Kirchwerder. Elfmeter, drei Platzverweise. Zwischen dem SC Vier- und Marschlande und dem SV Altengamme ging es in der Fußball-Landesliga hoch her.
Jona Schlag hatte am Freitagabend im Volksparkstadion gerade seinen Platz in der Fankurve des Hamburger SV eingenommen und fieberte der Partie gegen Hannover 96 entgegen, da klingelte sein Handy. Denis Schlufter, Trainer des Fußball-Landesligisten SC Vier- und Marschlande, war dran. „Du spielst morgen!“, teilte Schlufter seinem erst 18-Jährigen Torwart mit. Ausgerechnet im Prestigeduell gegen den Nachbarn SV Altengamme sollte der Youngster ran, der in dieser Saison bislang erst fünf Partien bestritten hatte. „Mein erstes Derby!“, freute sich Schlag, und fortan konnte dem 18-Jährigen nichts mehr den Abend verderben. Noch nicht einmal die 3:4-Niederlage des HSV.
Schlufter und sein Trainerteam sollten ihre Entscheidung nicht bereuen. Dass der SCVM dem Nachbarn wie schon im Hinspiel in Unterzahl ein 2:2-Unentschieden abtrotzte, hatten die Vier- und Marschländer sehr stark ihrem jungen Torwart zu verdanken, der in der 54. Spielminute einen Elfmeter von Florian Rogge parierte. „Ich hatte mich erinnert, dass er zuvor bei einem Freistoß schon einmal die linke Seite anvisiert hatte“, schilderte Schlag die entscheidende Szene. „Da habe ich mir gedacht: Das ist ein ganz erfahrener Spieler, das versucht er bestimmt noch mal.“ Der 26-jährige Rogge, der 149 Oberliga-Spiele für den SV Curslack-Neuengamme bestritten hat, versuchte es tatsächlich noch mal.
18-jähriger Torwart Jona Schlag wird zum Helden beim Vierländer Derby
Dank der Glanztat von Jona Schlag hielten die Vier- und Marschländer trotz Unterzahl bis in die Schlussphase hinein eine 2:1-Führung. Dann aber hatten die Hausherren Pech. Verteidiger Lenny Mydlach vermutete seinen Keeper bei einem Rückpass dort, wo er nicht war. Unaufhaltsam trudelte der Ball zum 2:2-Endstand ins Tor (83.). „Das war einfach ein Abstimmungsproblem. So etwas passiert im Spiel halt mal“, kommentierte Schlag die Szene. „Das ist natürlich bitter für uns, aber ich denke, das 2:2 ist letztlich ein gerechtes Ergebnis.“
Womit der 18-Jährige ein feines Gespür für den Spielverlauf bewies. Denn in der Tat ging dieses 2:2 vor 170 Zuschauern vollkommen in Ordnung. Der SCVM erwischte den besseren Start und ging durch einen fulminanten Volleyschuss von Leon Kahl rechts oben in den Winkel mit 1:0 in Führung (18.). Die Gäste hatten weiter große Probleme in der Defensive, was Yanneck Schlufter per Flachschuss zum 2:0 ausnutzte (33.).
SV Altengamme trifft praktisch mit dem Halbzeitpfiff
Und wer weiß, wie diese Partie gelaufen wäre, wenn es der SCVM geschafft hätte, dieses 2:0 in die Pause zu bringen. Doch praktisch mit dem Halbzeitpfiff kam Altengamme zum Anschlusstreffer, als die Gäste endlich einmal konsequent ihre große Stärke – die Schnelligkeit – ausspielten. Philip Alpen zog auf der linken Seite auf und davon. Seine Flanke drückte der dieses Mal als Mittelstürmer aufgebotene Spielmacher Jonas Buck zum 1:2 über die Linie (45.+1).
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Nach der Pause drohte die nun zusehends turbulent werdende Partie vollends zu kippen. Nach einem Querschläger war der zweite Altengammer Flügelflitzer, Jesper Garbers, frei durch, scheiterte aber an dem glänzend reagierenden Jona Schlag. Der Nachschuss von Buck prallte an den Pfosten (54.).
Drei Platzverweise in einer immer turbulenter werdenden Partie
Doch etwas war für Schiedsrichter Schams Golzari nicht mit rechten Dingen zugegangen. Joshua Czech soll Garbers beim Schussversuch von hinten gefoult haben. Als die Szene also ohne Torerfolg abgelaufen war, unterbrach Golzari das Spiel, entschied auf Strafstoß für Altengamme und Rot für Czech. „Was ist denn das?“, ärgerte sich der SCVM-Verteidiger, als er Richtung Kabine stapfte. „Ich habe ihn doch noch nicht mal geschubst.“ Es war der erste von drei Platzverweisen. In der Folge sahen Altengammes Erik Wegner (wiederholtes Foulspiel/57.) und SCVM-Verteidiger Daniel Grimling (Foul/Meckern/72.) jeweils noch Gelb-Rot.
Der Elfmeter war natürlich die Riesenchance, die Wende einzuleiten. Doch Schlags Parade reparierte aus Sicht der Hausherren die Sache. Der 18-Jährige ist bei der TuS Dassendorf groß geworden, spielte in der A-Jugend dann in der Spielgemeinschaft vom VfL Grünhof-Tesperhude und SCVM. Im Sommer wechselte er zu den 1. Herren der Vier- und Marschländer. „Der damalige Sportchef Thorsten Beyer hatte gesagt, dass er auf junge Spieler setzen wollte“, schildert Schlag.
Der Held des Spiels bleibt auch kommende Saison beim SCVM
Beyer, der Entdecker von Martin Harnik und Max Kruse, hat den SCVM mittlerweile nach persönlichen Differenzen mit dem Vorstand verlassen. So bekam er nicht mehr mit, wie seine Entscheidung von damals nun Früchte trug. Im Oktober beginnt Jona Schlag an der Uni Hamburg ein Studium der Politikwissenschaften. Er wird der Stadt und damit auch dem SC Vier- und Marschlande also über den Sommer hinaus erhalten bleiben.
Am Ende wussten seine Teamkollegen, bei wem sie sich für den so wichtigen Punktgewinn zu bedanken hatten. „Niemand verwandelt am Zollenspieker einen Elfmeter“, sagte Verteidiger Jan Kohlepp hinterher stolz. „Das ist einfach so.“ Nur zu gerne wird Youngster Jona Schlag auch künftig dafür sorgen, dass das so bleibt.