Jesteburg. Mit neuem Trainer empfangen die Regionalligafrauen am 21. August den SV Henstedt-Ulzburg. Die Bundesligisten steigen erst Runde zwei ein.
Für Außenstehende kommt es schon überraschend, wenn ein Trainer nach einer der erfolgreichsten Spielzeiten der Vereinsgeschichte in die zweite Reihe zurücktritt. Marcel Hagemann hat genau das getan. Seit zwei Jahren trainiert der mittlerweile 30-Jährige die Fußballerinnen des VfL Jesteburg, die mit Abstand am höchsten spielende Frauenmannschaft des Kreises Harburg.
In der Rückrunde der Saison 2021/2022 coachte er sie zum Klassenerhalt in der Regionalliga Nord und zum erstmaligen Gewinn des AOK-Niedersachsenpokals. Mit dem Pokalsieg im Juni verbunden war die Qualifikation für die erste Hauptrunde im DFB-Pokal. Doch dazu später mehr.
Ständig neue Corona-Auflagen und Kampf um den Klassenerhalt
Warum dann der Rückzug auf einem sportlichen Höhepunkt? „Die Rückrunde war mental sehr fordernd. Immer neue Corona-Auflagen und die sportliche Situation haben jede Menge Energie gekostet“, berichtet der B-Lizenz-Inhaber. Zwar gebe es mit Rolf Sievers einen Torwarttrainer und einen Mannschaftsrat mit vier Spielerinnen, aber viele Aufgaben blieben eben beim Trainer hängen.
Sportlich machten zahlreiche verletzte oder kranke Spielerinnen dem VfL Jesteburg zu Beginn der Rückrunde zu schaffen, phasenweise stand das Team nur marginal vor den Abstiegsplätzen. Erst ein starker Saisonendspurt mit vielen ungeschlagenen Partien in Serie führte die Rüsselkäferinnen schließlich noch auf den siebten Tabellenplatz der 14er-Liga.
Hagemann bleibt der Mannschaft als Co-Trainer erhalten
„Das alles war so intensiv und anstrengend, dass bei mir im Sommer etwas die Luft raus war“, sagt Hagemann, der außerdem eine neue Arbeitsstelle als Business Consultant bei einer Hamburger Unternehmensberatung antrat. „Es bringt den Mädels nichts, wenn ich nur 90 oder 95 Prozent geben kann. Da sind eher 110 oder 120 Prozent erforderlich. Ich wollte aber unbedingt dabei bleiben“, sagt Marcel Hagemann, der in der neuen Saison als Co-Trainer fungiert.
Der neue Headcoach bei den Regionalligafrauen des VfL Jesteburg ist Jan-Marc Bahrenburg. Der 25-Jährige aus der Samtgemeinde Sottrum im Landkreis Rotenburg ist ein positiv Fußballverrückter, betrieb bisher schon hohen Aufwand für sein liebstes Hobby und tut es erst recht in dieser Saison. Seitdem er 18 oder 19 Jahre alt ist, engagiert sich Bahrenburg als Trainer im Jugend- und Frauenbereich. Zuletzt führte er die Damen des SV Harderberg zur Vizemeisterschaft in der Landesliga Weser-Ems, verbunden mit dem nachträglichen Aufstieg in die Oberliga.
Jan-Marc Bahrenburg coacht parallel A-Junioren von Treubund Lüneburg
„Auch nach Osnabrück bin ich immer zum Training gefahren“, erzählt der Mann, der im Online-Unternehmen seiner Mutter arbeitet. Die Bahrenburgs vertreiben Spirituosen, Zigarren und Lifestyle-Artikel. Noch weiter vom Wohnort Hellwege entfernt liegt seine zweite Trainerstelle: beim MTV Treubund Lüneburg hat Jan-Marc Bahrenburg die in der Niedersachsenliga spielenden U19-Junioren übernommen.
„Qualität steht für mich an erster Stelle. Ich habe Spaß an der täglichen Arbeit mit dem Ball, möchte ein vernünftiges Training aufbauen und die Leute weiterbringen“, sagt der neue VfL-Coach. Der B-Lizenz-Inhaber möchte mittelfristig die nächste Qualifikationsstufe (A-Lizenz) erreichen. Voraussetzung dafür ist, dass er einen Verein in der Herren-Oberliga oder eben in der Frauen-Regionalliga trainiert. Das sei für ihn ein positiver Nebenaspekt. Und er möchte im DFB-Pokal eine Runde weiter kommen.
Trainer und Team verfolgten die Auslosung per Livestream
Die Saison 2022/2023 beginnt für die Frauen des VfL Jesteburg nämlich mit einem Knaller. Zum ersten Mal überhaupt haben sie sich für den DFB-Pokal qualifiziert. Der Gegner in der ersten Runde am Sonntag, 21. August, heißt SV Henstedt-Ulzburg. Das Heimspiel auf dem Sportplatz Am alten Moor beginnt um 14 Uhr. Weil alle Erst- und die meisten Zweitligisten erst in der Runde danach einsteigen, waren Gegner wie VfL Wolfsburg oder Bayern München nicht möglich. „Wir hätten uns ein etwas schöneres und attraktiveres Los gewünscht“, sagt Marcel Hagemann, der die Auslosung gemeinsam mit der Mannschaft via Livestream verfolgte.
Kontrahenten kennen sich aus gemeinsamen Regionalligajahren
Auch wenn die Gäste aus Schleswig-Holstein zuletzt ein Jahr in der 2. Bundesliga spielten, kennen sich Jesteburg und „SVHU“ aus vielen gemeinsamen Spielen in der Regionalliga Nord. „Wir sind nicht chancenlos, auch wenn Henstedt aus meiner Sicht leicht favorisiert ist“, sagt der neue Co-Trainer.
Die Übertragungsrechte für den DFB-Pokal der Frauen liegen beim Bezahlsender Sky, der sich von den 16 Erstrundenspielen die Partie zwischen Holstein Kiel und dem VfL Bochum (Montag, 22. August, 18 Uhr) für die Liveübertragung ausgesucht hat. Dann ist Jesteburg eben in der zweiten DFB-Pokalrunde mit einem großen Gegner und dem Livespiel dran.
Saisonziel ist der Klassenerhalt in der Regionalliga
Die Punktspielsaison in der Regionalliga Nord beginnt für die VfL-Frauen eine Woche nach dem DFB-Pokalspiel. Erster Gegner ist am Sonntag, 28. August, auswärts der TV Jahn Delmenhorst. „Unser Ziel ist ganz klar der Klassenerhalt“, sagen unisono Bahrenburg und Hagemann. Das werde schwer genug, zumal vier Vereine in die Oberligen absteigen müssen. Der Verband will die Ligastärke wieder auf Vor-Corona-Niveau von zwölf Clubs reduzieren. Meister HSV verpasste den Aufstieg, Henstedt-Ulzburg stieg aus der 2. Bundesliga ab. Daneben gebe es starke Aufsteiger, schätzt das Trainerteam.
Maleen Gerkens kehrt vom Hamburger SV zurück
Personell stehen den fünf Abgängen acht neue Spielerinnen gegenüber. Die ewige Sonja Putensen (Karriereende) wurde ebenso verabschiedet wie Catharina Schwanz, Emelie Rohmann (beide Fußballpause), Anika Prüfer (TSV Stelle) und Jana Grizmann (TSV Winsen). Dafür verstärkte der VfL Jesteburg seinen Damenkader mit Rückkehrerin Maleen Gerkens (vom HSV), Jenny Schneider, Lea Junge (beide eigene Jugend), Hanna Schubert, Lisa Augustin, Ylva Ipek (alle Harburger TB, B-Juniorinnen), Nelly Dallmann (Eintracht Elbmarsch) und Louisa Springsguth (SG Scharmbeck-Pattensen).