Herzogtum Lauenburg. Höchste Zeit also, um über die Zukunft der Schwarzenbeker Stadtbusse zu sprechen. Denn im Juni schon soll eine Entscheidung fallen, ob das Angebot über die zweijährige Pilotphase hinaus fortgeführt wird.
Im Stadtentwicklungsausschuss der Stadt stellte Yomi vor, wie sich die Fahrgastzahlen in den vergangenen 18 Monaten entwickelt haben. Und Yomi hatte gute Nachrichten für die Kommunalpolitiker im Gepäck: Seit dem Beginn des Stadtbusverkehrs am 11. Dezember 2022 haben sich die Fahrgastzahlen vervielfacht. An einem Wochentag nutzen rund 600 Menschen das Angebot, sonnabends sind es durchschnittlich 250 Fahrgäste. Am Sonntag sei die Zahl deutlich geringer, was laut Yomi aber normal sei, da nur wenige Menschen zu ihrer Arbeitsstelle fahren und auch die Geschäfte in der Stadt geschlossen haben.
HVV: Haben Stadtbusse in Schwarzenbek eine Zukunft?
„Besonders nachgefragt sind die Stationen Rathaus und der Bahnhof“, berichtet Yomi. Fahrgäste nutzen das Angebot, um Erledigungen im Stadtzentrum zu machen oder in eine der Regionalbahnen nach Hamburg oder Richtung Osten zu steigen. Auf der Strecke des RE1 sind jedoch in der zweiten Hälfte des Jahres Streckenarbeiten geplant, weshalb es zeitweise einen Schienenersatzverkehr geben wird. In der Zeit ist damit zu rechnen, dass weniger Nutzer am Bahnhof aussteigen wollen.
Fünf Stadtbuslinien führen durch die Europastadt. Besonders viele Fahrgäste nutzen die Linie 8525, da diese neben dem Bahnhof auch die Industriestraße und den Lupuspark anfährt. So viele, dass manchmal sogar Fahrgäste an den Haltestellen nicht zusteigen können, da alle 20 Sitz- und zehn Stehplätzen der Midibusse schon besetzt sind. „Zu den Stoßzeiten haben wir auf der Linie ,Oberkante Unterlippe‘“, sagt Yomi. Es sei jedoch nicht ohne weiteres machbar, die Taktung zu ändern, da diese auf die Ankunfts- und Abfahrtzeiten der Regionalbahn abgestimmt sind.
Förderung von 500.000 Euro läuft aus
Die Steigerungsquote, die bei der Auswertung ermittelt wurde, sei durchaus mit anderen Stadtverkehren zu vergleichen, sagt Yomi. In Bargteheide, dem „Schwarzenbek im Kreis Stormarn“, sei der Stadtbusverkehr in der Pilotphase jedoch deutlich schlechter angelaufen, aber wohl auch, da dieser anders konzipiert war.
In den zwei Jahren des Pilotprojekts erhielt die Stadt eine jährliche Förderung von 500.000 Euro. „Kreisübergreifende Angebotsoffensive zum Ausbau und zur Schaffung eines metropolitanen Stadt-Land-Taktes“ (ÖVer.KAnT) heißt das Förderprogramm, das den Stadtbusverkehr in der Stadt ermöglichte. Doch dieses läuft zum Jahresende aus. Dann müsste die Stadt mit Unterstützung des Kreises den Betrieb aus der eigenen Tasche bezahlen. Rund 600.000 Euro würde dies kosten. Doch Schwarzenbek ist notorisch klamm.
Ausbau oder doch Einstellung?
Vier Möglichkeiten stellte Yomi deshalb dem Ausschuss vor: eine Beibehaltung des jetzigen Angebots, einen Ausbau, eine Reduktion oder die komplette Einstellung des Angebots. Für die Beibehaltung des jetzigen Angebots würde sprechen, dass wenig Abstimmung nötig sei und das Angebot einfach weiterlaufen könnte. „Allerdings braucht die VHH eine Rückmeldung bis in den Juni“, merkt Yomi an.
Sollte für einen Ausbau gestimmt werden, sei es sinnvoll mit den Bewohnern der Stadt in den Austausch zu treten, um Wünsche berücksichtigen zu können. In der Vergangenheit wurde eine Erschließung des Verbrüderungsrings von Anwohnern gewünscht. Dies sei auf der Linie 8524 denkbar. Aber auch das Gebiet um die Rülau ist bisher in den Stadtbusverkehr nicht integriert. Unklar ist jedoch aktuell, wie hoch die Kosten für die Erschließung sind.
Angebot aus volkswirtschaftlicher Sicht betrachten
Auch eine Reduktion des Angebots scheint möglich. Hier müsse zunächst ermittelt werden, wie viel Geld eingespart werden muss. Sinnvoll erscheint dann, dass bestimmte Linien gestrichen werden. „Eine geringere Taktung bedeutet, dass Fahrpersonal rumsteht. Das ist nicht effizient“, erklärt Yomi.
Bleibt noch eine Einstellung des Schwarzenbeker Stadtbusverkehrs. Doch Andrew Yomi mahnt: „Sie sollten das auch aus volkswirtschaftlicher Sicht betrachten“, so der Verkehrsexperte. „Das sind Sachen, die sie vielleicht erstmal nicht in der Stadtkasse sehen.“ Bedeutet: Wird die Mobilität für einige Menschen in der Stadt eingeschränkt, könnte dies die Kaufkraft senken. Aber auch Folgeschäden, die durch den Individualverkehr entstehen, würden bei einer Einstellung wieder steigen.
Nils Hilger: „Traut sich keiner, das wieder zu begraben“
„Ich möchte eine Lanze brechen, dass Schwarzenbek nicht wieder die einzige Stadt im Kreis ohne Stadtbusverkehr wird“, sagt Yomi. Dass eine Einstellung vermieden werden soll, ließen auch die Rathausfraktionen erkennen. „Ich denke, es traut sich keiner, das wieder zu begraben“, sagt Nils Hilger (SPD). Allerdings müsse er sich noch mal Zeit nehmen, um über die verschiedenen Varianten nachzudenken. Ähnlich äußerte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Dahlke, da die Vorteile des Angebots überwiegen würden. Eduard Klaus, Grünen-Abgeordneter und Vorsitzender des Ausschusses, stellte in den Raum, die Dachflächen des Betriebshofs mit PV-Anlagen auszustatten, um den Fahrbetrieb nachhaltiger und kostengünstiger zu gestalten.
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Klaus gab den Auftrag an die Fraktionen, die Fortführung intern zu diskutieren. Eine Entscheidung ist aber nicht vor dem 27. Juni zu erwarten. Dann findet der nächste Stadtentwicklungsausschuss statt.