Stade. Große politische Zustimmung für das Großprojekt „Surfgarten“. Finale Entscheidung steht an. Doch es droht mächtig Widerstand.

Gute Nachrichten für Wellenreiter im ganzen Norden, schlechte für Kritiker des Vorhabens: Der Surfpark in Stade wird kommen, das ist so gut wie sicher. Die Politik jedenfalls wird dem Großprojekt mit großer Wahrscheinlichkeit den Weg freimachen. Die finale Entscheidung fällt am 11. Juli.

Doch Stadt und Initiatoren müssen mit ernsthaftem Widerstand gegen den „Surfgarten“ rechnen, der bereits deutschlandweit Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Die große Wellenanlage auf der grünen Wiese hat Gegner. Ein Bündnis aus Bürgern und Umweltverbänden stellt sich gegen den Bau. Auf einen positiven Ratsbeschluss wird wahrscheinlich eine Klage folgen, das hat der Umweltverband BUND dem Abendblatt bestätigt. Die Initiatoren des Surfparks sehen das aber gelassen.

„Surfgarten“ in Stade: Politiker sind überzeugt

Die letzte politische Hürde für den „Surfgarten“ ist der Stader Stadtrat. Die Kommunalpolitiker entscheiden an diesem Montag. Die mehrheitliche Zustimmung der Ratsmitglieder für das 20-Millionen-Euro-Projekt gilt als Formsache. In den vorgelagerten Gremien gab es bereits grünes Licht.

Im Ausschuss für Stadtentwicklung, Klima und Umwelt votierten die Mitglieder am 30. Juni 2022 mit lediglich einer Gegenstimme, einer Enthaltung und sieben Ja-Stimmen deutlich für den Beschluss. Im angeschlossenen Ortsrat Hagen gab es zwei Gegenstimmen, eine Enthaltung und vier Ja-Stimmen. Die Gegenstimmen kamen aus Reihen der Wählergemeinschaft (WG), SPD und CDU.

Grüne unentschlossen über „Surfgarten“

Gegner wie Befürworter erwarten nun im Rat ebenfalls einen positiven Beschluss. Daniel Friedl, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, rechnet mit 90 Prozent Zustimmung seiner Partei. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Kai Holm sagt für seine Fraktion: „Mindestens zehn von zwölf werden dafür stimmen.“ CDU und SPD stellen jeweils zwölf von 40 Sitzen in Stades Stadtrat.

Für seine sechsköpfige Fraktionsgruppe (FDP, UBLS, Piraten) sagt auch Enrico Bergmann (FDP) große Zustimmung voraus. Die Grünen hatten sich dem Projekt gegenüber bisher unentschlossen gezeigt. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Karin Aval, erwartet von ihrer Partei zur Hälfte Pro- und zur Hälfte Contra-Stimmen. Sie verstehe einzelne Kritikpunkte, sagt aber: „Es fällt mir persönlich schwer, die Planung als Teufelswerk zu bezeichnen.“ Die Linke positioniert sich strikt gegen das Projekt.

Die Hauptargumente der Befürworter im Rat: Die Attraktivität Stades werde gesteigert, das Nachhaltigkeitskonzept sei durchdacht und das einst für BMW vorgesehene Areal würde auch unabhängig vom Surfpark gewerblich genutzt werden. Aus der Bevölkerung bekommt der Surfpark regelmäßig breite Unterstützung.

Klage der Surfpark-Gegner wahrscheinlich

Schon Anfang des Jahres kündigte die Bürgerinitiative (BI) „Surfpark – Nein danke!“ rechtliche Schritte vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg an, falls die Stadt das Projekt durchwinkt. Dem Abendblatt gegenüber bekräftigt BI-Sprecher Bernd Hohendorff dieses Klagevorhaben. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich die Planung als juristisch angreifbar erweise: „Wir haben einen Umweltanwalt beauftragt, der die Unterlagen aktuell prüft.“

Kläger wäre der BUND. „Ich möchte der Beurteilung des Rechtsanwalts nicht vorgreifen, aber die Wahrscheinlichkeit für eine Klage ist hoch“, sagt Heiner Baumgarten von BUND Stade. Entscheidend sei dabei, inwieweit die Stadtverwaltung die Einwendungen des BUND berücksichtigt habe. Hier sieht Baumgarten Versäumnisse in der Bauleitplanung, die Anlass für eine Klage geben könnten.

Stades Stadtverwaltung sieht Kritikpunkte ausgeräumt

Der BUND hatte im Januar eine Stellungnahme zur Planung des Surfparks veröffentlicht. Moniert wurden die Auswahlkriterien des Standortes, der kleine Suchradius in der Region, zu geringe Klimaschutzanforderungen, ein fehlender CO2-Abdruck der Anlage und die Zielgruppe.

Aus der Stadtverwaltung heißt es, man habe „alle geäußerten Kritikpunkte gewissenhaft geprüft und in Fällen, wo es berechtigt war, Ergänzungen beziehungsweise Klarstellungen vorgenommen.“ Die zentralen Behörden hätten der Surfpark-Planung bereits zugestimmt – namentlich die Naturschutzbehörde, die Wasserbehörde und die Raumordnungsbehörde.

Surfpark-Initiator Podbielski will endlich loslegen

„Surfgarten“-Initiator Jan Podbielski reagiert gelassen auf mögliche rechtliche Schritte der Gegner: „Das Projekt wurde in den letzten drei bis vier Jahren intensiv geprüft, wir vertrauen den Städteplanern und Experten.“ Er sei zuversichtlich, „dass eine Klage keine Chance hätte.“

Bei der Bauleitplanung habe die Stadt sich viele Gedanken gemacht, um ein neues Gewerbegebiet unter Nachhaltigkeitsaspekten anzulegen. Und das schon bevor der Surfpark ins Gespräch gekommen sei. Nun freue er sich darauf, endlich in die nächste Phase überzugehen – die tatsächliche Umsetzung der Pläne.

Trotz teilweise stark gestiegener Rohstoff- und Materialpreise werde das Projektvolumen von knapp 20 Millionen Euro ausreichen. „Das haben wir einkalkuliert“, so Podbielski. Auch den zuletzt verkündeten Zeitplan sieht er trotz drohender Lieferengpässe in der Baubranche nicht in Gefahr. Den anvisierten Baubeginn bestätigen Investoren und Stadtverwaltung. Das würde bedeuten: 2023 Baubeginn, 2024 Wellensurfen in Stade.

Surfpark für Stade und den Norden: Die Eckdaten

  • Auf einem rund 60.000 Quadratmeter großen Areal im Süden Stades soll von 2023 an der erste Surfpark Deutschlands entstehen. Geplant sind eine Freizeitanlage, Gastronomie, Shop und Surf-Schule. Herzstück ist ein Pool mit einer Fläche von 22.000 Quadratmetern, in dem eine Maschine (Wavegarden) für Wellen mit bis zu zwei Metern Höhe sorgen soll.
  • Ähnliche Anlagen sind etwa in Krefeld, bei München und bei Zürich in der Schweiz geplant. In Betrieb ist ein großer Surfpark beispielsweise in Bristol in Großbritannien.
  • Gegner des Stader Projektes kritisieren unter anderem die Wahl des zuvor landwirtschaftlich genutzten Geländes in Stade an der Kreisstraße 30 südlich des Sportflugplatzes.