Halstenbek/Hamburg. Neue Abendblatt-Serie „Öko? Logisch!“: Der Halstenbeker Pendler Bernd Haß wagte vor zwei Jahren den Wechsel vom Auto auf die Bahn.

Lange sei er noch mit dem Auto zur Arbeit nach Hamburg-Winterhude gefahren, gibt Bernd Haß (61) aus Halstenbek zu. „Das war bequemer und angenehmer für mich“, sagt der studierte Kulturpädagoge und Betriebswirt, der in Hamburg ein Kulturzentrum leitet. Doch seit Ende 2017 die Busverbindung der Linie 186 zum S-Bahnhof Halstenbek verlängert wurde, sei es damit vorbei.

„Ich fahre jetzt täglich mit der Bahn zur Arbeit“, so Haß. „Es ist blöd, morgens und abends in der Rushhour mit dem Auto im Stau zu stehen. Und ich will aus ökologischer Sicht nicht mehr die Atmosphäre mit CO-2 belasten.“ Er nutze das Auto, einen Kleinwagen, nur noch, wenn es unbedingt sein müsse und er etwas zu transportieren habe.

Mit dem Fahrrad zum Bahnhof Halstenbek

Meist ist Haß aber abgasfrei und klimafreundlich im Berufsverkehr unterwegs. In den Sommermonaten fährt er mit dem Fahrrad zum Bahnhof Halstenbek – es sei denn, es regnet zu stark. „Dann nehme ich den Bus“, sagt Haß, der immer seinen Fahrradhelm am Rucksack hat, seit ihm dieser einmal am Bahnhof gestohlen worden sei.

In aller Frühe gehe er aus dem Haus. Weil er um 8 Uhr im Betrieb sein will, muss er bis 7.15 Uhr in die Bahn einsteigen. „Ich brauche mit Umsteigen gut eine Stunde von Tür zur Tür“, erklärt Haß. 40 Minuten reine Fahrtzeit. Mit dem Auto würde er es im günstigsten Fall ohne viel Verkehr in 25 Minuten von zu Hause zur Arbeit schaffen, im Berufsverkehr wären es 50 Minuten.

In der Bahn genieße er die Zeit zur Muße und zum Nachdenken, erzählt der Berufspendler. „Ich lese, schaue aus dem Fenster, beobachte die Leute“, sagt er. „Das ist viel entspannter als mit dem Auto zu fahren.“ Der Weg zur Arbeit sei für ihn heute das Ziel. Inzwischen gehe er oft auch das letzte Stück von der U-Bahn-Haltestelle zur Arbeit, wenn sich die Bahn verspätet habe und der Bus schon weg sei. Ganz bewusst aus gesundheitlichen Gründen. „Ich bewege mich lieber und möchte jeden Tag 10.000 Schritte zurücklegen“, erklärt Haß.

Strategie sorgt für Abwechslung

Dieses Achten auf das körperliche und seelische Wohlbefinden durch Laufen und Bewegung lässt ihn auch seine tägliche Route beim Bahnfahren flexibel gestalten. So steige er manchmal nicht am Bahnhof Elbgaustraße in die nächste S-Bahn und dann an der Sternschanze in die U-Bahn um, sondern fahre weiter bis Landungsbrücken. „Da laufe ich dann gern die steile Treppe vom Bahnsteig der S3 zur U3 hoch“, erzählt Haß. Abends dann in umgekehrter Richtung. „Da komme ich dann ganz schön aus der Puste. Aber das ist ein guter Start in den Tag oder ich lasse den Tag so ausklingen.“

Zudem sorge diese Strategie für Abwechslung. So genieße er auch den herrlichen Blick über die Elbe, wenn er den vermeintlich längeren Bahnfahrtweg zur Arbeit nehme. Weil er meist morgens sehr früh und abends sehr spät unterwegs sei, wären die Züge auch nicht so voll, weiß Haß. Andererseits gebe es natürlich auch hin und wieder Ärgernisse: unpünktliche Züge, fehlende Sitzplätze.

„Vom Gefühl her wird die S-Bahn immer voller“, ist sein Eindruck. „Das könnten noch Nachwirkungen des gescheiterten Börsengangs der Bahn sein.“ Und wenn der HSV ein Heimspiel hat, gehe ihm in der Bahn das laute Geschrei der Fans schnell auf die Nerven. Er würde den Planern raten: „Pünktlicher sein, die Taktfrequenz verbessern, natürlich bis in die Vorstädte hinaus. Denn allein aus dem Kreis Pinneberg fahren heute fast 70.000 Menschen täglich zur Arbeit nach Hamburg, fast 10.000 mehr als noch vor fünf Jahren. Knapp die Hälfte von ihnen nutzt dafür Bus und Bahn.

"Technologisch ein Dinosaurier"

Auch die Informationen an den Haltestellen könnten besser, schneller und transparenter sein, fordert Haß. „Die Ansagen sind oft schräg und nicht service-orientiert“, bemängelt er. Eine entsprechende App auf einem Smartphone, die ihm die beste Bus- und Bahnverbindung verrat, könne er auf seinem alten Handy nicht installieren. „Da bin ich technologisch ein Dinosaurier.“

Trotzdem könne er sich nicht vorstellen, wieder aufs Auto umzusteigen. In erster Linie wegen des Klimaschutzes. Haß habe sich schon in jungen Jahren für die Mahnungen des „Club of Rome“ interessiert, in denen es heißt, die Umwelt- und Verkehrspolitik zum Klimaschutz unbedingt zu verändern. Außer dem Autofahren vermeide er auch Plastik, was beim Einkaufen „nicht immer einfach“ sei. Zudem seien seine Frau und er „am Hadern, Flugreisen zu machen“, erklärt Haß. Die Billigflüge findet er „skandalös“. Darum reisten sie im Sommer nach Ostfriesland.