Stade. In Niedersachsen sind 45.000 Stellen zu besetzen. Betreuermangel führt bereits zu einer Verringerung des Angebotes.
Die Betreuungssituation in Kindertagesstätten im Landkreis Stade ist angespannt und wird sich durch steigende Anforderungen verschärfen. Darauf haben Vertreterinnen und Vertreter der Stader Stadtverwaltung die örtlichen Landtagsabgeordneten hingewiesen. Stadtrat Carsten Brokelmann, zuständig für Soziales im Verwaltungsvorstand der Hansestadt Stade, schilderte gegenüber Corinna Lange (SPD) und Melanie Reinecke (CDU) den Ernst der Lage.
Seit einigen Jahren haben Eltern einen Rechtsanspruch für die Betreuung von Kindern ab drei Jahren, der inzwischen sechs anstelle von vier Stunden täglich beträgt. Hinzu kommt die Beitragsfreiheit für die Kinderbetreuung. „Die Beitragsfreiheit ist für junge Familien auf der einen Seite ein Segen, weil sie es beispielsweise beiden Elternteilen ermöglicht zu arbeiten und das Kind gut betreut zu wissen, auf der anderen Seite führt sie dazu, dass die Warteliste durch höhere Anmeldezahlen schneller ansteigt, als Plätze geschaffen werden können, was die Situation in den Kitas verschärft“, so Brokelmann. Zudem würden immer mehr Kinder in die Krippe gegeben: „Diesen gesellschaftlichen Wandel begrüßen wir, weil er davon zeugt, dass auch Frauen nach der Geburt des Kindes früher wieder arbeiten gehen. Aber das führt auch zu erhöhtem Personalbedarf in den Kindertagesstätten.“
Kitas Kreis Stade: Personalbedarf wird weiter steigen
Dieser Personalbedarf wird weiter steigen, wenn ab 2027 in Elementargruppen drei pädagogische Fachkräfte eingesetzt werden müssen. Verschärfend kommt für die Personalsuche hinzu, dass bereits ein Jahr früher, ab 2026, ein Anspruch auf Ganztagesbetreuung in Grundschulen besteht. „So sinnvoll das alles aus pädagogischer Sicht ist, so klar müssen wir sagen, dass wir dafür geeignetes Personal brauchen. Und das zu finden, ist schon heute schwierig“, sagt Bürgermeister Sönke Hartlef.
Beispiel: Die im Mai vergangenen Jahres eröffnete Kita Schölischer Wiesen kann bislang nur eine Krippengruppe anbieten, weil für die zweite bis heute nicht genug Personal akquiriert werden konnte. „Und das für eine neue Kita in einem modernen Neubau“, so der Bürgermeister.
Stade geht bei der Personalsuche ungewöhnliche Wege
Die Hansestadt Stade sei bei der Personalsuche bereits kreativ und gehe auch ungewöhnliche Wege, sagt die zuständige Fachbereichsleiterin in der Verwaltung, Birgit Pergande: „Wir brauchen unbedingt zusätzliche pädagogische Fachkräfte, um unseren Aufgaben gerecht werden zu können.“
Aus diesem Grund wird die vierjährige Ausbildung, in der es regulär keine Vergütung gibt, bei der Hansestadt Stade gefördert. Wer sich bewirbt und in das Programm der Stadtverwaltung aufgenommen wird, erhält im zweiten Ausbildungsjahr monatlich 500 Euro, im dritten und vierten Jahr ein halbes Erzieher*innen-Gehalt. Dabei handelt es sich um eine freiwillige übertarifliche Leistung der Hansestadt. Notwendig sei eine Reform der Ausbildung insgesamt.
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Kitas Kreis Stade: Enge Personaldecke führt zu hoher Belastung
Dass dieses Förderprogramm gut ankommt, können die Leiterinnen der Kitas im Altländer Viertel und in Bützfleth, Claudia Naaf-Pawolka und Susann Köncke, bestätigen. Sie berichten – stellvertretend für viele weitere Kitas – aber auch davon, dass die enge Personaldecke zu einer hohen Belastung führe und dass Krankheitsfälle nur schwierig zu kompensieren seien. „Dabei steigt auch noch die Zahl der Kinder, die aufgrund sprachlicher und sozial-emotionaler Auffälligkeiten eine besondere Förderung und Begleitung bräuchten“, sagen Naaf-Pawolka und Köncke.
„Wir brauchen mehr Personal in den Kindertagesstätten“, sind sich die Landtagsabgeordneten Corinna Lange (SPD) und Melanie Reinecke (CDU) mit Blick auf niedersachsenweit 45.000 offene Stellen in dem Bereich einig. Lange: „Es muss jetzt darum gehen, neues Personal auf einem weiterhin hohen Niveau auszubilden, denn Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen.“ Melanie Reinecke ergänzt: „Es geht dabei nicht nur um mehr Gehalt. Es geht ebenso um mangelnde Anerkennung des Berufs und darum zu schauen, wie man den Beruf attraktiver gestalten kann.“