Neu Wulmstorf. Rodungen für neues Wohngebiet am Kirchberg beginnen. Schwieriges Baufeld spricht gegen günstige Preise

Die Planungen für eine Bebauung des Kirchberg-Geländes bei der Lutherkirche in Neu Wulmstorf vor allem mit Wohnformen für Senioren sollen nach positivem Beschluss im Gemeinderat forciert und die Realisierung möglichst schnell vorangebracht werden. „Wir stehen gegenüber der älteren Bevölkerung quasi in der Pflicht“, sagt Bauausschuss-Vorsitzender Thomas Grambow (SPD). Angesichts des akuten Pflegenotstands in Neu Wulmstorf bezieht Grambow seine Aussage auf eine schnellstmögliche Verbesserung des Pflegeangebots in der Gemeinde und der Wohnmöglichkeiten für die ältere Generation, denn die Bedürfnisse von Senioren sollen bei der Bebauung des sogenannten Kirchberg-Geländes hinter der Lutherkirche im Mittelpunkt stehen. Vorgesehen sind altengerechte Wohnungen, ein Pflegeheim, eine Tagespflege mit Pflegedienst sowie weitere kleine und größere Wohnungen.

Der jüngste Ratsbeschluss zur Kirchberg-Bebauung sieht nun vor, dass die Abwicklung des Bauvorhabens mit einem städtebaulichen Vertrag in Auftrag gegeben werden soll. „Jetzt können die Baugenehmigungen beim Landkreis eingereicht werden“, so Grambow.

Seniorenpark mit verschiedenen Wohn- und Betreuungsformen

Er hofft, dass sich auf dem Gelände nun bald etwas tut. Die Realisierung obliegt der Planungsgemeinschaft Nord GmbH (PGN), die ihr Konzept für die Kirchberg-Bebauung auf Wunsch der Ratsmehrheit mehrfach anpassen musste. Statt der zunächst geplanten Mehrfamilien- und Reihenhäusern soll in Nachbarschaft zur Lutherkirche nun eine Art Seniorenpark mit verschiedenen Wohn- und Betreuungsformen für ältere Anwohner gebaut werden. „Wir könnten damit ein Problem für Neu Wulmstorf lösen und einen Mehrwert für die Gemeinde schaffen“, sagt Norbert Behrens, Geschäftsführer der PGN.

Denn nachdem das Pflegeheim am Markt in Neu Wulmstorf geschlossen und nicht ersetzt werden konnte und auch die Realisierung des „Convivo Park Neu Wulmstorf“ nördlich der Bahn seit Jahren auf sich warten lässt, herrscht in der Gemeinde ein dringender Bedarf an Wohnangeboten fürs Alter. Nach Jahren der Vorbereitung kribbelt es Behrens in den Händen: „Wir sind wild entschlossen loszulegen. Es hat so lange gedauert. Das hat mich über die Jahre schon ein bisschen zermürbt“, räumt der PGN-Geschäftsführer ein. Zunächst stünde nun die Rodung des Geländes an, mit der in den nächsten Wochen begonnen werden solle, kündigte Behrens an.

„Die Bäume hier sind nicht zu retten. Es ist nicht trivial, hier Wohnraum zu schaffen“

„Das ist ein Pferdefuß der Planung“, sagt Thomas Grambow (SPD), Vorsitzender des Bauausschusses der Gemeinde Neu Wulmstorf, bei einer Besichtigung des Geländes. „Die Bäume hier sind nicht zu retten. Es ist nicht trivial, an dieser Stelle Wohnraum zu schaffen“, so Grambow. Ein weiterer Grund dafür findet sich in der Topographie des hügeligen Geländes, das zu allen Seiten steil abfällt und aufwendig begradigt werden muss, um die Bauvorhaben überhaupt platzieren zu können. „Wenn das hier fertig ist, wird man vom namensgebenden Kirchberg nichts mehr sehen“, so Grambow.

Der Kirchberg sei angesichts des schwierigen Baufelds kein Gelände, um günstigen Wohnraum zu schaffen. „Von der baulichen Herstellung her wäre das nicht vermittelbar. Das müssen und werden wir an anderer Stelle umsetzen“, so Grambow. Der „diakonische Fußabdruck“, den sich die benachbarte Lutherkirchengemeinde für die Bebauung des Areals gewünscht hatte, sei in den Angeboten zur Pflege und zum Senioren-Wohnen zu finden. „Das wird hier ,Wohnen 60plus’. Aber mit sozialem Wohnungsbau hat das nichts zu tun“, sagt Grambow. Es werde wohl eher ein Wohngebiet für Leute mit Geld, die zum Beispiel ihr Eigenheim verkauft haben.

„Wir hatten uns einen diakonischen Fußabdruck gewünscht!“

„Wir hatten uns einen diakonischen Fußabdruck für ein Baugebiet gleich neben der Lutherkirche gewünscht und es ist erfreulich, dass diesem Wunsch im Ansatz entsprochen wird“, sagt Florian Schneider, Pastor der Lutherkirche. „Wie das diakonische Moment konkret ausgestaltet werden soll, geben die Dokumente derzeit aber noch nicht her.“. Ganz wichtig werde, was die Sozialverträglichkeit angeht, auch die Frage des Betreibers des Altenheims sein und ob es erschwinglich sein wird für Otto-Normal-Verbraucher, so Schneider. PGN will das Vorhaben mit dem Harburger Unternehmen Senectus GmbH realisieren, mit dem die Planungsgemeinschaft bereits mehrere Seniorenresidenzen realisiert hat, unter anderem in Kaltenkirchen. Ein Träger unter der Fahne von Senectus gebe es auch schon, bestätigt PGN-Geschäftsführer Behrens dem Abendblatt. „Nennen kann ich ihn aber noch nicht. Die Verhandlungen laufen.“

Direkt hinter der Kirche entsteht im größten Neubau das Seniorenpflegeheimes mit etwa 120 Plätzen in Pflegeappartements. Dazu kommen in einem Riegel noch etwa 50 Wohnungen in anderen Gebäuden, die seniorengerecht und in verschiedenen Größen gebaut werden, teils mit und teils ohne Tiefgarage. Künftige Bewohner könnten dann je nach Bedarf Dienstleistungen aus dem Pflegeheim dazu buchen, beispielsweise spezielle Tagespflegedienste. Eines der Gebäude soll im Erdgeschoss eben diese Tagespflege beherbergen und zudem 14 bezahlbare Wohnungen vor allem für Angestellte des Pflegeheims bieten. „Der Gedanke dabei ist, dass sich angesichts des Fachkräftemangels und des Pflegenotstands leichter Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen finden lassen, wenn ihnen neben dem Arbeitsplatz auch attraktiver Wohnraum geboten wird“, so Behrens.

Wohnraum zum Mieten, aber auch zum Kaufen

Auf dem Gelände solle Wohnraum zum Mieten, aber auch zum Kaufen angeboten werden. Das Gebiet soll über eine neue Zufahrt an der Wulmstorfer Straße erschlossen werden. Die Anbindung an das Neu Wulmstorfer Zentrum ist allerdings ein weiterer Pferdefuß der Planung. „Darum muss sich der spätere Träger kümmern. Er muss dafür sorgen, dass man zum Beispiel mit einem Pendelverkehr ins Zentrum kommen kann“, fordert Grambow, im Hauptberuf Geschäftsführer des Kreisverbandes Harburg-Land des Deutschen Roten Kreuzes, das laut Grambow ebenfalls eine Trägerschaft des neuen Pflegeheims auf dem Kirchberg nicht grundsätzlich ablehnen würde. Pastor Schneider hat mit der fußläufigen Anbindung in den aktuellen Planungen noch ein anderes Problem:„Zu bekritteln habe ich, dass bei der Planung nicht wirklich an eine Verbindung des neuen Areals zur Lutherkirche gedacht wurde. Ich vermisse in den Plänen einen befestigten Fußweg.“

Ein solcher wäre doch für die künftigen Bewohner des geplanten Baugebiets bestimmt sehr von Vorteil, so Schneider: „Im Westen des Planungsgebietes gibt es einen solchen Fußweg. Der Weg zur Kirche aber wäre für die Senioren doch mutmaßlich relevanter als der Weg zur dortigen Spielscheune.“