Lüneburg. Vor genau 50 Jahren gewann ABBA den Grand Prix und wurde berühmt. Von den privaten Seiten weiß Fotograf „Bubi“ Heilemann zu berichten.

Wer den Starfotografen Wolfgang „Bubi“ Heilemann nach seinem liebsten ABBA-Foto fragt, muss nicht lange auf eine Antwort warten: „Das nackte mit der Folie.“ Von 1975 stammt die berühmte Fotografie, auf der die Mitglieder der Band vor einer schwedischen Flagge posieren, alle vier sind splitterfasernackt, lediglich die intimsten Zonen sind mit silbriger Folie bedeckt.

Aus heutiger Sicht ist nichts Verwerfliches dran an der Art und Weise, wie sich die Popstars hier zeigen, abgesehen davon, dass ihre Körper möglicherweise zu normal und zu unvollkommen für die einer hochkarätigen Band wirken. Damals war das Bild ein kleiner Skandal – aber auch Indiz dafür, wie nah dran „Bubi“ Heilemann war. „Ich fühlte mich wie ein Familienmitglied“, sagt der heute 81-Jährige, der übrigens auch für die bekannte Schreibweise des Bandnamens verantwortlich ist. Bei einem Shooting wurde der Buchstabe „B“ falsch herum gehalten, und „Bubi“ gefielt das.

Die Band ABBA sei hochprofessionell gewesen, sagt Fotograf Wolfgang „Bubi“ Heilemann.
Die Band ABBA sei hochprofessionell gewesen, sagt Fotograf Wolfgang „Bubi“ Heilemann. © Helena Davenport | Helena Davenport

Mit einmal war ABBA berühmt – und „Bubi“ Heilemann war mit dabei

Gerade ist er gemeinsam mit seiner Frau aus seiner Heimat Bayern nach Lüneburg gekommen, um den 6. April besonders zu zelebrieren. An diesem Tag, vor 50 Jahren, wurde ABBA mit einem Schlag berühmt, ABBA gewann beim Grand Prix d’Eurovision in Brighton. Seit dem 1. März und noch bis zum 28. April zeigt die Lüneburger Galerie im Glockenhof anlässlich dieses Jubiläums die Bilder, die der Starfotograf 1974 von der Band schoss. Hierzu berichtet Heilemann am Sonnabend, dem 6. April, und am Sonntag, dem 7. April, von seinen persönlichen Erlebnissen mit der Band – unter anderem davon, wie das berühmte Bild mit Silberfolie entstand.

Wolfgang „Bubi“ Heilemann brachte ABBA dazu, sich auszuziehen.
Wolfgang „Bubi“ Heilemann brachte ABBA dazu, sich auszuziehen. © Helena Davenport | Helena Davenport

ABBA schlug Größen wie Olivia Newton-John

Heilemann hatte die Band direkt beim Grand Prix kennengelernt. Er war nachts um die Häuser gezogen, hatte das ein oder andere Fläschchen geköpft, wie er sagt, und war dann durch gähnende Langeweile und des Katers wegen auf einem Sofa eingeschlafen. „Aufgewacht bin ich durch einen Riesenradau“ – ABBA überzeugte schon bei der Generalprobe zum Wettbewerb, die eingängige Melodie von ihrem Hit „Waterloo“ rüttelte ihn wach. Er sei sofort begeistert gewesen, erinnert sich Heilemann, obwohl die Band aus dem Nichts kam. ABBA übertrumpfte bei dem Wettbewerb Größen wie Olivia Newton-John, denen man den Erfolg eher zugetraut hatte.

Der Hannoveraner „Bubi“ Heilemann arbeitete zu der Zeit für die Bravo. Insgesamt 250 Titelbilder und Bravo-Starschnitte stammen von ihm, später dann, 1980, wurde er stellvertretener Chefredakteur bei der auflagenstarken Jugendzeitschrift. Für die Bravo traf er die Größen der Popszene. Er begleitete Alice Cooper oder die Beatles und dem jungen Mick Jagger lieh er für den Bravo-Starschnitt sein eigenes gelb-grünes Shirt, weil der Musiker im spießigen Anzug daherkam. Der Name, den ihm einst eine Plattenverkäuferin in Hannover gab – „Na Bubi, was willste?“ – haftet ihm noch heute an.

Die Ausstellung „ABBA – 50 Jahre Waterloo
Die Ausstellung „ABBA – 50 Jahre Waterloo" ist bis Ende April in Lüneburg zu sehen. © Wolfgang „Bubi“ Heilemann/Galerie im Glockenhof | Wolfgang „Bubi“ Heilemann/Galerie im Glockenhof

„Bubi“ verpasste Elvis, weil Aretha Franklin bei Shooting zu lange brauchte

Wenn „Bubi“ erzählt, springt er von einem großen Namen zum nächsten und wechselt von New York nach Los Angelos, als wären es Nachbardörfer. Dabei ist er gekonnt selbst-ironisch, erzählt etwa von Neckereien in der Bravo-Redaktion – man habe ihn selbst auch mal mit Blindenbinde porträtiert, „als ersten blinden Fotografen“, so schlecht sei seine Sehkraft. Auf Aretha Franklin sei er lange sauer gewesen, weil das Shooting mit ihr zu lange gedauert habe, um noch pünktlich nach Graceland zu kommen.

Denn den einen habe er nicht erwischt auf seiner fotografischen Jagd im Stardschungel: Ein Bild von Elvis blieb ihm verwehrt, Aretha war schuld. Immerhin konnte er nachträglich gleich mehrmals von dem geglückten Shooting profitieren. Der Audio-Streaming-Dienst Spotify machte vor Kurzem Werbung mit seinem Aretha-Bild.

Auch Marilyn Monroe sei ihm entglitten, gesteht er. Heilemann Ehefrau schmunzelt bei diesen Worten. Man möge nachrechnen: Zu Lebzeiten Marilyns war der gebürtige Hannoveraner noch relativ jung. Anfang der Sechziger war er Schüler in einer Fotoschule – ein Bild sei also rein theoretisch möglich gewesen, schiebt er hinterher.

„Bubi“ Heilemann suchte manchmal auch die Outfits für ABBA aus.
„Bubi“ Heilemann suchte manchmal auch die Outfits für ABBA aus. © © Wolfgang „Bubi“ Heilemann | © Wolfgang „Bubi“ Heilemann

Heilemann gewann Einblicke in die Welt der Stars

Heilemanns Erzählungen sind mitreißend. Und es wird schnell deutlich, dass er nicht wirklich ein Jäger der Stars war, er gehörte zu ihnen und war stets auf ihrer Seite. So wie er Mick Jagger nicht im für ihn unpassenden Outfit ablichten wollte, so wollte er Agnetha und Frida von ABBA auch nicht zu unangemessenen Inszenierungen drängen.

Einmal habe ein Chef bei der Bravo verlangt, die Mitglieder von ABBA auf einem Pferd zu fotografieren. Er habe zwar keine Einwände geäußert, erinnert sich Heilemann, dann aber eine andere Szenerie gewählt. Auch die Kleidungsstücke für die beiden Frauen – bei Shootings gab es eine Kleiderstange mit Stücken zur freien Auswahl – habe er immer mit größter Sorgfalt eingekauft, sodass sie auch etwas finden konnten, was sie unbedingt anziehen wollten.

Agnetha schwamm mit ihrer kleinen Tochter im Pool

Renate Heilemann, Ehefrau von „Bubi“, zeigt Fotografien, die nicht in der Lüneburger Schau gezeigt werden.
Renate Heilemann, Ehefrau von „Bubi“, zeigt Fotografien, die nicht in der Lüneburger Schau gezeigt werden. © Helena Davenport | Helena Davenport

Bei einer Fotoreihe habe es dann aber doch zahlreiche Nachfragen gegeben. 1979 war „Bubi“ auf einem Konzert von David Cassidy und stellte am Morgen danach bei einem Blick aus dem Fenster überrascht fest, dass er sich zufälligerweise in demselben Hotel wie die Band ABBA befand. Was er sah, erfreute ihn: Agnetha schwamm mit ihrer kleinen Tochter auf dem Rücken im Pool, gänzlich ungeschminkt und ungestyled. Heilemann drückte ab, die Fotos wurden in der Bravo veröffentlicht. Die Sängerin hatte auch ihr Einverständnis gegeben, so groß war das Vertrauen zu dem Fotografen. Aber andere waren verwundert: Warum lässt sich ein Star so pur ablichten?

Heilemann war es auch, der Fridas totgeglaubten deutschen Vater ausfindig machte, um ihn dann selbst zu dem schwedischen Popstar nach Stockholm zu begleiten. „Im tiefsten Innern war Frida nicht so glücklich“, vermutet er. Der Vater habe sich nie um eine engere Beziehung zu seiner Tochter bemüht, weiß Heilemann. Auch die zweite Frau von Bandmitglied Björn hat Heilemann auf seinen Fotografien eingefangen. Er war nah dran – und man ließ ihn nah dran sein.

Fotograf Wolfgang „Bubi“ Heilemann und seine Ehefrau, Renate Heilemann, sind für das Jubiläum nach Lüneburg gekommen.
Fotograf Wolfgang „Bubi“ Heilemann und seine Ehefrau, Renate Heilemann, sind für das Jubiläum nach Lüneburg gekommen. © Helena Davenport | Helena Davenport

Zu seiner Beerdigung soll einmal ein ABBA-Titel gespielt werden, sagt seine Ehefrau, Renate Heilemann. Sie ist diejenige, die die alten Fotos für die Lüneburger Ausstellung geputzt und überarbeitet hat. Auch sie kenne nun jede Pore und jede Falte der ABBA-Mitglieder, sagt sie mit einem Lächeln.

„ABBA – Hautnah“, Vortrag von Wolfgang Heilemann mit Fotos, Videos und Musik, 6. und 7. April, 18.30 Uhr, im Theatersaal der Kulturbäckerei, Dorette-von-Stern-Straße 2 in Lüneburg, Tickets gibt es nur im Vorverkauf für 14,50 Euro