Hittfeld. 57-jähriger Hittfelder nimmt zum zweiten Mal an World Transplant Games teil – und gewinnt zum zweiten Mal Silber. Worauf er jetzt hinfiebert.
Sportlicher Wettkampf trotz Organ-Transplantation – das geht und zwar richtig gut! Wer Ralf Struckhof aus Hittfeld beim Training beobachtet, wird ihn für einen normalen, äußerst sportlichen Mann halten. Allerdings hat er ein besonderes Schicksal, 2015 musste er sich einer Herztransplantation unterziehen. Vor einigen Jahren hätte er nicht davon zu träumen gewagt, eines Tages an Weltmeisterschaften im Sport teilzunehmen. Es sollte anders kommen: Jüngst nahm der Seevetaler zum zweiten Mal an den World Transplant Games teil. Seine Premiere feiert er 2019 in Newcastle, jetzt ging es nach Perth in Australien.
Persönliche Bestzeit und Silber in der Lieblingsdisziplin: 5 Kilometer Race Walking
Bei der Veranstaltung zeigte Ralf Struckhof eindrucksvoll, was mit einem transplantierten Herzen alles möglich ist: „Ich schwebe immer noch auf Wolke sieben nach all den tollen Ereignissen und Erfahrungen.“ Wie schon vor vier Jahren wurde er in seiner absoluten Lieblingsdisziplin, dem 5 Kilometer Race Walking, in persönlicher Bestzeit von 33:08 Minuten Vizeweltmeister. Race Walking unterscheidet sich vom klassischen Laufen dadurch, dass immer ein Fuß Bodenkontakt haben muss. Im 100-Meter-Brust-Schwimmen reichte es für den vierten Platz, nur im Darts musste sich Struckhof in der ersten Runde geschlagen geben.
Zum 24. Mal fanden in diesem Jahr die World Transplant Games statt. Mehr als 1500 Sportlerinnen und Sportler aus 45 Nationen kamen im australischen Perth zusammen, um an sechs Wettkampftagen ihre Besten in 17 Sportarten zu ermitteln. Mit dabei waren 31 Sportler aus Deutschland. Die Spiele werden alle zwei Jahre ausgetragen und dienen neben dem sportlichen Wettkampf dazu, auf die Bedeutung von Organ- und Gewebespenden aufmerksam zu machen und zu zeigen, was trotz Transplantation alles möglich ist.
Austragungsort für die nächsten World Transplant Games ist 2025 Dresden
Die deutschen Sportlerinnen und Sportler können sich erstmals auf Heim-Weltmeisterschaften freuen – Austragungsort für die nächsten World Transplant Games 2025 wird Dresden sein. „Es ist toll, all die anderen Teilnehmerinnen und ihre Angehörigen in Deutschland begrüßen zu können. Wir sind wie eine große Familie“, sagt Ralf Struckhof voller Vorfreude.
Sportlich ist der Familienvater aus Hittfeld schon immer gewesen. Doch nachdem ein angeborener Herzfehler diagnostiziert wurde, änderte sich Vieles. Acht Monate lang lag er im Uniklinikum Eppendorf und wartete auf ein rettendes Spenderherz – im September 2015 kam die erlösende Nachricht. Der Sport und die Vorstellung, einmal an den Weltspielen teilzunehmen, gaben Ralf Struckhof auf seinem Weg zurück viel Kraft. Bereits während der Wartezeit erzählte ihm ein Arzt von den Möglichkeiten, nach erfolgreicher Transplantation aktiv Sport zu treiben. Für den heute 57-Jährigen war die Vorstellung seinerzeit völlig undenkbar.
Nach der Herz-OP musste Struckhof gehen, Treppen steigen und Alltägliche erlernen
„Es ging mir super schlecht, an Sport war wirklich nicht zu denken. Aber irgendwie hat mich dieser Gedanke motiviert, durchzuhalten. Für meine Überlebensstrategie war so ein Ziel eine enorme Hilfe.“ Bis er sich sportlich betätigen konnte, war es jedoch ein langer und schwieriger Weg. Zunächst musste Ralf Struckhof wieder gehen, Treppen steigen und alltägliche Bewegungen erlernen. Nach intensivem Training gelang ihm 2018 erstmals die Teilnahme an den deutschen Meisterschaften. Ein toller Moment, nicht nur für ihn, sondern auch für seine Familie, die ihm auf seinem langen Weg immer zur Seite stand und nun aktiv am Streckenrand anfeuert.
In Folge der Herztransplantation sind einige Sportarten nicht mehr auf Wettkampfniveau möglich. Vor der Transplantation habe er regelmäßig an den Hamburger Cyclassics teilgenommen, an sportliches Radfahren auf diesem Niveau sei aus medizinischen Gründen aber nicht mehr zu denken, berichtet er. Struckhof hofft darauf, an den World Transplant Games in zwei Jahren in Dresden teilnehmen und vor den Augen des Heimpublikums erneut Bestzeiten aufstellen zu können.
Persönliches Anliegen: Thema Organspende in den Fokus der Öffentlichkeit rücken
Aber nicht nur aus sportlicher Sicht blickt er gespannt auf die Spiele 2025: es geht vor allem darum, das Thema Organspende in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung steht Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten wie Spanien, Portugal oder Kroatien sehr schlecht da, wenn es um die Anzahl an Organspenderinnen geht.
„Wir versuchen mit diesen Veranstaltungen zu zeigen, was nach einer Transplantation alles möglich ist und so mehr Menschen in Deutschland dazu zu motivieren, einen Organspendeausweis zu beantragen“, sagt Ralf Struckhof. Die World Transplant Games der vergangenen Jahren hätten immer wieder gezeigt, dass Aufmerksamkeit durch Sport einen positiven Einfluss auf die Spenderzahlen in den Regionen habe. Eine Verbesserung der Situation sei in unserem Land dringend notwendig, so sein eindringlicher Appell: Allein 2021 starben in Deutschland mehr als 800 Menschen, während sie auf ein Organ warteten.