Bargstedt/Harburg. 31-Jähriger gibt Traumjob bei BMW auf und baut nun Tiny Houses als Camping-Anhänger. Sein neuer Plan: Ein Camper-Van komplett aus Holz.

  • Wohnmobile sind wie kleine Eigenheime auf Rädern – und sie werden immer beliebter
  • Der Harburger Ingenieur Kevin Schmidt will nun das ultimative Tiny House auf Rädern bauen
  • Die Entwürfe für sein neues Projekt sind spektakulär

Bargstedt/Harburg. Es gibt Armbanduhren aus Holz, Fahrräder aus Holz, und jetzt gibt es auch einen supermobilen Wohnwagen aus Holz – erbaut von Kevin Schmidt aus Harburg. Wenn er mit seinem Campingfahrzeug durch Schweden fährt – seinem Lieblingsreiseland – erregt er Aufsehen: „What a nice tiny house“, heißt es dann oft.

So niedlich, das Miniholzhaus auf Rädern. Aber nicht nur im hohen Norden finden die ökologischen Holzwohnwagen des Harburgers Anerkennung. Sein junges Unternehmen „Holzbauweise – The Caravan Factory“ wurde im vergangenen November für das innovative Konzept und die sehr positive Geschäftsentwicklung von Stades Landrat Kai Seefried mit dem Hauptpreis bei der „Gründerstar“-Verleihung ausgezeichnet.

Kevin Schmidt in einem Holzwohnwagen. Geschlafen wird auf dem ausklappbaren Bettsofa.  
Kevin Schmidt in einem Holzwohnwagen. Geschlafen wird auf dem ausklappbaren Bettsofa.   © HA | Sabine Lepél

Ein Tiny House als Holz-Anhänger: Alles, was man zum Campen braucht

Der 31-jährige Fahrzeugbauingenieur und gelernte Kfz-Mechaniker hat für seinen Traum von der Selbstständigkeit eine Karriere in der Automobilbranche aufgegeben. Zuletzt entwickelte er für BMW in Süddeutschland rasante Oberklasse-Limousinen. Doch bei aller Liebe zu Motoren und Technik passte der Job irgendwann nicht mehr zu seinen Lebensvorstellungen.

Kevin Schmidt wollte beruflich zwar gern weiter tüfteln und entwickeln – aber nicht nur am Schreibtisch. Sein Ziel war es, etwas Selbsterdachtes mit den eigenen Händen umzusetzen. Und es sollte möglichst zu seinem Leben als freiheitsliebender Naturfreak und Campingliebhaber passen.

Der Caravan kann mit fast jedem Fahrzeug gezogen werden - wenn das Gesamtgewicht nicht über 3,5 Tonnen liegt auch mit jedem Pkw-Führerschein.
Der Caravan kann mit fast jedem Fahrzeug gezogen werden - wenn das Gesamtgewicht nicht über 3,5 Tonnen liegt auch mit jedem Pkw-Führerschein. © HA | Kevin Schmidt

So entstand zunächst in seinem Kopf und dann in der Auto-Werkstatt seines Vaters in Bargstedt im Landkreis Stade der Prototyp eines Caravans in Holzbauweise im schwedischen Baustil. Inzwischen sind solche Wagen in die Dauervermietung an Campingplätze gegangen, und das Interesse an der ökologischen Camper-Variante von Kevin Schmidt steigt auch bei Privatleuten stetig an.

Holzwohnwagen aus Harburg werden individuell nach Kundenwunsch gebaut

Auf den ersten Blick sieht Schmidts Caravan wie eine Gartenhäuschen auf Rädern aus. Doch selbst in der Basisversion für 17.500 Euro befindet sich alles, was man zum Campen braucht. Die Holzwohnwagen werden nach Kundenwunsch gebaut und können individuell konfiguriert werden. „Die meisten Kunden kommen so auf einen Preis zwischen 22.000 und 23.000 Euro für ihr Wunschfahrzeug“, sagt der Unternehmensgründer.

Der nächste Plan: Fahrzeugbauingenieur Kevin Schmidt will ein Wohnmobil aus Holz bauen.
Der nächste Plan: Fahrzeugbauingenieur Kevin Schmidt will ein Wohnmobil aus Holz bauen. © HA | Holzbauweise

Das erste handgemachte Produkt des Fahrzeugbauingenieurs ist ein kleiner Holzwohnwagen mit einer Wohnraumlänge von 2,40 Metern. Die Außenmaße betragen etwa 4,30 Meter in der Länge, 2,40 Meter in der Breite und 2,14 Meter in der Höhe. „Mit 700 bis 850 Kilogramm Leergewicht und 1050 Kilogramm zulässigem Gesamtgewicht könnte bereits ein VW Polo den Camper ziehen“, sagt Kevin Schmidt, der seinen Wohnwagen hinter einen elektrisch betriebenen Kleinwagen spannt, um damit mit Freundin und Hund und immerhin 100 Stundenkilometern durch die Weltgeschichte zu gondeln - so, wie es die Zulassungspapiere erlauben.

Herausziehbare Küchenzeile wird mit einem Griff zur Outdoor-Küche

Der Holzwohnwagen besticht vor allem mit seiner Multifunktionalität. Die kleine Küchezeile kann sowohl drinnen als auch draußen unter freiem Himmel genutzt werden, weil sie mt einem einfachen Griff komplett herausziehbar ist. Dank autarkem Bordnetz mit Solarplatten und Lithium-Batterie und einem Wassertank kann man einige Zeit ohne Außenanschlüsse auskommen. Jeder Zentimeter des Innenraums wurde clever genutzt und ist maßgeschneidert: ausklappbares Bett, zusätzlich einziehbare Ebene - nutzbar beispielsweise als Kinder- oder Hundeschlafplatz.

Die Küchenzeile kann nach draußen gezogen werden und wird so in wenigen Sekunden zur Outdoorküche.
Die Küchenzeile kann nach draußen gezogen werden und wird so in wenigen Sekunden zur Outdoorküche. © HA | Kevin Schmidt

Jeder Haken, jedes Regal, jede Ablagemöglichkeit ist durchdacht. Es gibt eine Gaderobe, und selbst eine Trockenttoilette findet noch Platz in einer kleinen Nische. „Außer der Kühlbox ist so ziemlich alles ist in ökologischer Bauweise selbst gefertigt“, sagt Kevin Schmidt. Die Außenverkleidung besteht aus wetterbeständige und regionale Thermokiefer, die zehn Zentimeter dicken Wände sind mit einer dicken Schicht aus Hanf und Kork isoliert, zusätzlich sorgen zwei Scheiben Isolierverglasung aus Echtglas für Ruhe und Wärmeausgleich. Die Innenwände werden auf Wunsch mit Schafsfilz ausgekleidet.

Preisgekrönter Jungunternehmer: Der Harburger Kevin Schmidt vor einem seiner Holzcamper in der Werkstatt in Bargstedt.
Preisgekrönter Jungunternehmer: Der Harburger Kevin Schmidt vor einem seiner Holzcamper in der Werkstatt in Bargstedt. © HA | Sabine Lepél

„Das sorgt zusätzlich für ein angenehmes Raumklima“, erkärt der Ingenieur. Bei Regen merke man den Unterschied zum herkömmlichen Wohnwagen besonders, meint der Tüftler: „Hier drin ist es unbeschreiblich gemütlich, wenn die Regentropfen aufs Dach prasseln.“ Das sei großes Camper-Glück auf kleinem Raum.

Harburger will auch Wohnmobil aus Holz bauen – erste Pläne sehen spektakulär aus

Auch ansonsten habe ein Holzwohnwagen viele weitere Vorteile gegenüber der üblichen Kunststoff-Kollegen. „Konventionelle Camper haben eine hohe CO2-Emittierung durch chemische Dämm- und Baumaterialien sowie einen hohen Energiebedarf durch dünne Wände und Kunststofffenster“, zählt Schmidt auf.

Anuk, die Wolfsspitzhündin von Kevin Schmidt und seiner Freundin, liegt auf dem einziehbaren Kinderbett, für das es auch eine Sicherheitsfront gibt.
Anuk, die Wolfsspitzhündin von Kevin Schmidt und seiner Freundin, liegt auf dem einziehbaren Kinderbett, für das es auch eine Sicherheitsfront gibt. © HA | Kevin Schmidt

Außerdem heize sich der Innenraum im Sommer schneller auf und der Innenraumgeruch sei meist deutlich unangenehmer. Die Feuchtigkeit werde nicht so gut absorbiert wie im Camper aus Holz. Und nicht zuletzt hätten die herkömmlichen Wohnwagen oft einen schlechteren Mobilfunkempfang: „Verursacht durch den faradayschen Metallkäfig“, so der Ingenieur, der etwa drei bis fünf Monate an einem Camper baut.

Auch die Trailer für seine Holzwohnwagen fertig Schmidt in Zusammenarbeit mit seinem Vater selbst. Sie können auf Wunsch mit einem Fahrradständer ausgestattet werden.

Caravan-Bauer aus Leidenschaft: Seinen Job bei BMW vermisst er nicht

In der Autowerkstatt an der Raisa-Tankstelle in Bargstedt sollen noch weitere Innovationen entstehen, der Harburger hat mehrere Ideen in der Pipeline: Unter anderem möchte er ein Wohnmobil aus Holz bauen sowie eine Mini-Holz-Camper-Variante in Form eines Fasswagens. Zunächst will Kevin Schmidt aber seine erste Caravan-Linie weiter voranbringen und in weiteren Varianten anbieten. Den Job in der Automobilbranche vermisst er bisher nicht: „Das wäre der sichere Weg gewesen, denn mein Risiko ist groß. Aber ich erhalte jetzt so viele positive Reaktionen auf meine Arbeit – das ist für mich eine Riesenmotivation“, sagt der preisgekrönte Jungunternehmer.