Tostedt. Im Imkerverein Tostedt von 1895 e.V. beschäftigen sich drei Frauen und 49 Männer mit den fleißigen Bestäubern und Honiglieferanten.
Von ihren geflügelten Schützlingen ist meist nur ein angenehmes Summen zu vernehmen, etwa hoch oben in den Blüten der Linden oder auf den leuchtend gelben Rapsfeldern. Die Imker selbst treten in der Öffentlichkeit selten in Erscheinung, arbeiten emsig im Hintergrund und sorgen dafür, dass es ihren Bienenvölkern gut geht.
Höchstens, wenn sie ihre Bienenkästen zu einem anderen Standort bringen, dann sieht man sie. Für den Transport seiner Bienen zur Obstblüte ins Alte Land oder in die Nähe von Buxtehude, benutzt der Tostedter Horst-Dieter Fehling natürlich sein Auto. Zum Füttern und Pflegen seiner Jungvölker an den nahe gelegenen Standorten ist er hingegen umweltfreundlich mit E-Bike und Spezialanhänger unterwegs.
Seit Jahrzehnten betreibt Horst-Dieter Fehling sein Hobby mit Leidenschaft
„Das Wertvollste an den Bienen ist ihr Einsatz für die Bestäubung der Pflanzen“, erklärt der erfahrene Imker. Seit Jahrzehnten betreibt Horst-Dieter Fehling sein Hobby mit Leidenschaft. Und er ist auch im Besitz der Vereinschronik des 128 Jahre zählenden Imkervereins. Dieser wurde am 15. September 1895 gegründet von 15 Imkern aus Tostedt, Todtglüsingen, Dohren, Wistedt, Buchholz, Trelde und Vahrendorf, die sogar in Zeiten des ersten und zweiten Weltkriegs ihre Versammlungen regelmäßig abhielten.
„Bis 2008 verringerte sich die Zahl der Imker, danach kam ein drastischer Anstieg, und der Altersdurchschnitt ist gesunken“, freut sich Fehling. Woran das liegt, kann nur vermutet werden. Die Sensibilisierung durch die Medien im Hinblick auf die fatale Zunahme des weltweiten Insektensterbens oder auch die verstärkte Bewerbung von Pflanzen als besonders „bienenfreundlich“ mögen für so manchen Jung-Imker den Ausschlag zur Beschäftigung mit den Bienen gegeben haben.
Produktion von Honig ist für viele Imker nur eine „Randerscheinung“
Für viele von ihnen ist die Produktion von Honig nur eine „Randerscheinung“. Im Vordergrund steht meist der Umgang mit den Bienen. „Für mich ist das wie Yoga“, sagt Imker Heinrich Richter aus Sprötze. Nach getaner Arbeit auf der Terrasse sitzen und die Bienen fliegen zu sehen, das hilft ihm beim Abschalten und Herunterkommen.
Doch so gemütlich, wie es den Anschein hat, ist dieses Hobby nicht. Besonders im Frühjahr und im Sommer muss dafür sehr viel Zeit aufgewendet werden. Imkerkurse vermitteln Grundkenntnisse der Bienenhaltung. Damit ist es aber noch nicht getan. Von großer Wichtigkeit für den Jung-Imker ist es, vom Wissen gestandener Imker zu profitieren. „Jeder Jung-Imker braucht einen erfahrenen Partner, der ihn anlernt“, weiß Heinrich Richter. Die einzig wahre Methode, dieses Hobby zu betreiben, gibt es nicht.
Was ist zu tun, wenn ein Schwarm als summende Kugel hoch droben im Birnbaum hängt?
„Jeder imkert so, wie er es für richtig hält“, so Richter. So individuell wie ihre Methoden zu imkern, so bunt ist auch die Zusammensetzung des Imkervereins Tostedt. Vom Arbeiter über die Bibliothekarin bis zu Ruheständlern, die einst als Bäcker, Lehrer oder Computerservice-Mitarbeiter ihren Lebensunterhalt verdienten, reicht die Bandbreite der Mitglieder. Bei deren monatlichen Treffen im Restaurant „Schafstall“ in Handeloh-Wörme kommen Themen auf den Tisch, die sie bewegen: Bienenkrankheiten, wie ein Befall mit den gefährliche Viren übertragenden Varoa-Milben, die Wanderung mit den Bienen oder die Wintervorbereitung.
Ein Laie, der ihnen zuhört, versteht zunächst nicht alles. So dürfte vielen der Begriff Drohnenbrütigkeit nicht unbedingt bekannt sein. Für Imker aber ist dies ein Problem, das darin besteht, dass eine andere Biene als die Königin Eier legt, die dann noch nicht mal befruchtet sind. Oder was ist zu tun, wenn ein Schwarm sich ein anderes Zuhause sucht und plötzlich als summende Kugel hoch droben im heimischen Birnbaum hängt? Fragen über Fragen, die hier diskutiert werden.
Niemand wird im Stich gelassen. Und über Stiche beklagt sich kaum ein Imker
Niemand wird im Stich gelassen. Ja, und über Stiche ihrer geflügelten Lieblinge beklagt sich kaum ein Imker, denn sie alle wissen, dass Ruhe im Umgang mit ihnen absolut unerlässlich ist. Also kein Hobby für quirlige Hektiker.
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Wer bislang dachte, alle blühenden Pflanzen würden Honig absondern, ist auf dem Holzweg. Trockenheit und Hitze vereiteln dies oft. Und, nein, Honig gibt es nicht nur von Blüten, wie es sich viele Menschen vorstellen, begründet durch farbenfrohe Werbebilder. Waldhonig etwa stammt vom Honigtau der Fichten. Auf jeder Baumart gibt es spezielle Rindensauger oder auch Blattläuse, welche die Baumsäfte anzapfen. Die Bienen sammeln dann den mineralstoffreichen, süßen Honigtau und wandeln ihn zu Honig um. Auch Ahornbäume und Eichen werden deshalb gern von den Immen aufgesucht.
Geschmacksunterschiede zwischen den einzelnen Sorten können groß sein
Die Zeit der Tracht, also die „Einfuhr“ des gesamten Angebots an Nektar, Pollen und Honigtau in den heimischen Bienenstock, beginnt in der Regel im April mit der Kirschblüte und endet Anfang Juli mit dem Abblühen der Linde. Der Honig wird erst geschleudert, gerührt und abgefüllt, wenn die Bienen den hohen Wassergehalt des Nektars auf unter 18 Prozent reduziert haben. Erst dann ist er haltbar, „reif“, wie der Imker sagt.
Die Geschmacksunterschiede zwischen den einzelnen Sorten können groß sein. Darauf hat der Imker keinen Einfluss. Anders sieht es bei der Konsistenz aus: Durch schonendes Rühren werden besonders die Blütenhonige feincremig. Da hat jeder Imker sein Geheimnis. „Wenn meine Freundin die Konsistenz gut findet, dann ist sie es auch“, vertraut Heinrich Richter auf das weibliche Urteil. Über mangelnde Absatzmöglichkeiten beklagen sich nur wenige Imker.
Deutsche sind Weltmeister im Verzehr von Honig
„Wir Deutsche sind Weltmeister im Verzehr von Honig“, weiß Horst-Dieter Fehling. Nicht nur in der Region, sondern sogar auf den Hamburger Wochenmärkten in Ottensen und Winterhude verkauft Günther Klenota, erster Vorsitzender des Imkervereins Tostedt, seinen Honig: Qualität aus der Nordheide, die von den Städtern geschätzt wird.
Das Freilichtmuseum am Kiekeberg lädt am Sonntag, 6. August, von 10.00 bis 18.00 Uhr ein zum Imkertag mit Informationen über Bienen, Honig und Heide sowie Mitmachaktionen für Kinder, Eintritt für Erwachsene: elf Euro, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt.