Fischbek. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – dieser hier wird begleitet von Rehen und Uhus in der Fischbeker Heide. Ein Traum, findet unser Autor.
- Die Lüneburger Heide ist ein Eldorado für Wanderfreunde – schier endlos erstrecken sich die unberührten Landschaften im Hamburger Süden
- Wer sie erkunden möchte, kommt um den Heidschnuckenweg nicht herum
- Elf Etappen lang führt er zu den schönsten Ecken der Region und startet praktischerweise direkt in Hamburg
Ein wolkenleerer Himmel und die zarten Sonnenstrahlen eines frühen Junimorgens, dazu das vertraute Gefühl des Rucksacks auf den Schultern. In der Hand einen am Wegesrand aufgelesenen Wanderstab. Bessere Startbedingungen für eine zweiwöchige Wanderreise gibt es kaum: An diesem Morgen liegen die sanften Hügel der Fischbeker Heide seelenruhig dar. Hier beginnt er also, der Heidschnuckenweg.
Wandern auf dem Heidschnuckenweg: In der Fischbeker Heide geht es los
Europäische Fernwanderwege erfreuen sich seit einigen Jahren immer größerer Beliebtheit. Fast jeder hat heutzutage Bekannte, die sich auf den jahrhundertealten Jakobsweg in Richtung Santiago de Compostela begeben haben. Aber wozu eigentlich eine Reise durch halb Europa auf sich nehmen, wenn ein mehrfach preisgekrönter Wanderweg direkt vor der Haustür beginnt?
Der 2012 eingeweihte Heidschnuckenweg beginnt direkt in Neugraben-Fischbek. Von hier geht es 223 Kilometer durch die Lüneburger Heide, unterteilt in offizielle 13 Etappen, die man durch sogenannte Heideschleifen verkürzten oder verlängern kann. Weite Teile führen durch die Lüneburger Heideflächen, durch Moore, Ur- und Naturwälder – aber auch durch gemütliche Heidedörfer mit alten Fachwerkhäusern und urigen Gaststätten.
In der Ferne ist leise eine Gruppe spielender Kinder zu hören. Jetzt noch einmal tief durchatmen, und dann heißt es in der enthusiastischen Mundart der Hobbits nach J.R.R. Tolkien: „Ich gehe auf ein Abenteuer!“
Ein flinkes Reh springt über die heidebedeckten Hügel
Die ersten Kilometer vom Startpunkt bis zum Segelflugplatz laufen sich dabei in der über 700 Hektar großen Naturschutz- und Kulturlandschaft Fischbeker Heide wie von selbst. Weiße H-Symbole auf Baumstämmen weisen den Weg.
Schon nach zwei Kilometern springt ein flinkes Reh über die heidebedeckten Hügel und verschwindet hinter einer Baumreihe. Im Gezwitscher der Vögel zeichnet sich deutlich ein Uhu ab, nur zu sehen ist er nicht: Dafür muss ich einen kurzen Umweg durch den Wald in Kauf nehmen. Und tatsächlich, dort sitzt er – in der Krone einer alten Kiefer.
Die Heide: Unverzichtbarer Nist- und Lebensraum für viele Wildtiere
Die erste Etappe des Heidschnuckenwegs von Fischbek bis nach Buchholz bildet einerseits direkt zum Einstieg einen der schönsten Streckenabschnitte ab. Aber: Mit rund 26 Kilometern und 320 Höhenmetern ist es auch einer der anstrengendsten. Unzählige Wanderer haben hier schon vor mir unvergessliche Momente erlebt, haben Heidschnuckenherden beim Grasen zugeschaut.
Denn wo das bekannte Heidekraut wächst, sind auch die genügsamen Vierbeiner nicht fern, die bei der Landschaftspflege stets pflichtbewusst ihre Arbeit machen. Auch für die restliche Wildtierwelt bietet die Heidelandschaft einen unverzichtbaren Nist- und Lebensraum. „Es gibt viele Tierarten, die die freien Flächen brauchen. Insbesondere Oberflächenbrüter und Wiesenbrüter, die ihre Nester auf dem Boden haben“, erklärt Günter Lach vom Nabu-Süd.
Heidschnucken und Menschen arbeiten gemeinsam für den Erhalt der Landschaft
Die Heide muss immer wieder gepflegt werden, indem junge Bäume aus den freien Flächen entfernt werden oder indem der Boden geplackt beziehungsweise geschoppert wird. Dabei wird die oberste Schicht des nährstoffarmen Bodens entfernt. Heidschnucken und Menschen arbeiten so gemeinsam für den Erhalt der Kulturlandschaft und Lebenswelt.
Die Landschaft hinter dem Segelflugplatz ist von vielen kleinen und bewaldeten Hügeln geprägt. Es geht hinauf, es geht hinab – das kostet Kraft. Doch immer wieder wird man zwischendurch belohnt. Am Karlstein zum Beispiel, benannt nach Karl, dem Großen. Die tiefen Furchen im Stein soll der Frankenkönig einer Sage nach höchstpersönlich verursacht haben.
Dann streife ich die Buchenwälder im Rosengarten entlang – und erreiche den eindrucksvollen Reiterhof Langenrehm. Ein riesiger, aus Holz geschnitzter Gandalf steht dort neben anderen kuriosen Skulpturen. Hat mich meine Reise nun doch durchs Auenland geführt?
Zum Ende der Etappe braucht es jede Menge Willenskraft
Weite Felder erstrecken sich Richtung Horizont und bieten einen weiten Ausblick. Vor allem die letzten Kilometer Richtung Buchholz erfolgen dann vermehrt an kürzeren Straßenabschnitten und erfordern einiges an Willenskraft, um das Tagesziel in Buchholz zu erreichen.
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Wer sich vor dem Start der Wanderung noch nicht sicher ist, was alles zwingend zur Wanderausrüstung gehört, wird spätestens nach dieser ersten Etappe priorisieren – und möglicherweise direkt das eine oder andere Gepäckstück per Post zurück an die Heimatadresse schicken.
Denn die unter Wanderern bekannte Faustregel, maximal 10 Prozent des Eigengewichts im Rucksack zu tragen, bewahrheitet sich für mich an diesem Tag ganz deutlich. In Buchholz bietet sich dem Wandervolk dann eine Vielzahl an Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurants – die meisten werden allerdings nach dieser ersten Etappe einfach direkt ins Bett fallen.