Geesthacht. Seit 60 Jahren gibt es bereits eine Gaststätte in der Oberstadt. Nun steht das Restaurant „Adria“ in Geesthacht zum Verkauf.
Im Restaurant „Adria“ brummt es am ersten Tag nach dem Weihnachtsurlaub. Obwohl es ein Wochentag ist, sind neun Tische am frühen Abend besetzt und immer weitere Gäste betreten das Lokal in der Geesthachter Oberstadt. Über zu wenig Kundschaft können sich die Inhaber der Gaststätte an der Hansastraße 62 nicht beklagen. Und doch soll in absehbarer Zeit Schluss sein. Das Adria steht zum Verkauf. Bis der abgewickelt ist, geht der Betrieb allerdings ganz normal weiter.
Die überall steigenden Kosten und die Rückkehr zur 19-prozentigen Mehrwehrsteuer auf Speisen und Getränke sind aber nur eine Erklärung, warum ein weiteres Traditionslokal von der Bildfläche verschwindet. „Es hat mehrere Gründe“, räumt Kellner Fahed Isaak ein. Die vergangenen Jahre mit Corona seien Gift für die Gastronomie gewesen, gutes Personal sei immer schwerer zu finden und auch die „heftigen Steuern“ (Fahed Isaak) spielten eine Rolle. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt: „Meine Eltern sind jetzt im Rentenalter und wollen kürzertreten“, sagt Fahed Isaak.
Restaurant „Adria“ in Geesthacht steht zum Verkauf
Das „Adria“ ist noch ein echter Familienbetrieb. Zum Team gehören Vater Adil, Mama Naima und Schwester Naual Alkes-Youssef. Ihr Mann Fidel Alkes-Youssef ist der Inhaber und Koch. „Der zweite Teil meines Nachnamens wird Josef ausgesprochen. Wir sind aramäische Christen, kommen ursprünglich aus Syrien. Mein Nachname heißt übersetzt Priester Josef“, erklärt der Koch. Viele Jahre komplettierte Faheds vor ein paar Jahren ausgeschiedener Onkel Gabriel Deger das Team.
Jens und Silke Petersen kommen nach eigenen Angaben immer mal wieder hierher zum Essen oder um eine Bestellung abzuholen. Heute feiern sie den 88. Geburtstag der Mutter. „Gute Küche, Service, Gastfreundschaft – das passt hier zusammen“, sagt Jens Petersen. „Die Stammkunden erarbeitet man sich mit den Jahren“, so Fahed Isaak, der mit jedem Gast für einen kurzen Plausch zu haben ist. Ein Ehepaar komme sogar jeden Freitag aus Bad Schwartau nach Geesthacht. „Sie haben immer den gleichen Tisch und fast immer das gleiche Essen. Wenn sie mal nicht kommen, weil sie im Urlaub sind oder so, sagen sie immer bei uns ab“, berichtet Koch Fidel Alkes-Youssef.
Seit 25 Jahren ist das „Adria“ ein Familienbetrieb
Im Juni 1999, also vor fast 25 Jahren, hat er das „Adria“ von seinem Vorgänger Anton Jurczak übernommen und auch den Namen beibehalten. Eine Gaststätte an der Adresse gibt es bereits seit 60 Jahren. Am 10. Dezember 1963 eröffneten Anni und Karl Borgström hier den „Treffpunkt“, der damals die 58. Gaststätte in Geesthacht war, wie unsere Zeitung seinerzeit berichtete. „Die Frau war bei uns mal bei einer Weihnachtsfeier essen. Da hat sie einen alten Zeitungsartikel von damals mitgebracht“, sagt Fahed Isaak.
Wie es danach genau weiter ging, das wissen die heutigen Betreiber nur grob. „Es hat noch einen weiteren deutschen Besitzer gegeben. Ich meine, der Laden hieß dann ,Astra-Pott‘ oder so ähnlich“, sagt Isaak. Auch der Heimatbund und Geschichtsverein konnte auf Nachfrage nicht zur Aufklärung beitragen. Klar ist: Danach wurde das Lokal, wahrscheinlich 1980, in „Jugoslavia“ umbenannt. Anton Jurczak übernahm dann 1988 und taufte es in den Wirren des Jugoslawien-Krieges Anfang der 1990er-Jahre in „Adria“ um.
Trotz Mehrwertsteuererhöhung: Preise für Essen bleiben stabil
Fidel Alkes-Youssef kam nach seinem Militärdienst in Schweden nach Geesthacht, arbeitete zehn Monate in der Küche und übernahm dann den Laden. Neu gebaut hat er die Gartenterrasse und tauschte auch die Fenster aus. Ansonsten sieht es auf der 209 Quadratmeter großen Gastronomiefläche aus wie immer. Aufgemalt an der Wand sind Motive, die Christoffer Suhr nachgeahmt sind, der um 1800 Bilder von deutschen Berufen geschaffen hatte. Auch die alten Holztische und Bänke sind noch da und sorgen für urige Atmosphäre.
Ein volles Haus und viele parkende Autos vor der Haustür, die auf Kundschaft hindeuten, sind jedoch nicht alles. Denn auch wenn das Geld nicht der einzige Faktor sei, die gestiegenen Kosten seien heute schon eine Herausforderung für Gastronomen. „Früher haben Servietten 6 Euro gekostet, jetzt sind es 13 Euro. Früher habe ich Fleisch auf dem Schlachthof für 1500 Euro gekauft, heute muss ich für die gleiche Menge 2000 Euro bezahlen“, zählt Alkes-Youssef auf.
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Die moderaten Preise für verhältnismäßig große Portionen im „Adria“ werden aber trotz 19 Prozent Mehrwertsteuer nicht angehoben. „Die Gäste haben ja dieselben Probleme“, weiß er. Schon jetzt sei es so, dass Gäste, die früher vielleicht zwei- bis dreimal pro Woche gekommen seien, nun nur noch zwei- bis dreimal im Monat essen gehen. Auch der bürokratische Aufwand habe zugenommen.
Das bedeutet: „Ich habe gleich viel zu tun, aber weniger Einkommen. Und ich werde dieses Jahr 50 Jahre alt, habe hohen Blutdruck und möchte weniger Kopfschmerzen haben“, sagt Fidel Alkes-Youssef, der damit Stress meint. Zunächst einmal geht es ja auch wie gewohnt weiter, bis ein Käufer gefunden ist. „Ich habe keine Eile“, sagt der Inhaber. Was danach kommt, das wollen er und sein Schwager auf sich zukommen lassen.