Ratzeburg. Die hohe Zahl der Zuwanderer sei die zentrale politische Herausforderung, so Kubicki in Ratzeburg. Warum er gegen ein AfD-Verbot ist.
Die hohe Zahl der Flüchtlinge ist das große Problem, das in diesem Jahr gelöst werden muss. In diesem Punkt ist sich FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki sicher. „Das Mengenproblem bei der Zuwanderung ist die zentrale Herausforderung dieses Jahres“, sagte der Liberale am Sonntag, 14. Januar, beim Dreikönigstreffen der FDP im Ratzeburger Burgtheater. Gut 140 Besucher aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft hatten es sich in den plüschigen, rot gepolsterten Sitzen des großen Kinosaals bequem gemacht und lauschten den Botschaften von Kubicki, dem Landtagspolitiker Christopher Vogt und dem Ratzeburger FDP-Fraktionschef Nicolas Reuß. Mahnende Worte fand aber auch Kreisbauernpräsident Johannes Langhans, der als Gastredner geladen war.
Die hohe Zuwanderung und eine allgemeine Überforderung der Gesellschaft durch steigende Kosten, Inflation und andere Probleme hat Kubicki auch als Grund für die Abwanderung vieler Wähler insbesondere in Richtung der AfD ausgemacht. „Die Abwanderung aus der demokratischen Mitte ist so stark, weil wir in der Regierung so schlecht sind. Die aktuelle Verbotsdiskussion ist falsch, wir müssen einfach besser werden und können nicht anderen die Schuld geben“, plädierte der Kieler Rechtsanwalt gegen ein Verbotsverfahren gegen die in Teilen rechtsextreme AfD.
Kubicki: Regierungsparteien machen schlechte Politik
Dazu gehöre auch, die Migrationsfrage offen und ehrlich zu diskutieren, forderte Kubicki. Es müsse verhindert werden, dass Parallelgesellschaften entstünden, wenn in einigen Stadtvierteln ein extrem hoher Ausländeranteil entstehe oder Schulklassen zu 80 Prozent aus ausländischen Kindern bestünden, so Kubicki weiter.
Sein Parteifreund Christopher Vogt hält in diesem Punkt Bildung und Sprachförderung für ein wichtiges Konzept. „Wir sind ohnehin bei der Pisa-Studie weit abgeschlagen. 20 bis 30 Prozent der Schüler erfüllen Mindeststandards bei der Lese- und Schreibkompetenz nicht mehr. Das Problem verschärft sich, wenn viele nicht richtig Deutsch können“, sagte der Landtagspolitiker. Es sei wichtig, bei viereinhalbjährigen Kindern mit Migrationshintergrund einen Sprachtest zu machen. „Dann haben wir ausreichend Zeit, mit Sprachkursen gezielt gegenzusteuern, damit alle Kinder bei der Einschulung auch Deutsch können“, so Vogt.
Kreisbauernpräsident Johannes Langhans fordert Bürokratieabbau
Ein Problem sieht Kubicki aber auch in der ausufernden Bürokratie und der fehlenden Wertschätzung des Leistungsgedankens. Genau das sind Punkte, die auch Kreisbauernpräsident Johannes Langhans monierte. „Der Streit um die Streichung der Diesel-Subventionen und der Kfz-Steuererleichterungen hat nur das Fass zum Überlaufen gebracht“, betonte der Landwirt. 70-Stunden-Arbeitswochen und eine wachsende Zahl von Formularen und Vorschriften seien das Problem. „Wir wollen freie Unternehmer sein und sehen uns mit einer Regulierungsflut aus Brüssel konfrontiert, die viele wichtige Entwicklungen verhindert oder verzögert“, so Langhans. So werde zum Beispiel das Smartfarming - die Automatisierung von Arbeitsabläufen durch Digitalisierung -, aber auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Optimierung der Tierhaltung durch Bürokratie erschwert.
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Der Streit um die Mineralölsteuererleichterung beim Diesel und die Kfz-Steuer sei nur die Spitze des Eisbergs. Sie ist aber ein Wettbewerbsnachteil. „Die Bauern in den angrenzenden EU-Ländern haben diese Erleichterungen, die hier gestrichen werden soll. Das verzerrt die Konkurrenzsituation“, mahnte Kubicki. Für ein Schmunzeln bei den Besuchern sorgte Langhans mit seiner nicht ganz ernst gemeinten Bemerkung, dass die Mineralölsteuer ja ohnehin zweckgebunden für den Erhalt der Straßen gedacht sei, 90 Prozent des Agrardiesels aber abseits der Straßen auf den Äckern verbraucht werden würden.
Nach der hitzigen Diskussion gab‘s gute Gespräche und eine vegane Suppe im Foyer des Burgtheaters. Und die Erkenntnis: „Ich war noch nie an einem Vormittag im Kino. Das ist mal was ganz Neues“, so das Fazit von Christopher Vogt gegenüber unserer Zeitung.