Stade. Initiatoren hatten nachhaltig geplant, Umweltschützer klagten dagegen – mit Erfolg. Doch die Hansestadt will sich das nicht gefallen lassen.

  • Es war eine Ankündigung, die das Herz norddeutscher Surf-Fans höher schlagen ließ
  • In Stade unweit von Hamburg sollte 2026 ein Surfpark mit künstlich erzeugten Traumwellen eröffnen
  • Doch nun hat ein Gericht einen Baustopp verfügt – wie geht es also mit dem Großprojekt weiter?

Surf-Fans und Wellenreiter in Norddeutschland müssen noch länger auf den geplanten Surfpark in Stade warten: Das Projekt, dem von einer Ratsmehrheit bereits im Sommer 2022 grünes Licht gegeben wurde, wird sich erneut verzögern.

Der Grund dafür ist der gleiche wie bei vielen Großprojekten in Deutschland: Trotz einer bereits erteilten Baugenehmigung werden von Privatpersonen oder Verbänden Gerichte eingeschaltet und die Vorhaben beklagt – und dadurch manchmal bis in alle Ewigkeit verzögert.

Baustopp für den Surfpark Stade: „Haben größten Wert auf Nachhaltigkeit gelegt“

Auch den Surfgarten in Stade erwischte jetzt dieses Schicksal: Nach einer Klage des BUND gegen das 20-Millionen-Euro-Vorhaben mussten die Bauarbeiten vorerst gestoppt werden. Der Umweltschutzverband und eine Bürgerinitiative kritisieren die aus ihrer Sicht mit dem Surfpark verbundene Ressourcen-Verschwendung und die negativen Auswirkungen des insgesamt dort geplanten Gewerbegebietes auf die umliegende Natur und die Tierwelt.

Gegen diesen Baustopp wehren sich die Hansestadt Stade und die Initiatoren des Surfparks. Aber erst ab dem 2. Oktober wird dieser Widerspruch vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg erstmalig mit einer mündlichen Anhörung verhandelt.

Besucher könnten in Stade auf bis zu 2,40 Meter hohen Wellen reiten

Es wird also noch lange dauern, bis Freizeitsportler und Profis im Stader Surfgarten die große Welle reiten können. Es wäre Deutschlands erster Surfpark in dieser Form. Geplant sind ein großer Surfpool, eine Freizeitanlage, Gastronomie, ein Shop und eine Surf-Schule. Auf einem ehemals landwirtschaftlich genutzten Areal an der Kreisstraße 30 im Süden Stades sollen bis zu 80 Besucher gleichzeitig auf bis zu 2,40 Meter hohen, künstlich erzeugten Wellen surfen können.

Die Simulation zeigt, wie der „Surfgarten“ bei Stade aussehen könnte.
Die Simulation zeigt, wie der „Surfgarten“ bei Stade aussehen könnte. © HA | wavegarden

Das 20.000 Quadratmeter große Surfbecken (entspricht drei Fußballfeldern) biete verschiedene Wellenbedingungen wie am Meer – vom einfachen Wellengang bis zur anspruchsvollen Zwei-Meter-Barre – und ist in vier Bereiche mit unterschiedlichen Bedingungen unterteilt, heißt es in den Planungen. Eigentlich sollte 2026 die erste komplette Sommersaison im Surfgarten Stade stattfinden.

Baustopp und Klage verzögern den Bau des Surfparks

Der erste Spatenstich für den Surfgarten in Stade wurde nach siebenjähriger Planung im vergangenen Dezember vollzogen. Bauherr ist die SPN Projekt GmbH, hinter der die Brüder Jan und Dirk Podbielski aus dem Alten Land stehen.

Bis zum Baustopp wurde mit den ersten Erdbauarbeiten für den Surfpark begonnen. Nun ruhen alle Arbeiten. „Es können keine Bauarbeiten mehr ausgeführt werden, da die Baugenehmigung durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Stade ausgesetzt wurde“, bestätigt Jan Podbielski.

Brüder aus dem Alten Land verstehen Bedenken gegen Surfpark nicht

Die Brüder aus dem Alten Land können die Kritikpunkte des BUND nicht nachvollziehen und sind enttäuscht, dass auch ihr Projekt Opfer einer Verbandsklage wurde, denn sie haben stets ihren Fokus auf Nachhaltigkeit bei der Planung betont. Überrascht sind sie aber nicht: „Da der BUND die Klage im vergangenen Jahr angekündigt hatte, haben wir auch damit gerechnet.

Perfekte Welle im Alten Land: So stellen sich die Planer des „Surfgartens“ ihren Surfspot eines Tages vor.
Perfekte Welle im Alten Land: So stellen sich die Planer des „Surfgartens“ ihren Surfspot eines Tages vor. © Pixelbaustelle.de | Jan Podbielski

Trotzdem sind wir natürlich unzufrieden mit der Situation, da sowohl die Stadt in der Bauleitplanung als auch wir in unserer Projektplanung größten Wert auf das Thema Nachhaltigkeit legen und diverse Maßnahmen geplant wurden, um das Gewerbegebiet und das Projekt nachhaltig zu gestalten“, sagt Jan Podbielski.

Mit dem Surfgarten wollen wir ein authentisches Surf-Erlebnis und eine neuartige Sportanlage für alle schaffen, um einen positiven Beitrag zu leisten.
Jan Podbielski - Initiator Surfpark Stade

Als Projektinitiatoren liege ihm und seinem Bruder das Thema Nachhaltigkeit besonders am Herzen: „Wir arbeiten beide fast unser gesamtes Berufsleben im Bereich der erneuerbaren Energien und sind absolut davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist.“

Investoren wollen authentisches Surf-Erlebnis schaffen

Von Beginn hätten sie sich bei dem Projekt Surfgarten von zwei Grundprinzipien leiten lassen: „Mit dem Surfgarten wollen wir ein authentisches Surf-Erlebnis und eine neuartige Sportanlage für alle schaffen, um einen positiven Beitrag zu leisten. Und wir wollen einen Betrieb aufbauen, der den Umwelt- und Klimaschutz in jede Entscheidung einbezieht, um einen echten und nachhaltigen Mehrwert für alle Surfinteressierten zu schaffen“, so Podbielski.

Er nennt Beispiele, etwa bei der Standortauswahl: „Wir haben einen Sandacker ohne Biotope gewählt.“ Zudem würden ausschließlich regenerative Energie bezogen, etwa mit dem Aufbau eigener PV-Anlagen. Für das gesamte Gewerbegebiet und das Projekt gebe es keinen Erdgasanschluss.

Und der Energiebedarf des Surfparks werde durch neue Anlagentechnik für die Erzeugung der Wellen und durch das unbeheizte Wasserbecken sowie eine Wärmepumpentechnik für die Beheizung des Hauptgebäudes reduziert. „ Der Gesamtbedarf ist geringer als in einem lokalen Hallen- und Freibad“, sagt Jan Podbielski.

Surfpark-Planer wollen Shuttlebetrieb zur S-Bahn einrichten

Zudem werde es einen Shuttlebetrieb zur S-Bahn geben, um eine emissionsarme Anreise ohne Pkw aus Hamburg zu ermöglichen. Die Gebäude sollen begrünte Dächer erhalten, im gesamten Gewerbegebiet soll es eine verringerte Flächenversiegelung durch einen großen Anteil an Grünflächen geben sowie eine Regenwasserspeicher zur Reduktion des Wasserverbrauchs, der laut Podbielski ebenfalls geringer ausfallen soll als in einem lokalen Hallen- und Freibad.

Auch werde auf externe Ausgleichsflächen und Ersatzflächen für den Artenschutz geachtet und Rodungen vermieden. „Wir werten das Gebiet mit Wallhecken für den Artenschutz sogar noch auf“, meint Jan Podbielski.

Dem Projekt entstehe so grundlos Schaden, sagen die Surfpark-Initiatoren

Er sieht keine Fehler in der Bauleitplanung der Hansestadt, die das Projekt Surfgarten angreifbar gemacht hätten: „Die Hansestadt Stade hat aus unserer Sicht vorbildliche Arbeit geleistet. In Stade hat man viel Erfahrung mit großen und neuartigen Projekten. Wir haben die Arbeit der Verwaltung als äußerst professionell wahrgenommen.“

Bis in Stade auf der perfekten Welle gesurft werden kann, dauert es noch.
Bis in Stade auf der perfekten Welle gesurft werden kann, dauert es noch. © shutterstock | Shutterstock

Vor allem das Thema Natur- und Klimaschutz habe die Stadt mit hoher Wichtigkeit in der Planung berücksichtigt. „Das Verwaltungsgericht hat hier sehr formale und korrigierbare Punkte benannt“, meint Podbielski und nennt ein Beispiel: „Im Rahmen der Bauleitplanung wurde von den Behörden eine vorgezogene Ersatzmaßnahme für vier Feldlerchen gefordert.“

Diese sei rechtzeitig umgesetzt worden. „Das Verwaltungsgericht Stade ist der Ansicht, dass diese Maßnahme zu früh stattgefunden hätte. Das ist aus unserer Sicht nicht zutreffend, rein formal, und vor allem für den gesunden Menschenverstand schwer nachvollziehbar.“ Dem Projekt entstehe so grundlos ein Schaden, meint der Surfpark-Initiator.

Rechtlichen Anforderungen an Investitionsvorhaben klären

Die Hansestadt Stade hat den Beschluss intern als auch extern rechtlich prüfen lassen und legte Widerspruch gegen den verhängten Baustopp ein. „Es wird derzeit davon ausgegangen, dass die tragenden Erwägungen des Beschlusses auf Annahmen beruhen, die als nicht zutreffend anzusehen sind. Deswegen hat die Stadt Beschwerde eingereicht“, bestätigt Stabsstellenleiter Sascha Middeke.

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Die Hansestadt sei und bleibe ein verlässlicher Partner für Investoren, betont der Mitarbeiter der Stadtverwaltung.

„Für Investoren wie für die Hansestadt Stade und die öffentlichen Auftraggeber insgesamt ist es aber unabdingbar, dass die rechtlichen Anforderungen an große Investitionsvorhaben verlässlich geklärt sind. Gerade auch deswegen hat die Stadt Beschwerde eingelegt, damit das OVG die rechtlichen Anforderungen an künftige Bauleitplanungen im Kontext des Klimaschutzes präzisieren kann“, so Middeke.

Neue Ideen: In Deutschland generell schwierig?

Auch Jan und Dirk Podbielski sehen kein Stade-spezifisches Problem: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Verwaltung und die Politik der Hansestadt Stade sowie der Landkreis Stade sehr gute und professionelle Partner für Investoren sind.“

Die Brüder haben eher den Eindruck, dass es in Deutschland generell schwierig werde, neuartige Ideen und Projekte zu realisieren. „Es findet sich immer eine Minderheit, die gegen etwas ist. Und Umweltverbände haben weitreichende gesetzliche Klagemöglichkeiten. Wenn sich beide zusammentun, dann entsteht eine Situation, wie wir sie heute in vielen Projekten in ganz Deutschland sehen“, sagt Jan Podbielski.

Hansestadt Stade sieht weiter Chancen für eine Realisierung

Sie wollen weiter für ihren Surfpark kämpfen, betonen beide. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg den Beschluss korrigieren wird.“ Die Entscheidung müsse abgewartet werden, um zu sagen, wann der Surfgarten im besten Fall an den Start gehen könnte. „Erst dann können wir auch einen neuen Projektzeitplan kommunizieren“, sagt Jan Podbielski.

Auch die Hansestadt Stade sieht weiter Chancen für eine Realisierung des Surfparks: „Seitens der Hansestadt Stade wird weiterhin davon ausgegangen, dass das private Bauvorhaben Surfpark umgesetzt wird“, so Middeke. Ob und inwiefern nach dem Beschluss des OVG ergänzende Maßnahmen erforderlich seien, bleibe abzuwarten.