Ratzeburg. Die Bundesregierung will 24 Millionen Euro weniger im Haushalt einplanen. Das betrifft auch Wohlfahrtsverbände aus dem Lauenburgischen.

Die Zahl der Asylanträge, die in den vergangenen beiden Jahren in Deutschland gestellt wurde, ist deutlich höher als in den Vorjahren. Rund 250.000 Formulare gingen allein dieses Jahr bei den Ämtern ein. Um die vielen Menschen integrieren zu können, sind Hilfsangebote von Wohlfahrtsverbänden notwendig. Doch die Bundesregierung plant, Fördergelder für Integrationsangebote drastisch zu kürzen. Für Probst Philip Graffam und Ulf Kassebaum, Leiter des Diakonischen Werks in Ratzeburg, ist das eine Katastrophe.

57 Millionen Euro statt bisher 81 Millionen Euro plant der Bund im kommenden Jahr für Integrationsprogramme im Haushalt ein. „Wir sehen mit großer Sorge und Unverständnis, dass es auf bundespolitischer Ebene Überlegungen gibt, Angebote zur Integration von Menschen, die schlimme Erfahrungen von Flucht und Vertreibung hinter sich haben, zu kürzen“, kritisiert Ulf Kassebaum. Dabei gehe es nicht nur um Maßnahmen für Menschen, die gerade in Deutschland angekommen sind, sondern auch diejenigen, die hier schon länger leben.

Verbände protestieren: Sparen an der Integration ist eine Kathastrope

Auch Träger im Kreis Herzogtum Lauenburg wären von der Einsparmaßnahme betroffen. Dazu gehören Einrichtungen in Ratzeburg, Schwarzenbek, Lauenburg und auch Mölln. Sie unterzeichnen nun gemeinsam eine Petition, um ihren Protest gegen die Kürzung auszudrücken.

„Viele unserer angebotenen Leistungen wären von den Kürzungen betroffen“, sagt Probst Philip Graffam. Dazu würden unter anderem Sprachkurse, medizinische Leistungen und Hilfe bei bürokratischen und sprachlichen Hürden gehören. „Letztlich geht es darum, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, damit die Menschen die Probleme anschließend selbst lösen können“, sagt er. Eben diese Selbstständigkeit sei durch die geplanten Einsparungen in Gefahr.

Kürzungen bringen Hilfe und auch Arbeitsplätze in Gefahr

Doch auch Arbeitsplätze bei den Wohlfahrtsverbänden seien durch die Kürzungen nicht mehr sicher. „Wenn das Geld nicht da ist, können wir auch die Menschen nicht mehr bezahlen“, so Graffam. Dazu gehören unter anderem die sogenannten Respect Coaches, die Geflüchteten kulturelle Werte vermitteln. „Dieses Angebot, aus Bundesmitteln finanziert, soll komplett gestrichen werden. Hier haben wir jährlich etliche Schulklassen mit vielen Hundert Schülern erreicht“, sagt Diakonie-Chef Kassebaum.

Welche Angebote gestrichen werden müssen, sei aktuell noch nicht gänzlich absehbar, sagt Philip Graffam. Erst wenn genau feststeht, wie die Kürzungen aussehen könnten, sei es möglich, hierüber Aussagen zu treffen. Besonders problematisch sei aber auch, wenn die psychosoziale Beratung nicht mehr gefördert wird. „Viele Menschen, die hier ankommen, haben Traumata“, erklärt der Probst. Daher sei es zwingend notwendig, dass diese betreut werden. „Gerade die ältere Generation wird sich daran erinnern, wie es ist zu flüchten und an einem neuen Ort anzukommen.“

Arbeitskräfte für Busverkehr und Pflege wichtig

Dabei sei es nicht für die Menschen, die neu ankommen, sondern auch für die Gesellschaft äußerst wichtig, Integrationsarbeit zu leisten. „Dafür muss man nur auf den Arbeitsmarkt auch im Kreis Herzogtum Lauenburg gucken“, merkt Graffam an. Viele Busunternehmen würden auf Menschen mit Migrationsgeschichte setzen. Wenn diese Menschen durch Sprachbarrieren oder bürokratische Hürden nicht mehr in den Job finden, würde das dann auch die Gesellschaft betreffen. Dabei gehe es nicht nur um den öffentlichen Nahverkehr, sondern auch um Bereiche wie die Pflege.

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Philipp Graffam befürchtet, dass schlechtere Integration auch zu Parallelgesellschaften führen könnte. Dies würde wiederum Bewegungen Vorschub leisten, die Menschen mit Migrationsgeschichte ablehnen.