Schwarzenbek. Europastädter machen mit beim Pilotprojekt „Gesundheitsort Sportverein“. Wie die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen laufen soll.
„Kein Kind ohne Sport ist unser Anspruch. Das ist aber leider im Augenblick kein Fakt. Das wollen wir ändern“, sagt Florian Leibold, Geschäftsführer des TSV Schwarzenbek. Es fehlt unter anderem an Trainern, aber auch an Räumen. Die Chancen, dass sich die Situation deutlich verbessern könnte, stehen gut. Der Großverein mit rund 3000 Mitgliedern soll der Dreh- und Angelpunkt im Pilotprojekt „Gesundheitsort Sportverein“ werden, das vom Landessportverband (LSV) und seinen Partnern, der AOK NordWest und den Sparkassen in Schleswig-Holstein, initiiert worden ist.
„Der TSV soll die Spinne im Netz werden. Allen Akteuren in der Stadt soll klar werden: Wenn es um Bewegung geht, gibt es den TSV als Ansprechpartner“, so LSV-Geschäftsführer Thomas Niggemann.
Sportverein: TSV Schwarzenbek möchte Kinder in Bewegung bringen
Den Auftakt machte die Veranstaltung „Schwarzenbek, wie geht es deinen Kindern?“ im November im Festsaal des Rathauses. Gut 70 Akteure aus der Jugendarbeit – von der Stadtbücherei über Kitas, Schulen und Jugendpflege bis hin zur Schulsozialarbeit kamen. Die rege Teilnahme und die engagierte Ideensammlung überzeugte den LSV, sodass Schwarzenbek jetzt den Zuschlag bekam, als eine der vier Pilotstädte mitzuarbeiten.
Neben dem Verein aus der Europastadt sind auch die Halstenbeker Turnerschaft, der TSV Büsum und MTV Gelting 08 mit dabei. Wichtig war dafür auch, dass die Sportvereine hauptamtlich geführt werden, damit eine kontinuierliche Koordination der Aktivitäten gewährleistet ist.
Alle Vereine und Institutionen sollen miteinander ins Gespräch kommen
Schon jetzt hat es ein erstes Arbeitstreffen mit den Akteuren in Schwarzenbek im Gymnasium gegeben. „Wir haben ein Netzwerk aufgebaut. Das ist Grundlage dafür, dass alle Vereine und Institutionen miteinander ins Gespräch kommen und ihre Aktivitäten koordinieren und gemeinsam Projekte entwickeln können“, so TSV-Geschäftsführerin Mareike Neuber. Ein Problem: Aktuell kann gar nicht allen Kindern ein Angebot gemacht werden, da es an Trainern und Hallenkapazitäten mangelt.
Kooperationen sollen auch dazu führen, dass Anbieter über den „Tellerrand blicken“ und ihre Aktionen weiteren Interessenten unterbreiten. „Think big“ lautet die Devise, so Leibold. Ein Beispiel, das beim ersten Arbeitstreffen aufkam, ist ein Projekt zur Nutzung von Facebook & Co. im Gymnasium. „Das ist auch für andere Schulen oder sogar Kindergartenkinder interessant. Deshalb überlegen wir jetzt, wie man das einer breiteren Interessentengruppe zugänglich machen könnte“, so Leibold.
Kooperationspartner sollen Angebote größer denken
Und LSV-Pressesprecher Stefan Arlt ergänzt: „Durch den Auf- und Ausbau des Gesundheitsnetzwerkes werden wichtige Grundsteine für eine verbesserte Nutzung der Sport- und Bewegungsangebote im Bereich der Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation gelegt.“
Ein erstes konkretes Projekt wird eine Aktionswoche für Flüchtlingskinder aus den DaZ-Klassen (Deutsch als Zweitsprache) sein. „Es hat sich herausgestellt, dass sich viele Flüchtlinge im deutschen Vereinswesen nicht zurechtfinden und die Schwelle beim TSV hoch ist, die Angebote zu nutzen. Deshalb werden wir mit den FSJlern eine Projektwoche anbieten, bei denen junge Flüchtlinge die verschiedenen Sportangebote ausprobieren können und ihnen helfen, diese auch im Verein zu nutzen“, so Leibold.
Netzwerk trifft sich reihum und plant gemeinsam neue Angebote
Überhaupt werden die FSJler (Freiwilliges Soziales Jahr im Sport) eine wichtige Rolle bei den künftigen Angeboten für Kinder über die reine Vereinstätigkeit hinaus spielen. „Aktuell haben wir drei FSJler und suchen neue Freiwillige, die im Sommer bei uns anfangen. Unser Ziel ist es, wieder drei junge Menschen zu finden, die sich für ein Jahr im Sport engagieren wollen“, so Leibold.
Arbeitstreffen soll es mindestens einmal im Quartal reihum geben. Das nächste ist auch bereits für Anfang April im Familienzentrum St. Elisabeth am Verbrüderungsring geplant. „Wir unterstützen den TSV finanziell zunächst pauschal mit 2500 Euro für Catering, Büromaterial und andere Kosten, die bei der Organisation von Treffen und bei der Bewerbung von Veranstaltungen auftreten. Wir geben aber auch Zuschüsse für neue Kursangebote oder dafür erforderliche Übungsleiter“, so Thomas Niggemann über die Rolle des LSV bei der Aktion „Gesundheitsort Sportverein“.
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Florian Leibold und Mareike Neuber hoffen aber auch, über das Netzwerk wieder mehr Eltern motivieren zu können, sich für die sportlichen Aktivitäten ihrer Kinder zu engagieren. „Wir merken, dass sich Eltern zunehmend zurückziehen, wenn es darum geht, Kinder zu Wettkämpfen zu fahren, am Spielfeldrand Kuchen zu verkaufen oder auch selbst als Trainer aktiv zu werden“, so Mareike Neuber. Viele Probleme wären geringer, wenn sich Eltern stärker ehrenamtlich engagieren würden, fügt Leibold hinzu.
Ziel ist es, Kinder verstärkt in Bewegung zu bringen
Denn gemeinsames Ziel aller Beteiligten ist es, Kinder verstärkt in Bewegung zu bringen. Mit 19,9 Prozent (Stand 2021) hat Schwarzenbek den größten Anteil an Kindern in Schleswig-Holstein. Aber nur 34 Prozent von ihnen werden mit Sportangeboten erreicht. „In der Gesellschaft, bei den Akteuren im Gesundheitssystem und in den Arbeitswelten wird das Potenzial der Sportvereine als lokale qualifizierte Ansprechpartner für Gesundheit durch Bewegung bisher nicht ausreichend wahrgenommen“, so Niggemann.