Seevetal/Maschen. A7 zwischen Heimfeld und Maschener Kreuz soll Datenautobahn werden. Bund investiert Millionen. Welcher Parkplatz dafür weichen muss.
Wenn sich Autos zukünftig autonom durch den Hamburger Straßenverkehr bewegen sollen, braucht es dafür eine technische Infrastruktur. Die Grundlagen hierfür werden jetzt im Zuge einer neuen „Breitbandtrasse“ an der Autobahn 7 zwischen Hamburg-Heimfeld und dem Maschener Kreuz gebaut und getestet, wie heute beim Start des Megaprojekts direkt am Maschener Kreuz bekanntgegeben wurde.
Wegfallen wird für den technischen Fortschritt ein Pendlerparkplatz in Winsen (Luhe).
A7 wird zur Versuchsstation: Verkehrsteilnehmer könnten sich gegenseitig warnen
Die Autobahn 7 und die neue Breitband- und Mobilfunktrasse haben eines gemeinsam: Sie sollen einen möglichsten schnellen und sicheren Weg von A nach B ermöglichen. Während die Nutzer auf der Autobahn die Auto- oder Lastwagenfahrer sind, geht es in den Kabelschächten der Breitbandtrasse um Daten.
Daten, die aktuell zum Beispiel das Handygespräch aus dem Auto nach Hause übertragen. Zukünftig werden über Glasfaserleitungen und Mobilfunkmasten auch die verschiedensten Fahrzeuge über eine Zwischenstation miteinander kommunizieren können. Stellt ein Auto zum Beispiel Aquaplaning fest, meldet es das über die Datenleitung an eine Basisstation, die wiederum warnt andere Verkehrsteilnehmer. Das Ganze funktioniert nahezu in Echtzeit.
10-Millionen-Euro-Pilotprojekt an der A7 vor allem Erkenntnisse zum Regelwerk liefern
Das klappt aktuell fast nur über die mobilen Daten des Handynetzes. Zusätzlich sind die Netze, um wieder eine Parallele zur Autobahn 7 zu haben, in Spitzenzeiten an der Belastungsgrenze. Während die A7 deswegen auf acht Spuren ausgebaut wird, sollen durch neue Breitbandtrassen mehr Daten entlang von Fernstraßen fließen können. „Unsere 13 Kilometer lange Pilotstrecke wird eine Blaupause für 13.000 Kilometer Autobahn”, zeigt sich Projektleiter Marc Lenuweit von der DEGES stolz.
Da es kaum Erfahrungen beim Bau von solchen Trassen in Deutschland gibt, soll das 10-Millionen-Euro-Pilotprojekt vor allem Erkenntnisse zum Regelwerk und deren Praxistauglichkeit liefern. Daraus soll vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr ein neuer Standard für Breitbandtrassen entwickelt werden. Auch eine eigene DIN-Norm könnte folgen.
Einen einheitlichen Standard, wie die Daten übertragen werden, gibt es bisher nicht
Die Erfahrungen und Ergebnisse sollen außerdem in die Überarbeitung vorhandener oder die Erstellung neuer Regelwerke einfließen. Denn einen einheitlichen Standard, wie in Zukunft die Daten beim autonomen Fahren übertragen werden, gibt es bisher weder in Europa noch auf der Welt.
Die Planungen und die Bauleitung für das Pilotprojekt an der Autobahn 7 laufen bei der Gesellschaft DEGES zusammen. Ein Unternehmen, an dem nur der Bund und 12 Bundesländern beteiligt sind. Hamburg mit knapp sechs Prozent. Niedersachsen dagegen gar nicht.
Konkret geplant und gebaut werden an der A7 erst einmal vor allem Kabeltrassen.
Zwischen Heimfeld und Seevetal wird auch das Autobahn eigene IT-Netz, an dem zum Beispiel Straßensensoren oder Notrufsäulen hängen, im Rahmen des Projektes modernisiert.
Konkret geplant und gebaut werden erst einmal vor allem Kabeltrassen. Nach dem aktuelle Standard werden entlang von Bundesautobahnen sechs Rohre, zum Beispiel für Strom oder Kupferleitungen, verlegt. Alle sind für die Autobahn internen Kommunikationswege, wie der Datenübertragung für Tempoanzeigen, belegt.
Rohre können auch von privaten Unternehmern wie Telekom oder Vodafone genutzt werden
Neu dazu kommen an der A7 zum ersten Mal in diesem Umfang drei weitere Rohre, die auch von privaten Unternehmen wie der Telekom, Vodafone, Telefonica oder Drillisch genutzt und gemietet werden können. Ein 110 mm Rohr für Stromleitungen und zwei 50 mm Rohre für Internet- und Mobilfunkkabel. „Wir bauen damit die kostenintensive Infrastruktur, sodass die Telekommunikationsunternehmen vergleichsweise einfach ihre Glasfaserkabel verlegen können”, erklärt Projektleiter Marc Lenuweit.
Was sich zunächst nicht schwierig anhört, hat schon eine dreijährige Planungszeit hinter sich. Denn in dem dicht bebauten Streckenabschnitt in Hamburg und Niedersachsen kreuzt die neue Trasse alleine 17 Straßen und Brücken. Zusätzlich muss noch die Bahnstrecke Hamburg - Bremen überquert und auch die Seeve überwunden werden. Dazu wurde der Baugrund in mehr als 90 Bohrungen in bis zu 10 Metern Tiefe genau untersucht.
Ob am Ende wirklich mehr Daten fließen, liegt vor allem an Privatunternehmen
Die Kabelschächte werden in den Boden eingelassen. Nachdem es in diesem Jahr mehrere Anschläge auf solche Kabelinfrastruktur der Bahn gegeben hat, liegt ein besonderes Augenmerk auf deren Sicherheit. Der Zugang sei deutlich erschwert worden, hieß es von der DEGES.
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Ob am Ende wirklich mehr Daten entlang des A7-Abschnitts fließen, liegt vor allem an Privatunternehmen. Denn sie sind zum Beispiel für die Errichtung von Mobilfunkmasten zuständig. Und es könnte fünf neue solcher Basisstationen zwischen Hamburg und Niedersachsen geben. Dafür werden während des aktuellen Pilotprojekts die Grundlagen mit Ausstiegspunkten und Stromleitungen geschaffen. Mit der neuen Breitbandtrasse könnten auch vier Ortschaften zum Beispiel in Rosengarten von schnellen Internetanschlüsse profitieren. Bisher gelten sie als unterversorgte Gebiete. Konkrete Zusagen für Baumaßnahmen der Privatunternehmen gibt es aber nicht.
Als Ausgleich für die Kabelschächte an der A7 muss ein Pendlerparkplatz weichen
Pendler im niedersächsischen Winsen (Luhe) profitieren dabei nicht von der Teststrecke. An der A39-Anschlussstelle Winsen-Ost soll der seit Jahrzehnten geduldete, aber nicht offiziell vorhandene Pendlerparkplatz wegfallen und wieder begrünt werden. Denn als Ausgleich für die Kabelschächte an der A7 müssen 1.000 Quadratmeter wieder renaturiert werden. Die Maßnahmen sollen dafür im Frühjahr 2024 starten. Dass ein Pendlerparkplatz für das Projekt wegfallen muss, sei “eine schlechte Lösung”, hieß es von der DEGES. Es habe aber keine andere Option als Ausgleich gegeben.
Der Start für das Bauvorhaben wurde in den letzten Jahren schon mehrfach verschoben. Jetzt, nach dem symbolischen Baustart im Oktober 2023, soll das Projekt Mitte 2024 fertiggestellt werden. Damit soll das Pilotprojekt weiteren Neu- und Umbauprojekten an Autobahnen eine wichtige technische Grundlage geben.
Und mit dem Neubau der A26, dem Ausbau der A1 und der A7 und der Hafenquerspange gibt es in den nächsten Jahrzehnten genügend Strecken alleine im Hamburger Süden dafür.