Dassendorf. Auch ohne Martin Harnik bot der Fußball-Oberligist eine überzeugende Leistung. Allen voran Doppel-Torschütze Sven Möller.
Erst rund 20 Minuten vor Beginn des Oberliga-Spitzenspiels seiner TuS Dassendorf gegen TuRa Harksheide traf Martin Harnik, Kapitän des Hamburger Vizemeisters, auf der Sportanlage am Wendelweg ein. Und das nicht in Fußball-Bekleidung, sondern in zivil. „Wer soll denn jetzt die Tore schießen?“, fragte eine weibliche TuS-Anhängerin den langjährigen Bundesliga-Profi beinahe entsetzt, als der 36-Jährige über den Parkplatz vor dem Eingang zum Stadion ging. „Das machen die Jungs schon“, antwortete der 68-malige österreichische Nationalspieler zuversichtlich.
Wegen eines grippalen Infekts konnte Harnik gegen die Nordersteder nicht mitwirken. Das bot ihm immerhin die Gelegenheit, seinen Kumpel „Kalle“ mitzubringen. Der ist acht Monate alt, hat vier Beine und schaut „Hanno“, wie der Stürmer gerufen wird, so herzzerreißend treu in die Augen, dass man praktisch gar nicht anders kann, als sich auch sofort in den Labrador-Mischling zu verlieben. Und über Fußball-Sachverstand scheint der knuffige „Kalle“ auch noch zu verfügen.
Auch ohne Harnik: TuS Dassendorf vor dem Tor kalt wie eine Hundeschnauze
Denn als es um die TuS zu Beginn des zweiten Abschnitts bei einem 0:1-Rückstand und zudem in Unterzahl gar nicht gut stand, schlüpfte der Harniksche Hund durch eine Lücke neben einer Werbebande und saß plötzlich direkt neben der Auswechselbank der Hausherren. Einen wie ihn, der Biss hat, hätte das Team von Coach Thomas Seeliger zu diesem Zeitpunkt wahrlich gut gebrauchen können – auch wenn „Kalle“ eigentlich nicht so ausschaut, als wenn er auch nur einer Fliege etwas zuleide tun könnte.
Herrchen Harnik beorderte seinen Vierbeiner rasch zurück hinter die Bande. Ohne den Führenden der Oberliga-Torjägerliste lief beim 2:2 gegen die Nordersteder aus dem Spiel heraus nicht viel bei der TuS zusammen. Aber – und das dürfte auch „Kalle“ vielleicht erfreut zur Kenntnis genommen haben – war Sven Möller zweimal vom Elfmeterpunkt kalt wie eine Hundeschnauze. Zwei verwandelte Strafstöße retteten Dassendorf jedenfalls am Ende beim 2:2 einen Punktgewinn.
In Unterzahl rettet die TuS Dassendorf im Spitzenspiel ein Unentschieden
„Ich muss meiner Mannschaft Respekt dafür zollen, dass wir 70 Minuten lang in Unterzahl gespielt und zwei Rückstände egalisiert haben. Die Jungs haben alles reingehauen. Und ich finde auch, dass sie sich am Ende den Punkt verdient haben“, resümierte Seeliger nach einer Partie, in der seine Elf nach einer Notbremse von Lennard Sowah gegen Lenny Kufrin (17.) früh nur noch zu zehnt auf dem Platz war.
Gegen sehr giftige (aber nicht unfaire) und im Zweikampf griffige Gäste taten sich die Hausherren fortan sehr schwer, Torchancen zu kreieren. Harksheide lief die Seeliger-Elf sehr früh an und machte die Räume geschickt zu. Vor der Pause fand die TuS, die neben Harnik in Abwehrchef Maximilian Ahlschwede (berufsbedingt) und Zhi-Gin Lam (verletzt) auf weitere Ex-Profis verzichten musste, keine spielerischen Mittel, um die Gäste in Bedrängnis bringen zu können.
Harksheides Top-Torjäger Yannick Fischer trifft zur Pausenführung für die Gäste
Und es kam noch schlimmer: Nachdem der frühere Lohbrügger Clifford Aniteye einen Zweikampf gegen Len Aike Strömer gewonnen hatte, schaltete TuRa blitzschnell um und brachte Yannick Fischer, mit zehn Treffern Harksheides Top-Torjäger, in Position. Der überwand TuS-Keeper Christian Gruhne mit einem Flachschuss zur Gäste-Führung (45.+1).
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Während Harnik in der Halbzeit eine Runde mit „Kalle“ um den Sportplatz drehte, ermutigte Seeliger sein Team in der Kabine, mutiger und zielstrebiger nach vorn zu agieren. Und die TuS spielte nach dem Wiederanpfiff auch mit mehr Überzeugung und Tempo als zuvor. Der Lohn dafür ließ nicht lange auf sich warten: Nach einem Foul von Jannick Lütjens an Rinik Carolus gab es Elfmeter, den Möller sicher zum Ausgleich verwandelte (50.).
Zwei Elfmeter retten der TuS Dassendorf das 2:2-Unentschieden
Hernach wollten die Gastgeber mehr – und liefen in einen Konter, den Jan-Philip Hartmann zur abermaligen TuRa-Führung verwandelte (65.). Anschließend bediente sich Dassendorf auf tiefem Boden nahezu ausschließlich des Stilmittels der langen Bälle. Immer wieder wurde der in der 60. Minute für Hendrik Dettmann eingewechselte Oliver Doege gesucht. Dessen Aufgabe war es, die Flanken zu verlängern beziehungsweise abzulegen.
Bis kurz vor Ultimo verpufften diese Angriffsversuche wirkungslos. Dann fand der ebenfalls eingewechselte Ashton Götz mit viel Willen und Tempo einen Weg durch den Harksheider Abwehrverbund und konnte von Keeper Niklas Grünitz nur noch durch ein Foul gestoppt werden. Den fälligen Elfmeter verwandelte Möller mit einem Chip-Ball in die Mitte des Tores zum Ausgleich (88.).
Manchmal ist auch eine halbe Portion schon eine volle Mahlzeit
Kurz darauf hätte es eigentlich noch einen weiteren Strafstoß geben können – oder sogar müssen – als Grünitz Len Aike Strömer im Strafraum mit unlauteren Mitteln am Abschluss hinderte. „Für mich war es ein Elfmeter. Aber es hilft kein Lamentieren, wir müssen daran arbeiten, dass wir die Gegentore nicht so einfach bekommen“, sagte Coach Seeliger und stellte damit das große Ganze in den Vordergrund. Recht hatte der Fußballlehrer. Denn das Remis war fraglos leistungsgerecht. Und manchmal muss man eben auch mit einer „halben Portion“ zufrieden sein. Wer wüsste das besser als „Kalle“, der sich seinen Napf im Hause Harnik mit drei weiteren Hunden teilen muss.
TuS Dassendorf: Gruhne – Büyüksakarya, K. Carolus, Sowah, R. Carolus (77. Kleine) – Dettmann (60. Brown), Kurt, Strömer , Möller – Kurczynski (60. Doege), Maggio (28. Götz)