Lüneburg. Digital-Unternehmen baut 10-Millionen-Euro-Campus mit ungewöhnlicher Ausstattung – inklusive Riesenrutsche. Was und wer dahintersteckt.

Um talentierte Fachkräfte anzuwerben und zu halten, lassen sich Firmen mittlerweile eine ganze Menge einfallen. Als eine solche Bewerbung um passende Mitarbeiter kann auch der neue Firmencampus der Digital-Agentur Webnetz in Lüneburg verstanden werden.

Am östlichen Rand der Hansestadt hat das Online-Marketing-Unternehmen für etwa zehn Millionen Euro einen Neubau errichtet, in dem sich die rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur zur Arbeit gern aufhalten sollen. „Unser Anspruch ist es, dass jeder sich wohlfühlt und es hier besser ist als zu Hause“, sagt Patrick Pietruck, einer der vier Geschäftsführer. Das bedeutet nicht nur viel Sichtbeton, Holzelemente und sanfte Farben, sondern auch viele Angebote, die für ein Büro noch eher ungewöhnlich sind.

Webnetz: Digital-Agentur baut in Lüneburg neuen Campus mit Trampolin und Riesenrutsche

In der Mittagspause eine Runde an der Spielkonsole zocken? Oder lieber einige Sprünge auf dem Trampolin wagen? Auch Billard oder Tischkicker spielen, auf dem Sportfeld ein paar Tore schießen oder einfach auf einer Liege entspannen – dies alles ist seit Kurzem auf dem neuen Campus möglich. Und das nicht nur in der Pause und im Feierabend, sondern auch während der Arbeitszeit. „Die Arbeit hat sich in den vergangenen Jahren so verdichtet. Da kann es helfen, zwischendurch mal ein paar Körbe zu werfen, um den Kopf wieder freizubekommen“, sagt Webnetz-Sprecherin Julia Peckmann.

Die Betontreppe des Webnetz-Campus wurde durch Sitzstufen ergänzt.
Die Betontreppe des Webnetz-Campus wurde durch Sitzstufen ergänzt. © Lena Thiele | Lena Thiele

Für die dringend benötigten Mitarbeiter attraktiver als die Konkurrenz zu sein, das war der wichtigste Grund für den ungewöhnlich ausgestatteten Firmencampus. „Es herrscht ein Monster-Fachkräftemangel“, beschreibt Patrick Pietruck die Situation. „Das ist auch für uns eine große Herausforderung. Wir brauchen möglichst gute Talente und Fachkräfte, die bereit sind, nach Lüneburg zu kommen.“ Der neue Standort, der direkt an der Umgehungsstraße liegt und mit zahlreichen Stellplätzen für Autos und Fahrräder sowie Ladestationen ausgestattet ist, war dabei nur ein Baustein.

Sessel, Sofas, Billardtisch und Playstation: In der „Markthalle“ treffen sich die Mitarbeiter

Herzstück des Gebäudes ist die sogenannte Markthalle, ein offener Bereich über 400 Quadratmeter im Erdgeschoss. Hier stehen einladende Sessel und Sofas, im hinteren Bereich sind Playstation, Tischkicker und demnächst auch ein Billardtisch aufgebaut. Neben der offenen Küche können sich die Mitarbeiter an einem langen Tisch zum Essen, Arbeiten oder für Gespräche zusammensetzen. Hier gibt es auch einmal im Monat ein gemeinsames Frühstück mit dem gesamten Team.

Die Webnetz-Geschäftsführer Sebastian Loock (l.) und Patrick Pietruck mit einem der Bürohunde in der „Markthalle“, einer Fläche zum Arbeiten, Besprechen und Pause machen.
Die Webnetz-Geschäftsführer Sebastian Loock (l.) und Patrick Pietruck mit einem der Bürohunde in der „Markthalle“, einer Fläche zum Arbeiten, Besprechen und Pause machen. © Lena Thiele | Lena Thiele

Der Campus soll ein schöner Ort zum Arbeiten sein, mit unterschiedlich großen Büroräumen, vielen Konferenzräumen, einem Podcaststudio, Ruhezonen, Bereichen zum lockeren Austausch, Terrasse und verschiedenen Spiel- und Sportmöglichkeiten. Für die Arbeit am Schreibtisch stehen einige sogenannte Desk-Bikes bereit, auf denen nebenbei geradelt werden kann.

Feste Arbeitsplätze gibt es nicht mehr, eine Anwesenheitspflicht auch nicht

Feste Plätze haben nur noch die Mitarbeiter der Abteilungen für Personal und Buchhaltung, alle anderen suchen sich einen freien Tisch. Dies soll auch helfen, die Teams wieder stärker miteinander in Kontakt zu bringen. „Das ist in der Corona-Zeit etwas verloren gegangen“, sagt Patrick Pietruck. Eine Anwesenheitspflicht besteht nicht, vielmehr sollen sich die Angestellten aus eigenem Antrieb gern hier treffen.

Luftaufnahme des Webnetz Campus mit Außenrutsche im Hanseviertel Lüneburg. Das Sportfeld und die Bodentrampoline sind noch abgedeckt.
Luftaufnahme des Webnetz Campus mit Außenrutsche im Hanseviertel Lüneburg. Das Sportfeld und die Bodentrampoline sind noch abgedeckt. © Webnetz | Webnetz

„Unser Ziel war es, für die bestehenden Mitarbeiter eine neue Heimat zu schaffen und für neue Mitarbeiter einen Arbeitsplatz, der sie anzieht“, sagt der Webnetz-Chef. So entstand der Plan für das Sportfeld mit kleinen Fußballtoren und Basketballkörben. Bodentrampoline, eine Tischtennisplatte und ein Trimm-Dich-Parcours setzten sich bei der Befragung unter der Mitarbeiterschaft ebenfalls durch. Nicht umgesetzt wurde dagegen das angedachte Beachvolleyballfeld. Und bisher nur eine Idee ist es, einen Foodtruck für eine bessere Mittagsverpflegung zu organisieren.

Gebäude hat PV-Anlage und Gründächer, geheizt wird mit der Abwärme der Server

Erst nachträglich kam die Idee für die Rutsche auf. Sie ist eigentlich eine Ergänzung der Brandschutztreppe und wird normalerweise zum Beispiel in Kindergärten eingesetzt. Bei Webnetz darf sie ausdrücklich auch rein zum Spaß genutzt werden. Auch ein Zeitmesser soll noch eingebaut werden, damit sich die Mitarbeiter, die hier im Durchschnitt Anfang 30 und zu mehr als die Hälfte weiblich sind, miteinander messen können.

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Das dreistöckige Haus ist nach nachhaltigen Kriterien gebaut und nach Angaben des Unternehmens eines der klimafreundlichsten Gebäude Lüneburgs. Es ist besonders energieeffizient, verfügt über eine Photovoltaikanlage und die Dächer werden im Frühling begrünt. Die Abwärme der Server wird zum Heizen genutzt, gekühlt wird das Gebäude mit Hilfe einer Betonkernaktivierung.

Digital-Agentur Webnetz wächst weiter: Neubau in Lüneburg hat Platz für 200 Mitarbeiter

Das Unternehmen wurde 2009 gegründet, seitdem ist es kontinuierlich gewachsen. „Irgendwann wurden unsere Räume immer zu eng und wir mussten umziehen“, sagt Patrick Pietruck. In der Ende November bezogenen eigenen Immobilie können auf 2500 Quadratmeter bis zu 200 Menschen arbeiten. „Hier ist alles etwas größer geplant, damit es auch ein paar Jahre hält.“