Schwarzenbek. Da der Berufsschulstandort Mölln wegbrechen könnte, wird es für die Betriebe im Herzogtum immer schwieriger, Fachkräfte zu finden.

In den vergangenen zwei Jahren ist fast alles teurer geworden: der wöchentliche Supermarkteinkauf, ein Besuch im Restaurant und auch der Friseurbesuch. Bisher habe sich jedoch kein einziger Kunde im Salon beschwert, dass Friseure ja immer teurer werden würden, sagt Leila Riewesell. Dennoch weiß die Inhaberin der „Haargalerie LR“ in Schwarzenbek, dass auch bei den Kunden der Unmut wächst. Schließlich sind die Preise über die vergangenen Jahre sukzessive gestiegen. So kostet ein Herren-Trockenschnitt inzwischen 32 Euro. „Gründe gibt es dafür ganz viele“, sagt Riewesell, die den Menschen mit Transparenz begegnen möchte.

„Ein großes Problem ist, dass viele der 80.000 Betriebe in Deutschland noch ihre Corona-Hilfen zurückzahlen müssen“, sagt Riewesell. Das sei zwar möglich, wenn man seriös wirtschaftet, allerdings seien auch heute die Kosten für die Betriebe sehr hoch. Seit dem Angriff Russlands auf die benachbarte Ukraine sind nämlich nicht nur die Strom- und Heizkosten nach oben geklettert, sondern auch viele industrielle Produkte, die Friseure benötigen, teurer geworden. „Bei uns sind das vor allem Farben“, sagt sie. Um rund zehn Prozent habe sie die Preise erhöhen müssen – die Inflation sei damit aber nicht gedeckt.

Kunden kommen immer seltener

Leila Riewesell hätte sich auch für Friseure ein Entgegenkommen der Politik gewünscht. „Restaurants mussten lange keine Mehrwertsteuer zahlen. Ich hätte es gut gefunden, wenn auch Friseure nur sieben Prozent abgeben müssten.“ Leidtragende seien nämlich nicht nur die Inhaberinnen und Inhaber der Salons, sondern am Ende auch die Kunden. Die, die wenig Geld zur Verfügung haben, würden auch nicht mehr so häufig zum Friseur gehen. „Ich merke deutlich, dass der Abstand zwischen zwei Besuchen immer größer wird. Die Leute können das einfach nicht mehr bezahlen, sagt sie.“

Groß an der Preisspirale schrauben könne sie aber nicht mehr, betont Leila Riewesell. Für Friseure gilt eine recht einfache Faustregel, erklärt sie. „Für jede Minute, die der Kunde auf dem Stuhl sitzt, müsste ich einen Euro nehmen.“ Herren, die 32 Euro zahlen, müssten demnach nach 32 Minuten den Laden mit geschnittenen Haaren wieder verlassen, damit das Geschäft rentabel ist. Doch diese Rechnung können die Inhaberin und ihre Angestellten kaum einhalten. Herrenhaarschnitte würden in der Regel 45 Minuten brauchen. Bei Damen sei der Unterschied zwischen Soll und der tatsächlich benötigten Zeit noch größer. Anders sei es mit ansprechender Qualität nicht vereinbar.

Ausbildung wird neu strukturiert

Alle finanziellen Probleme seien noch zu bewältigen, betont Leila Riewesell. Doch mit Blick auf die Personalsituation der Branche stellt sich für viele Inhaberinnen und Inhaber die Frage, vor welcher Zukunft das Friseurhandwerk steht. „Wie überall gibt es natürlich auch bei uns Fachkräftemangel“, weiß die Inhaberin des Schwarzenbeker Salons. Da aber auch die Zahl der Auszubildenden auf einem historischen Tiefpunkt ist, sei auch keine Besserung in Sicht. „Im ersten Ausbildungsjahr beim BBZ in Mölln haben wir dieses Jahr noch vier Auszubildende im Kreisgebiet“, berichtet Riewesell. Vor gar nicht allzu langer Zeit habe das noch anders ausgesehen: Um die Jahrtausendwende saßen rund 25 statt vier Auszubildende in einem Klassenraum. Ihre letzte Auszubildende hat Riewesell vor drei Jahren verabschiedet. Dabei sei das Handwerk deutlich attraktiver, als viele Menschen glauben.

Als Obermeisterin der Friseurinnung im Kreis Herzogtum Lauenburg steht sie im engen Austausch mit dem Berufsbildungszentrum. Gemeinsam führen Innung und BBZ nun ein sogenanntes Berufsgrundbildungsjahr ein, das parallel zur klassischen Ausbildung läuft. Wie Ulrich Keller, Schulleiter des BBZ Mölln, erklärt, habe dies in anderen Berufen Erfolge gebracht. „Bei den Malern ist es uns durch das Berufsgrundbildungsjahr gelungen, die Auszubildendenzahlen zu stabilisieren“, sagt Keller. Attraktiv sei dieser Ausbildungsweg, da die Schülerinnen und Schüler ein komplettes Jahr in der Schule verbringen und dort basale Fähigkeiten für das Handwerk erlernen. „Damit steigt für die Betriebe die Attraktivität, eine Ausbildung anzubieten“, meint er. Da nämlich die Auszubildenden einen Anschlussvertrag für das zweite Lehrjahr mitbringen müssen, sei so gesichert, dass in einem gewissen Maße selbstständig in die Betriebe einsteigen können.

Berufsschulstandort in Mölln in Gefahr?

Dass sich die Zahl der jungen Menschen, die eine Friseurausbildung machen wollen, stabilisieren, ist für den Schulstandort Mölln zwingend notwendig. Für jede Fachrichtung stehe Schulen ein gewisses Budget zur Verfügung, um Lehrinhalte anbieten zu können, erklärt Schulleiter Ulrich Keller. Damit aber die Kosten-Nutzen-Rechnung aufgeht, müssten rund 20 Auszubildende beschult werden. Sollte eine Schule diese Zahl nicht erreichen, sei nicht sicher, ob der Unterricht fortgeführt werden könne.

Und was passiert, wenn sich nicht mehr Menschen aus dem Kreisgebiet für eine Friseurausbildung entscheiden? Dann könnte es sein, dass die schulische Ausbildung zentralisiert wird an Bezirks- oder Landesausbildungsstätten. Für die Betriebe würde dies bedeuten, dass das Ausbilden von Nachwuchskräften weniger attraktiv wäre, da sich die Angestellten einen Großteil des Tages auf dem Weg zur und von der Schule befinden und weniger Zeit im Betrieb verbringen.

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Dass es durchaus Hoffnung für die Branche gibt, sieht Leila Riewesell an den vielen Barbershops, die in den vergangenen Jahren eröffnet haben – und zu denen sie trotzdem ein zwiespältiges Verhältnis hat. In den Shops würden viele junge Männer arbeiten, die aus anderen Ländern geflohen sind. Nachwuchskräfte gibt es also. Gleichzeitig verfolgen viele der Geschäfte eine andere Preispolitik als Friseursalons. „Ich wundere mich schon, wie die das machen“, sagt Riewesell. „Rentabel kann das eigentlich nicht sein.“

Für Leila Riewesell, die ihr Geschäft seit 2007 selbstständig betreibt, haben die Salons auch einen sozialen Stellenwert. Dabei freue sie besonders, wenn junge Erwachsene auch noch zu ihr kommen, wenn sie längst weggezogen sind. Doch ob mittelständische Betriebe eine Zukunft haben, ist sie sich nicht sicher. „Ich glaube, dass vor allem ganz kleine und ganz große Unternehmen überleben können“, sagt sie.