Geesthacht. Mit einem 23 Jahre alten Fiat einmal durch Italien: Das klingt nach Dolce Vita, war für zwei Geesthachterinnen aber harte Arbeit.

„Bentornato“ – „Willkommen zurück“, lautet die Übersetzung aus dem Italienischen ins Deutsche. Die Geesthachter Rallye-Schwestern sind zurückgekehrt. Katja Heine-Schulz und Corinna Kunze hatten als Nordic Wild Cats in den ersten Septemberwochen mit ihrem 23 Jahre alten Fiat Doblò an einer Wettfahrt quer durch Italien von den Dolomiten bis nach Sizilien teilgenommen.

Die Rallye war angelegt wie eine große Schnitzeljagd, auf das Tempo kam es nicht an. Die Benutzung von Navi und Autobahn war verboten. Von Etappe zu Etappe warteten an bestimmten Anlaufpunkten Aufgaben. Wie man dorthin kommt, entschied die Kunst des Kartenlesens. Für die Lösung der Aufgabe gab es Punkte.

„Wir schafften 472 Punkte, lagen nur vier Punkte hinter dem dritten Platz und 22 Punkte hinter dem ersten Platz“, berichtet Corinna Kunze. 585 Punkte waren insgesamt zu erreichen gewesen.

Der Fiat Doblò kam in den Bergen an seine Grenzen

An der Steilküste bei Marinella di Palmi gab es eine brenzlige Situation. Der Fiat rutschte Richtung Abhang.
An der Steilküste bei Marinella di Palmi gab es eine brenzlige Situation. Der Fiat rutschte Richtung Abhang. © privat | Privat

Die ersten drei Plätze nach 2416 Rallye-Kilometern in acht Tagen und gut 90 Stunden „on the Road“ gingen allesamt an Männerteams. Insgesamt mit Hin- und Rückfahrt nach Italien waren die beiden über 15 Tage lang 5043 Kilometer unterwegs gewesen. Auch ein E-Auto machte mit. Reichweite: 260 Kilometer. „Die mussten dauernd laden, deshalb haben wir sie immer wieder eingeholt“, erzählt Corinna Kunze.

26 Teams von 120 beim Start gaben unterwegs auf, ihre Autos machten schlapp. Auch der Fiat Doblò, das „Cat Mobil“, mit seinen 65 PS und dem Zelt auf dem Dach kam an den Steigungen an seine Grenzen. „Wir sind mit 20 km/h die Berge hoch. Selbst Rennradfahrer waren schneller. Dreimal mussten wir unterwegs anhalten und die Motorhaube öffnen wegen Überhitzung“, schildert Corinna Kunze.

Das Ziel lag im Norden von Sizilien westlich von Palermo

Geschafft: Die Rallye-Schwestern fahren durch den Zieleinlauf auf der Manostalla-Farm auf Sizilien.
Geschafft: Die Rallye-Schwestern fahren durch den Zieleinlauf auf der Manostalla-Farm auf Sizilien. © privat | Privat

Dass es nicht öfter war, lag an einem Trick, den die Schwestern vor Ort gelernt hatten: „Die Heizung auf volle Pulle stellen, dabei die Fenster ganz herunterkurbeln. Die Heizlüftung zieht aus dem Motor die Abwärme raus“, berichtet Corinna Kunze.

Die Strecke führte von Castelrotto in Südtirol weiter durch das Gebirge der Apenninen nach Rom und bis nach Neapel. Nach der Strecke die Amalfiküste entlang nahmen die Nordic Wild Cats in Villa San Giovanni die Fähre nach Messina auf Sizilien. Das Ziel der Rallye lag im Norden der Insel auf der Farm Manostalla in Partinico westlich von Palermo.

In der Toskana landeten die beiden statt auf der Schinkenfarm im Weinfeld

Katja Heine-Schulz schaut aus dem Fahrerfenster: Als eine der Aufgabe galt es, in der Toskana die Cinta-Senese-Farm mit den berühmten Schweinen zu finden.
Katja Heine-Schulz schaut aus dem Fahrerfenster: Als eine der Aufgabe galt es, in der Toskana die Cinta-Senese-Farm mit den berühmten Schweinen zu finden. © privat | Privat

Nicht jedes Ziel war leicht zu finden. So sollte eine Farm in der Toskana angesteuert werden, auf der ein berühmter Schinken hergestellt wird. „Wir sind da vorher falsch abgebogen, mitten ins Ackerland rein“, erzählt Corinna Kunze. „Der Weg wurde immer enger, meine Schwester musste schließlich die Äste und Büsche zurückbiegen“. Schließlich landeten die beiden mitten in einem Weinfeld. Sie waren kurz vorm Ziel eine Straße zu früh abgebogen..

Corinna Kunze war trotz des Spitzenplatzes mit dem Streckenverlauf der Rallye nicht recht glücklich. Sie war ihr zu wenig abwechslungsreich. „Dass Italien so bergig ist, war mir vorher gar nicht bekannt“, sagt Corinna Kunze. „Wir wurden über den Apennin gescheucht, in engen Serpentinen von links nach rechts durchgeschüttelt“.

Aber sie zeigt Verständnis. Die Rallye wurde vom Superlative Adventure Club zum ersten Mal organisiert, die Teilnahmegebühr betrug 980 Euro. „Die Organisatoren sind für Veränderungen für das nächste Mal nun auf unsere Rückmeldung angewiesen“, erläutert Claudia Kunze.

„Wir haben sämtliche Skigebiete mitgenommen“

Hier wurde es ziemlich kalt: Der Monte Terminillo war mit 2217 Metern der höchste Berg der Route.
Hier wurde es ziemlich kalt: Der Monte Terminillo war mit 2217 Metern der höchste Berg der Route. © privat | Privat

Italien ist für sie auch Sonne, Strand und Meer, die Hügel der Toskana. „Aber da sind wir kaum hingefahren. Stattdessen haben wir sämtliche Skigebiete mitgenommen“, erzählt Corinna Kunze. Nachts wurde es in den Bergen stellenweise so kalt, dass die beiden trotz Heizdecke dick angezogen im Schlafsack in ihrem Zelt lagen. Tagsüber stiegen die Temperaturen dann auf gut 30 Grad.

„Wir haben eine echte Klimaanlage, deshalb haben wir die Hitze gar nicht so richtig mitbekommen“, sagt Corinna Kunze. Wie viel die Anlage zu leisten hatte, sah man dann beim Aussteigen, wenn sich große Lachen an abtropfendem Kondenswasser unter dem Fiat sammelten.

Vor dem Kolosseum hielten die beiden kurzerhand mitten auf der Straße

Gar nicht so einfach im quirligen Rom: Den beiden gelang es, den Fiat vor dem Kolosseum ohne weiteres Auto auf dem Bild zu fotografieren.
Gar nicht so einfach im quirligen Rom: Den beiden gelang es, den Fiat vor dem Kolosseum ohne weiteres Auto auf dem Bild zu fotografieren. © privat | Privat

Da alle Wege bekanntlich nach Rom führen, war es schlichtweg unmöglich, die Hauptstadt auszulassen. In Rom hielt Corinna Kunze vor dem Kolosseum mitten auf der Straße an. „Das können wir doch nicht machen“, sagte ihre Schwester. „Wir sind Rallyefahrerinnen, wir dürfen das“, entgegnete Corinna Kunze.

Die Italiener sahen es offenbar genauso. Das Hupkonzert gegenüber dem mit Startnummer 26 versehen Fiat blieb aus. Corinna Kunze wartete dann so lange, bis ein Foto des antiken Bauwerks gelang, ohne dass ein anderes Auto auf der Straße mit auf dem Bild war.

Fiats unter sich; Für eine Foto-Aufgabe galt es, dass der Fiat Doblò sich von einem einem Fiat 126 abschleppen ließ.
Fiats unter sich; Für eine Foto-Aufgabe galt es, dass der Fiat Doblò sich von einem einem Fiat 126 abschleppen ließ. © privat | Privat

Aber es gab auch brenzlige Momente. So, als Katja Heine-Schulz oberhalb der Steilküste Marinella di Palmi vor einem sechs Meter hohen Felsen, der auf der Straße lag, auf der steilen Straße zurücksetzen wollte und der Wagen kurzfristig nach vorn auf den Abgrund zurollte. „Da stockte uns das Herz“, erzählt Corinna Kunze.

Die Fahrt an der Amalfiküste wurde zum Albtraum

Katja Heine-Schulz und Corinna Kunze (l.) vor dem Fiat an der Amalfiküste. Für die Überwindung der Strecke waren Anti-Panik-Tropfen nötig.
Katja Heine-Schulz und Corinna Kunze (l.) vor dem Fiat an der Amalfiküste. Für die Überwindung der Strecke waren Anti-Panik-Tropfen nötig. © privat | Privat

Ihren persönlichen Albtraum erlebte sie bei der Fahrt entlang der wunderschönen Amalfi-Steilküste.. Sie leidet unter Höhenangst. Die Fahrt dauert gut eine Stunde. „Es geht dort die ganze Zeit neben der Straße so richtig gerade herunter“, erzählt sie. „In den Bergen ist das was anderes, da ist es immer mal rechts oder links eher schräg mit Bäumen und Büschen“.

Sie war vorbereitet: Gegen Panikattacken hatte sie Rescue-Tropfen aus der Apotheke dabei. „Ich trank dann gleich das ganze Fläschchen“, berichtet Corinna Kunze. Derart ruhiggestellt hatte sie keine Probleme. Die Fahrt absolvierte Katja Heine-Schulz , so war es vorher abgesprochen gewesen.

1000 Euro gingen für Tanken, Fähre, Maut und Camping weg

Nun sind die Nordic Wild Cats froh, wieder zu Hause zu sein. An Reisekosten fielen 2400 Euro an zuzüglich rund 1000 Euro für das Tanken und Fähren, Maut, Camping und Verpflegung. Geldpreise zur Minderung des finanziellen Einsatzes gab es nicht. Alle Teams fuhren Spenden ein für einen selbst gewählten Charity-Partner.

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Corinna Kunze hat bereits Rallye-Erfahrung, Katja Heine-Schulz war das erste Mal dabei. Ob das Rallye-Fieber nun auch die Schwester erreicht hat und die beiden gemeinsam vielleicht die Deutschland-Rallye im nächsten Jahr fahren, bleibt unklar. „Abwarten“, sagt Corinna Kunze.

Machen die Rallye-Schwestern als Nordic Wild Cats weiter? Katja Heine-Schulz und Corinna Kunze in den nördlichen Apenninen in der Provinz Parma auf 1579 Meter Höhe.
Machen die Rallye-Schwestern als Nordic Wild Cats weiter? Katja Heine-Schulz und Corinna Kunze in den nördlichen Apenninen in der Provinz Parma auf 1579 Meter Höhe. © privat | Privat