Lüneburg. Grundwasserstand sinkt im Landkreis Lüneburg in zehn Jahren um rund einen halben Meter. Was den Abwärtstrend stoppen soll.
Die schmale blaue Linie verdeutlicht, wie es um den Grundwasserstand in Betzendorf im Landkreis Lüneburg steht: Sie fällt von links nach rechts – mit Wellen für jahreszeitliche Schwankungen – sichtbar ab. Fast alle weiteren Messstellen zeigen eine ähnliche Tendenz: Das Grundwasser im Landkreis Lüneburg nimmt ab, innerhalb der vergangenen zehn Jahre ist der Stand der kostbaren Ressource um durchschnittlich 59 Zentimeter gesunken.
Noch dramatischer sieht es im benachbarten Landkreis Lüchow-Dannenberg aus. Hier beträgt die Absenkung des Grundwasserspiegels im Mittel 64 Zentimeter. Das hat eine Kleine Anfrage der CDU-Landtagsabgeordneten Anna Bauseneick und Uwe Dorendorf an die niedersächsische Landesregierung ergeben. Gründe sind offenbar die häufige Trockenheit der vergangenen Sommer und die Klimakrise.
In trockenen Jahren ist weniger Grundwasser verfügbar, zugleich steigt der Bedarf
„Der Grundwasserstand ist von Bedeutung für die Trinkwasserversorgung, für die Bewässerung in der Landwirtschaft und für viele Bereiche in Industrie und Handwerk“, begründen die beiden ihre Nachfrage. „Zeiten geringer Niederschläge können nach Einschätzung von Experten zu einer Trinkwasserknappheit führen, insbesondere dann, wenn sie mit Hitzeperioden einhergehen.“
Dies bestätigt die Antwort aus dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz. Die Erfahrungen aus den trockenen Jahren seit 2018 hätten gezeigt, dass in trockenen Sommern einerseits die Wasserverfügbarkeit sinke und andererseits der Wasserbedarf stark ansteigen kann. Die Klimakrise sowie eine Temperaturerhöhung um 1,7 Grad in Niedersachsen seit 1950 verstärkten diese Entwicklung.
Fast alle 23 Mess-Standorte im Landkreis Lüneburg zeigen Absenkung des Grundwassers
Die vergangene Dekade sei in Nordost-Niedersachsen durch die Klimakrise von einer unterdurchschnittlichen Grundwasserneubildung geprägt, heißt es aus Hannover. Verbunden mit gestiegenen Temperaturen ergebe sich daraus eine Belastung für den Wasserhaushalt und damit auch für die Grundwasserstände. Konkret zeigen dies die Messungen an 23 Standorten im Landkreis Lüneburg. Nur an zwei Stellen hat sich der Grundwasserstand im Verlauf der vergangenen zehn Jahre erhöht, im Durchschnitt um 23 Zentimeter. An zwei Stellen ist der Grundwasserspiegel stabil geblieben.
An den übrigen 19 Messstandorten wurden sinkende Grundwasserstände registriert, im Mittel um 74 Zentimeter. Die stärkste gemessene Absenkung beträgt 1,45 Meter. Bezieht man alle Messstellen ein, beträgt die durchschnittliche Absenkung 59 Zentimeter. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg ist der Grundwasserspiegel an allen 33 beobachteten Standorten gesunken, im Durchschnitt um 64 Zentimeter. Die Ergebnisse haben Auswirkungen auf die Nutzung des Grundwassers in der Region.
Land Niedersachsen: Grundwasserspiegel unterliegt starken Schwankungen
Zwar unterliegt der Grundwasserstand generell starken Schwankungen, dies zeigen Daten des Landes Niedersachsen aus den vergangenen Jahrzehnten. Anfang der 1950er Jahre wurde mit regelmäßigen Messungen begonnen. Eine landesweite Analyse durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hat die Entwicklung von 1984 bis 2014 in den Blick genommen. Sie zeigt regional sehr unterschiedliche Tendenzen, von stark fallenden bis vereinzelt stark steigenden Ständen.
Dennoch hat die jüngste Entwicklung in der Region die Behörden alarmiert. Um den Wasserverbrauch zu begrenzen arbeiten beide Landkreise an einem Wasserversorgungskonzept und haben in diesem Sommer jeweils eine Allgemeinverfügung erlassen, die bei hohen Temperaturen unter anderem das Wässern privater Gärten, die landwirtschaftliche Feldberegnung und die Wassernutzung durch Unternehmen einschränkt. Eine erste Allgemeinverfügung für die Landwirtschaft bei starkem Wind gab es im Landkreis Lüneburg bereits vor zwei Jahren.
Landrat will Ressource Wasser für kommende Generationen schützen
„Die Entwicklung erfüllt mich mit großer Sorge und zeigt, dass wir beim Thema Wasser am Ball bleiben und unser Verhalten anpassen müssen – auch wenn der Sommer diesmal eher verregnet war“, sagt Lüneburgs Landrat Jens Böther. „Was ich gut finde: Das Thema Wasser ist inzwischen im Bewusstsein vieler Menschen angekommen und wird öffentlich diskutiert. Das hilft uns, den richtigen Weg im Umgang mit diesem kostbaren Gut zu finden und es für kommende Generationen zu schützen.“
Die Daten zum Grundwasserstand seien dem Landkreis bekannt. „Wir stehen im ständigen Austausch mit Fachbehörden, Institutionen, Gremien und der Öffentlichkeit“, sagt Böther. Der Fachdienst Umwelt verfolge zudem kontinuierlich neue Daten, Erkenntnisse und Veröffentlichungen. So werden unter anderem aktuelle Grundwasserstände online vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) veröffentlicht.
Wassermanagementkonzept des Landkreises Lüneburg soll Ende des Jahres vorliegen
Diese „Dürre-Sommer“ der vergangenen Jahre mit regelmäßigen Hitze- und Trockenperioden verleihe den Bemühungen um den Grundwasserschutz und das Wassermanagement natürlich mehr Dringlichkeit, betont Böther. „Unseres Erachtens ist es notwendig, mit noch mehr Nachdruck Maßnahmen, Regelungen und Projekte auf den Weg zu bringen, die negativen Auswirkungen auf die Grundwasserneubildung, Grundwasserstände, Fauna und Flora, Landwirtschaft und Gewässer entgegenwirken.“
Das Wassermanagementkonzept ist Böther zufolge in intensiver Bearbeitung. Das Begleitgremium, in dem Vertreter von Behörden, Kommunen, Umweltverbänden, Wasserversorgern, Vereinen, Landwirtschaft, Unterhaltungsverbänden und der Forst zusammenarbeiten, tagt in Kürze zum vierten Mal. Ende des Jahres soll das Konzept vorliegen.
Satellitendaten deuten ebenfalls auf sinkenden Grundwasserstand hin
Bereits im vergangenen Jahr waren durch das Projekt GRACE bekannt geworden, dass Satellitendaten auf sinkende Grundwasserstände in der Region hindeuten. Fachleute vom Gewässerkundlichen Landesdienst bestätigten daraufhin, dass die Wassermengen rund um den Landkreis Lüneburg in den vergangenen 20 Jahren zurückgegangen sind – und zwar möglicherweise um 2,25 Milliarden Kubikmeter. Für einzelne Genehmigungsverfahren sollten die Behörden allerdings besser auf das Netz an Grundwasser-Messstellen zurückgreifen, das die Entwicklung vor Ort sehr engmaschig abbildet.
Das Niedersächsische Wasserversorgungskonzept zielt bereits darauf, die Wasserversorgung im Land langfristig sicherzustellen. Dazu zählt dem Ministerium zufolge ausdrücklich ein „Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und Grundwasserneubildung.“ Heißt: Bildet sich dauerhaft weniger Grundwasser, kann nicht mehr so viel Wasser wie bisher genutzt werden. Vor diesem Hintergrund hatte es in der Region massive Proteste gegeben, als der Coca-Cola-Konzern, der in Lüneburg eine Abfüllanlage für Getränke betreibt, einen weiteren Brunnen zur Entnahme von Grundwasser errichten ließ. Nach der Testphase wurde der Betrieb jedoch wieder eingestellt.
Erlass des Landes ermöglicht Maßnahmen, um Absenkung des Grundwasserspiegels zu stoppen
Mit einem Erlass zur mengenmäßigen Bewirtschaftung des Grundwassers hat das Land den unteren Wasserbehörden einen Rahmen vorgegeben, der dazu beitragen soll, dass der Grundwasserspiegel nicht weiter sinkt. Derzeit wird eine Neufassung dieses Erlasses erarbeitet. In Zukunft könnten die Wasserentnahmerechte, die jeweils für mehrere Jahre zum Beispiel an Landwirte und Unternehmen vergeben werden, für spürbar geringere Mengen gelten.
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Dass sich etwas ändern muss, um das Grundwasser langfristig in ausreichender Menge zu erhalten, steht angesichts der jüngsten Daten fest. „Bei trockenen Verhältnissen herrscht in beiden Landkreisen derzeit schon ein hoher Nutzungsdruck“, heißt es in der Antwort des Ministeriums auf die Kleine Anfrage.
Landrat ruft alle Lüneburger auf, sparsam mit Grundwasser umzugehen
Landrat Jens Böther appelliert an alle Wasserverbraucher, sehr bewusst mit der Ressource umzugehen. „Um unser Wasser zu schützen, sehe ich gleichzeitig uns alle gefragt: Jeder Nutzer, jede Nutzerin hat seinen und ihren Wasserverbrauch ein Stück weit selbst in der Hand – ob im privaten Haushalt und Garten, in der Industrie oder in der Landwirtschaft.“ Ein sparsamer Umgang mit dem kostbaren Nass sei vernünftig und oft auch gut umsetzbar.