Reppenstedt. Konzern stoppt nach langem Streit Pläne, einen dritten Brunnen im Landkreis Lüneburg zu bohren. Stadt und Umweltschützer erleichtet.
Coca-Cola wird vorerst doch keinen weiteren Brunnen im Landkreis Lüneburg in Betrieb nehmen. Es werde in absehbarer Zeit keinen Antrag auf Trinkwasserentnahme stellen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.
Seit fünf Jahren hatte Coca-Cola über sein Tochterunternehmen Apollinaris Brands den Bau eines dritten Brunnens zwischen Lüneburg und Reppenstedt vorbereitet, zuletzt war im vergangenen Jahr ein Pumpversuch durchgeführt worden. Ziel war es, zusätzlich bis zu 350 Millionen Liter Wasser im Jahr zu fördern. Der Getränkehersteller fördert bereits die gleiche Menge in Lüneburg und füllt das Wasser unter dem Markennamen „Vio“ ab.
Trinkwasser: Coca-Cola benötigt Brunnen nun doch nicht
Die jetzt beschlossene Planänderung begründet das Unternehmen mit der sinkenden Nachfrage nach Mineralwasser. Seit 2019 sei der Absatz nach Angaben des Verbands Deutscher Mineralbrunnen jährlich um etwa fünf Prozent zurückgegangen. Auch die anhaltende Corona-Pandemie wirke sich negativ auf das wettbewerbsintensive Mineralwassergeschäft aus.
„Der Markt schrumpft. Deshalb sind wir nach intensiver Prüfung zu dem Schluss gekommen, dass die Marktsituation einen wasserrechtlichen Antrag für eine zusätzliche Wasserentnahme aktuell nicht mehr rechtfertigt“, sagt Tilmann Rothhammer, Geschäftsführer Customer Service & Supply Chain der Coca-Cola Europacific Partners Deutschland GmbH. „Wir können der aktuellen und in naher Zukunft erwarteten Nachfrage mit unserer derzeitigen Auslastung und unseren bestehenden Brunnen vorerst gut nachkommen.“
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Die Entscheidung bedeutet eine Wendung im Konflikt um die Nutzung des Grundwassers durch private Unternehmen. Insbesondere die Bürgerinitiative „Unser Wasser“ hatte das Vorhaben in der Samtgemeinde Gellersen kritisiert und sich dafür eingesetzt, das Grundwasser als öffentliches Gut zu behandeln. Trotz der aktuellen Entscheidung des Unternehmens werde die Bürgerinitiative weiterhin aktiv bleiben, teilen die Sprecher auf ihrer Internetseite mit. „Der Antrag kann jederzeit gestellt werden. Die Verschnaufpause werden wir nutzen, um darauf hinzuwirken, veraltete Gesetze und Erlasse auf Landesebene überarbeiten zu lassen.“
Coca-Cola begräbt Brunnen-Pläne: Bürgermeisterin erleichtert
Auch Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) zeigte sich zufrieden über die Entscheidung der Apollinaris Brands GmbH, auf einen dritten Brunnen im Raum Lüneburg zu verzichten. Damit zeige sich Coca-Cola als verlässlich, sagt sie. „Es gab schon vorher die Zusage, kein Wasser fördern zu wollen, welches das Unternehmen nicht benötigt. Die sinkende Nachfrage bestärkt mich in der Überzeugung, dass es etwas bewirken kann, wenn wir als Verbraucher Dinge tun oder lassen.“
Kalisch begrüßte in dem Zusammenhang auch die Aussage des Unternehmens, dass die Produktionslinien und die Arbeitsplätze in Lüneburg erhalten blieben. „Ich bin mit dem Unternehmen im Austausch und freue mich, demnächst Näheres über die neue Geschäftsstrategie und die Ziele und Konzepte des Unternehmens in puncto Nachhaltigkeit zu erfahren.“
Start des Pumpversuchs war von Polizisten begleitet worden
Um eine Erlaubnis für die Entnahme von Trinkwasser zu erhalten, hätte Coca-Cola einen Antrag bei der Unteren Wasserbehörde des Landkreises Lüneburg stellen müssen. Ein Pumpversuch von Februar bis April 2021 hatte Aufschluss über die Auswirkungen der Wasserentnahme geben sollen. In diesem Zeitraum wurden rund 100.000 Kubikmeter Wasser gefördert. Bereits der Start des Versuchs war von Polizisten begleitet worden. Der umstrittene Brunnen war mehrfach beschädigt worden, auch Klimaaktivisten von Extinction Rebellion hatten dagegen protestiert.
Auf Grundlage der Messdaten aus dem Versuchszeitraum wurde ein hydrogeologisches Gutachten erstellt. Mit dem Antrag war bereits Ende September vergangenen Jahres gerechnet worden. Jetzt hat sich Coca-Cola entschieden, diesen Schritt vorerst nicht zu gehen. Die Bürgerinitiative „Unser Wasser“ fordert nun, den bereits gebohrten Brunnen schnellstmöglich zurückzubauen und die bei der Probebohrung erhobenen Daten auszuwerten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.