Eyendorf. Zweifache Mutter reitet tagsüber auf der Straße Richtung Weide, als ein Auto sie und ihr Tier erfasst. Die Reiterszene ist geschockt.

Einen Tag nach dem schweren Verkehrsunfall, bei dem eine 61-jährige Reiterin und ein Pferd aus dem Leben gerissen wurden, erinnern am Unfallort nur noch die gelben Markierungen der Spurensicherung an das Unglück. Die Mutter von zwei erwachsenen Kindern war am Dienstagnachmittag ausgeritten und auf dem Rückweg kurz vor Eyendorf an der Kreisstraße von einem Auto erfasst worden.

Wie genau es zu dem schweren Unfall kam, ist noch nicht vollständig geklärt. Die Polizei geht derzeit davon aus, dass die 61-jährige Frau gegen 15.30 Uhr auf ihrem Schimmel an der Kreisstraße 4 zwischen Raven und Eyendorf unterwegs war. „Sie ist zuvor eine Runde über die Feldwege und Wiesen in der Umgebung geritten“, erzählte eine Reitfreundin, die am Mittwoch vor Ort mit dem Abendblatt sprach. Es sei eine Standardroute von ihr gewesen.

Warum die 61-Jährige auf der Straße ritt

Die letzten knapp 500 Meter bis zur Weide musste die 61-Jährige auf der Straße reiten, da es neben der Kreisstraße weder einen Fuß- noch einen Reitweg gibt.

Auch wenn ein Fußgängerweg vorhanden gewesen wäre: Rechtlich gesehen dürfen Reiter weder Fuß-, Wander- oder Radwege benutzen. Sie müssen auf der Straße reiten und dabei den Fahrbahnrand auf der rechten Straßenseite nutzen. Genau das tat die erfahrene Reiterin.

Pferd und Reiterin sind in Eyendorf (LK Harburg) von einem Auto erfasst und tödlich verletzt worden.
Pferd und Reiterin sind in Eyendorf (LK Harburg) von einem Auto erfasst und tödlich verletzt worden. © JOTO | Joto

Pferd und Reiterin durch die Luft geschleudert

Auf der geraden, leicht abfallenden Straße fuhr zur gleichen Zeit ein 76-Jähriger in seinem VW Tiguan ebenfalls in Richtung Eyendorf. In der Tempo-100-Zone erfasste der Mann aus bisher ungeklärter Ursache mit seinem SUV von hinten das Pferd. Das Tier und die Frau schleuderten durch den starken Aufprall mehrere Meter durch die Luft, bis sie am Straßenrand liegen blieben.

Durch die starke Kollision riss die Windschutzscheibe des Pkw auf der rechten Seite. Ein alarmierter Notarzt und Sanitäter kämpften am Unfallort um das Leben der Reiterin. Doch ihre Verletzungen waren so schwer, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte. Auch das Pferd starb an seinen Verletzungen. Der Unfallfahrer blieb körperlich unverletzt.

Autofahrer kann noch keine Angaben machen

Der unter einem starken Schock stehende Mann konnte gegenüber der Polizei bisher keine Angaben zu dem Unfall machen. Mitglieder des Kriseninterventionsteams und Angehörige kümmerten sich um den geschockten 76-Jährigen. Die Mitglieder des Kriseninterventionsteams Harburg betreuten auch die Angehörigen der Verstorbenen in den Stunden nach ihrem Tod.

Da es keine Zeugen für den Unfall gibt, ist die Polizei auf die vorhandenen Spuren angewiesen. Ein Sachverständiger maß zusammen mit den Beamten den Unfallort auf den Zentimeter genau aus. Außerdem fotografierte er mit einer Drohne den gesamten Bereich. Sorgfältig markierte der Gutachter die Stellen, an denen der Wagen das Pferd und seine Reiterin erfasste und wo der Wagen schließlich zum Stehen kam. Die Polizei stellte den VW für weitere Untersuchungen sicher.

Auto tötet Reiterin und Pferd – Anklage?

Für die Beamten sind Zeugen wichtig, die die Reiterin vor dem Unfall auf der Straße gesehen haben. Sie sollen sich an die Polizei in Salzhausen (04172/ 98 66 10) wenden.

Der Unfallhergang soll möglichst genau rekonstruiert werden. Von Amts wegen hat die Polizei Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr gegen den 76-Jährigen aufgenommen. Ob der Autofahrer wegen dieser Straftat angeklagt wird, entscheidet am Ende der Ermittlungsarbeit die Staatsanwaltschaft.

Die rechte Seite des VW ist komplett eingedrückt, die Windschutzscheibe gerissen
Die rechte Seite des VW ist komplett eingedrückt, die Windschutzscheibe gerissen © JOTO | Joto

K4: Immer wieder Beinahe-Unfälle mit Reitern

Für die Mitglieder der örtlichen Reitvereine ist die Nachricht von dem tödlichen Unfall auch einen Tag nach dem Unglück ein Schock. „Die Reiter in der Region kennen sich“, sagt eine Anwohnerin. Man begegne sich immer wieder bei Ausritten in der Lüneburger Heide.

Schon lange hätten Reiter vom Landkreis gefordert, Warnschilder an der K 4 aufzustellen. Sie berichtet, dass es auf der Kreisstraße in den vergangenen Jahren immer wieder zu Beinaheunfällen zwischen Reitern und Autos gekommen sei.

Pferd auf Straße überholen: Einfache Regeln

Tatsächlich fahren viele Pkw- und Lkw-Fahrer in der erlaubten Höchstgeschwindigkeit die Straße entlang, manche überschreiten sie. Gleichzeitig nutzen Reiter die Strecke regelmäßig auf dem Hin- und Rückweg zu den Feldwegen in der Umgebung. Die anderen Verkehrsteilnehmer würden darauf aber oft wenig Rücksicht nehmen.

Dabei gibt es einfache Regeln, um ein Pferd samt Reiter sicher zu überholen. Wie bei Radfahrern muss ein seitlicher Abstand von 1,5 Metern eingehalten werden. Vom Tier sollte ausreichend Abstand gehalten und nicht mit der höchsten erlaubten Geschwindigkeit zum Überholen angesetzt werden.

Aus welchem Grund der tödliche Unfall am Dienstag passierte, ist bisher unklar. Die weiteren Ermittlungen und Befragungen werden noch Tage dauern.