Lauenburg. Zitronen und mahnende Worte: Bei einer gemeinsamen Aktion von Polizei und Schule mussten sich einige Eltern ganz schön was anhören,

Die Stadt hat alles Mögliche versucht und auch die Polizei ist hier oft im Einsatz – doch gegen die Elterntaxis vor der Weingartenschule scheint kein Kraut gewachsen. Jetzt haben die Streitschlichter der Weingartenschule gezeigt, dass sie so richtig sauer sind über Autofahrer, die vor der Schule zweimal am Tag ein Verkehrschaos verursachen. In Absprache mit der Schulleitung verteilten sie Zitronen an Eltern, die meinten, ihre Sprösslinge fast in den Klassenraum fahren zu müssen.

„Wir sind sauer!“, diesen Satz aus Kindermund hörten an diesem Morgen 55 Autofahrer, die zuvor von Lauenburger Polizeibeamten angehalten wurden. Für vier Fahrzeugführer blieb es nicht bei der Zitrone, sie mussten zusätzlich ein Verwarngeld bezahlen, da sie falsch abgebogen waren oder das Parkverbot missachtet hatten. Schwer zu sagen, was mehr Eindruck machte: die sauren Früchte aus den Händen der Kinder oder die Verwarnung durch die Polizei.

Saure Zeiten für Elterntaxis an der Weingartenschule in Lauenburg

Es war ein Tag wie jeder andere bei Schulbeginn in der Weingartenschule: chaotisch parkende Autos, ein Stopp mitten auf der Straße und nicht wenige Eltern, die meinen, auch vor einer Grundschule rasen zu dürfen – Hauptsache, das Kind kommt noch rechtzeitig zum Unterricht. Viele Mütter und Väter dürften diese Situation noch aus ihrer eigenen Schulzeit kennen. Seit über 20 Jahren wird das Thema in den politischen Gremien der Stadt diskutiert.

Dabei ist es ja nicht so, dass die Stadt nicht schon so einiges unternommen hätte, um Ordnung in die Flotte der sogenannten Elterntaxis zu bringen. Seit vier Jahren sollen mehrere Verengungen auf der Straße in Höhe der Schule Autofahrer bremsen. Vor zwei Jahren wurde der Einmündungsbereich der Straße Reeperbahn und Am Weingarten als sogenannter Kiss-and-ride-Bereich umgebaut. Hier könnten die Eltern ihr Sprösslinge gefahrlos aussteigen und nach dem Unterricht wieder einsteigen lassen. Ginge es nach den Kindern, würden sicher viele von ihnen die letzten Meter allein gehen.

So soll der vordere Bereich der Weingartenschule nach dem Umbau aussehen. Die Parkplätze entfallen komplett.
So soll der vordere Bereich der Weingartenschule nach dem Umbau aussehen. Die Parkplätze entfallen komplett. © Stadt Lauenburg | Stadt Lauenburg

Mit Aktion „Zu Fuß zur Schule“ Ehrgeiz der Kinder wecken

Schließlich haben sie im Unterricht in den vergangenen zwei Wochen viel über das Thema „Zu Fuß zur Schule“ gesprochen. Die Schule selbst hat sich dazu etwas einfallen lassen: Mit einem Stempel im Belohnungskärtchen wurden die Kinder motiviert, ein Stück des Schulwegs ganz ohne Mama oder Papa zu schaffen. In Begleitung von Freundinnen und Freunden macht der Schulweg ja auch viel mehr Spaß, als auf dem Rücksitz im Auto die Welt an sich vorbeiziehen zu sehen.

Die Aktion „Zu Fuß zur Schule“ ist allerdings keine Lauenburger Erfindung. Einmal im Jahr rufen der ökologische Verkehrsclub VCD und das Deutsche Kinderhilfswerk dazu auf. Während die Kinder lernen, Sicherheit im Straßenverkehr zu gewinnen, können Eltern und Lehrkräfte sich davon überzeugen, dass sie sich keine Sorgen um ihre Kinder machen müssen. Begleitet von vielfältigen Aktionen, bieten die zwei Aktionswochen ein umfangreiches Maßnahmenpaket, um das Thema vor Ort zu platzieren.

Architekturbüro arbeitet mit Verkehrsplanern zusammen

Ob die Aktion vor der Weingartenschule eine dauerhafte Verbesserung bringt, bleibt abzuwarten. Bei der bevorstehenden Sanierung der Schule haben die Planer auch die Verkehrssituation im Blick. Nach den Vorstellungen der Architekten könnten die Parkplätze vor der Schule entfallen. Stattdessen soll es vor dem alten Gebäudetrakt einen großen Vorplatz geben, auf dem die Kinder sich vor dem Unterricht mit ihren Mitschülern treffen, ganz ohne von den Eltern bis dorthin gebracht zu werden.

Das hat aber nur einen Sinn, wenn die gesamte Straße in die Überlegungen einbezogen wird. Das Problem: Der Bereich erstreckt sich von der Reeperbahn auf der einen Seite bis zur B 5 auf der anderen Seite. Deshalb hat die Stadt dort nur geringen Spielraum. In Deutschland obliegt die Straßenbaulast für die Bundesstraßen nämlich grundsätzlich dem Bund. Da diese Abstimmung nach bisherigen Erfahrungen eher schleppend verläuft, ziehen die Planer zwei Varianten in Erwägung: Einmal mit Einbeziehung der Bundesstraße und einmal ohne diese Variante. Um mit dem Umbau der Schule eine möglichst effektive Lösung zu erreichen, arbeitetet das beauftragte Architekturbüro mit einem Verkehrsplaner zusammen.

Kurzfristige Lösung nicht in Sicht

Für die Kinder, die jetzt die Weingartenschule besuchen, sind diese Überlegungen ohnehin kaum von Bedeutung. Frühestens im nächsten Jahr beginnen die Arbeiten mit dem Abriss der Bücherei und des benachbarten Wohnblocks. Deshalb hofft Elternvertreterin Esther Stephan, dass die Aktion der Kinder eine nachhaltige Wirkung zeigt. Dies hätte nicht nur einen Sicherheitsaspekt. „Kinder, die zumindest das letzte Stück allein zur Schule gehen, lernen mehr Eigenverantwortung zu übernehmen“, hat sie die Erfahrung gemacht. Deshalb ist sie auch froh, dass die Schule das Thema regelmäßig im Sachkundeunterricht thematisiert.

Psychologen der schwedischen Universität Karlstad haben in einer aktuellen Studie nachgewiesen, dass das Elterntaxi den Kindern richtiggehend schadet. Diese Kinder verlieren die Chance, auf dem Schulweg die Umgebung zu erkunden und mit anderen Kindern zu interagieren. Doch ob aus Bequemlichkeit, Sorge oder Zeitnot: Immer mehr Eltern kutschieren ihre Sprösslinge am liebsten direkt vors Schultor. Diese Erfahrung hat auch Polizeichef Daniel Stephan gemacht. Die Lauenburger Beamten werden deshalb auch in Zukunft vor den Schulen verstärkt kontrollieren.

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Den Schulweg gemeinsam mit dem Kind planen

Doch bei vielen Eltern ist die Unsicherheit groß: Wie weit bringe ich das Kind und ab wann kann es den Weg ganz allein bewältigen? Eine Orientierungshilfe gibt das Onlineportal www.schulwegEngel.de. Die Elterninitiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, Familien mit hilfreichen Tipps auf diesen wichtigen Schritt vorzubereiten. Auch die Kommunen werden in die Pflicht genommen. In einigen Bundesländern sind Schulwegpläne für Grundschulen sogar Pflicht. Dieser sollte den sichersten, nicht unbedingt kürzesten, Fußweg zur Schule zeigen.

Einen digitalen Schulwegplaner gibt es auch auf der Seite www.schulwegcheck.de. Über ein Suchfeld kann die entsprechende Karte der Stadt abgerufen werden. Einig sind sich die Experten beim wichtigsten Tipp für Eltern, die ihr Kind auf den Schulweg vorbereiten möchten: mit gutem Beispiel vorangehen, viel üben und erklären.