Itzstedt. Am idyllischen Itzstedter See wächst eine kleine Siedlung. Was die Bewohner sich vom Leben in den Minihäusern erhoffen.

  • Bis Jahresende sollen 32 Minihäuser am Itzstedter See entstehen
  • Freie Plätze sind derzeit noch zu haben
  • Steigende Zinsen machen die Finanzierung der Häuser aber schwierig

Vor etwa vier Jahren hat Stephan Diehn den ehemaligen Campingplatz Seerögen am Itzstedter See gekauft. Damals standen noch 200 „Blechschuppen“, wie er sie nennt, auf dem Gelände. Der Platz war in die Jahre gekommen. Die Campingwagen verlebt. Doch der Geschäftsmann hatte einen Traum: Er wollte das 2,5 Hektar große Grundstück in eine Siedlung mit ökologisch-nachhaltigen Tiny Houses verwandeln.

Inzwischen sind die Wege ausgebaut, Wasser- und Stromleitungen verlegt. Mehr als 20 Mobilheime stehen auf dem Platz. Bis Ende des Jahres sollen es 32 werden. Zeitweise arbeiten verschiedene Tiny-House-Hersteller gleichzeitig auf der Grünfläche am See. Sie haben ihre Minihäuser, die alle völlig verschieden aussehen, mit dem Transporter oder Lkw angeliefert und bauen sie dann auf.

Der österreichische Hersteller Wohnwagon hat bisher vier Tiny-Häuser auf dem ehemaligen Campingplatz am Itzstedter See angeliefert. Dieses Modell ist 27 Quadratmeter klein.
Der österreichische Hersteller Wohnwagon hat bisher vier Tiny-Häuser auf dem ehemaligen Campingplatz am Itzstedter See angeliefert. Dieses Modell ist 27 Quadratmeter klein. © Unbekannt | Annabell Behrmann

Tiny House: „Wir brauchen nicht viel, um glücklich zu sein“

Drei Mitarbeiter von der Firma Wohnwagon sind extra aus Österreich angereist. Sie haben drei Tiny-Häuser mitgebracht. Alle sind 27 Quadratmeter klein, ansonsten individuell nach Wunsch des Kunden ausgestattet. Das Haus von Helmut, der nicht mit vollem Namen genannt werden möchte, hat einen Erker. Der Vorbau ist gut sechs Quadratmeter klein und wird als zusätzliche Fläche am Tiny House montiert.

Der 54-Jährige schaut sich die letzten Aufbauarbeiten seines Traumhauses genau an. Hier will er viel Zeit mit seiner Freundin Susi verbringen. „Wir haben uns vor ein paar Jahren einen VW-Bus gekauft. Auf unserer vierwöchigen Reise durch Osteuropa haben wir gemerkt, dass wir gar nicht so viel brauchen, um glücklich zu sein“, sagt er.

Minihäuser von Wohnwagon sind auf Wunsch mit Photovoltaik ausgestattet

Helmut hat einige Zeit im Krankenhaus verbracht. Über den Grund möchte er nicht sprechen. Er will nach vorne schauen und nicht zurück. Gezeigt, dass er etwas an seinem Leben verändern sollte, hat ihm die Erkrankung dennoch. „Wir wollten uns minimieren, damit der Kopf frei wird“, erklärt Helmut.

Juniorchef Leo Borghorst und Chris Babatola von der Firma Wohlwagen haben dieses Tiny House am Itzstedter See angeliefert.
Juniorchef Leo Borghorst und Chris Babatola von der Firma Wohlwagen haben dieses Tiny House am Itzstedter See angeliefert. © Annabell Behrmann | Annabell Behrmann

Auf dem Dach seines Tiny Houses befinden sich Photovoltaikmodule, zusätzlich soll es begrünt werden. Im Keller, der unter der Wohnfläche liegt, gibt es einen 300 Liter umfassenden Wassertank. Autarkie, also die Fähigkeit, sich selbst und unabhängig mit Strom, Wasser und Wärme zu versorgen, ist ein wichtiges Anliegen des österreichischen Unternehmens Wohnwagon.

Tiny-Häuser kosten zwischen 150.000 und 250.000 Euro

Zum Sortiment gehört auch eine Bio-Toilette. Im Gegensatz zu einer klassischen Spültoilette braucht sie kein Wasser. Menschliche Ausscheidungen können dank einer speziellen Technik geruchsfrei als Dünger im Garten verwendet werden. Die Angebote sind frei wählbar und müssen nicht genutzt werden. Ein Haus kostet zwischen 150.000 und 250.000 Euro.

„Die Leute wollen sich auf das Wesentliche reduzieren“, sagt Monteur Jakob Lasselsberger über den Tiny-House-Trend, für den sich immer mehr Menschen begeistern. Sein Kollege Georg Missbrandt denkt ebenfalls darüber nach, mit seiner Frau ein Tiny House zu kaufen. Schon jetzt verkleinert sich das Paar und zieht von einer 74-Quadratmeter- in eine 63-Quadratmeter-Wohnung. „Man braucht nicht viel zum Leben“, sagt er.

Itzstedter See: Neues Mobilheim umfasst knapp 40 Quadratmeter

Stephan Diehn (r.) gehört der Tiny-House-Platz am Itzstedter See. Lohnunternehmer Mitja Lohse (2. v. r.) hat ihm geholfen, die Infrastruktur zu schaffen. Das Team vom Tiny-House-Hersteller Wohnwagon ist aus Österreich angereist, um neue Häuser aufzubauen: Jakob Lasselsberger, Georg Missbrandt und Koko Ohling (v. l.).
Stephan Diehn (r.) gehört der Tiny-House-Platz am Itzstedter See. Lohnunternehmer Mitja Lohse (2. v. r.) hat ihm geholfen, die Infrastruktur zu schaffen. Das Team vom Tiny-House-Hersteller Wohnwagon ist aus Österreich angereist, um neue Häuser aufzubauen: Jakob Lasselsberger, Georg Missbrandt und Koko Ohling (v. l.). © Unbekannt | Annabell Behrmann

Genau das hat sich auch Katja Foerster gedacht. Sie träumte jahrelang davon, ihre Freizeit in einem Minihaus zu verbringen. „Die Kinder sind groß und aus dem Haus. Ich wollte mich reduzieren und den ganzen Krempel loswerden“, sagt sie. Foerster hat sich für ein Modell der Firma Wohlwagen entschieden. Auf 29 Quadratmeter passen Küche, Badezimmer, Schlafbereich, Sofa und sogar ein Schreibtisch. Durch zahlreiche Fenster fällt Licht in das Häuschen. Es wirkt hell und freundlich. Von ihrem Bett aus kann sie direkt in die Natur blicken.

Dieses Mobilheim stammt von dem Hersteller Tiny House Echem. Ein weiteres Teil des Hauses wird angeliefert und zusammengestellt. Das Mobilheim umfasst eine Fläche von gut 40 Quadratmetern.
Dieses Mobilheim stammt von dem Hersteller Tiny House Echem. Ein weiteres Teil des Hauses wird angeliefert und zusammengestellt. Das Mobilheim umfasst eine Fläche von gut 40 Quadratmetern. © Unbekannt | Annabell Behrmann

Das größte Mobilheim, das neu am Itzstedter See steht, kommt vom Hersteller Tiny House Echem. Es setzt sich aus zwei Teilen zusammen, die aneinander gestellt werden. Sogar eine kleine Sauna soll in das Haus integriert sein. Knapp 40 Quadratmeter umfasst es, was für Tiny-Häuser sehr groß ist.

Hype um Tiny Houses – trotzdem steckt Branche in der Krise

Auf dem ehemaligen Campingplatz, den Besitzer Stephan Diehn inzwischen in „Lake-Side-Tiny-Houses“ umbenannt hat, herrscht reichlich Trubel. Er füllt sich immer mehr mit Leben. Das Interesse für die Häuser im Miniformat ist ungebrochen. Und trotzdem steckt die Branche wie so viele andere in der Krise. Ein Ferienheim zu finanzieren – mag es noch so klein sein –, können sich viele Menschen zurzeit nicht leisten. „Seit die Zinsen so hoch sind, ist es wesentlich ruhiger hier geworden“, sagt Diehn.

Normalerweise hätte er zehn bis 15 Anfragen in der Woche bekommen. Etliche neugierige Menschen sind vorbeigekommen, um sich die ungewöhnlichen Wohnhäuser anzuschauen. Noch vor einiger Zeit hätten regelrechte „Völkerwanderungen“ auf dem Platz stattgefunden, so Diehn. „Mittlerweile sind es nur noch drei bis fünf Anfragen pro Woche. Von hundert Leuten bleibt dann einer hängen.“

Immer mehr kleine Häuschen kommen trotzdem dazu. „Wir wachsen immer noch, nur nicht mehr mit so schnellen Schritten wie vorher“, sagt der Henstedt-Ulzburger. Für 65 Tiny-Häuser bietet das Gelände Platz. 15 Flächen sind noch frei. Wer sich für einen der rund 300 Quadratmeter großen Stellplätze interessiert, kann sich unter der E-Mail info@autodrom.net anmelden und für einen Besuch vorbeikommen.

Klar ist aber: Das dauerhafte Wohnen ist auf einem Campingplatz nicht genehmigt. Auch nicht in einem Tiny House. Ihren Erstsitz müssen die Besitzerinnen und Besitzer an einem anderen Ort haben. Baurechtlich wird das Miniheim wie ein klassisches Einfamilienhaus behandelt. Das dauerhafte Leben in einem Tiny House ist nur mit Baugenehmigung möglich.