Jesteburg/Hoopte. Die Fußballerinnen wollen ihren Platz in der dritthöchsten Spielklasse weiter festigen. Fünf Neuzugänge als Verstärkung.

Marcel Hagemann hat als Trainer bei den Regionalliga-Fußballerinnen des VfL Jesteburg angeheuert. Große Überlegung hat ihn diese Entscheidung offenbar nicht gekostet, trotz eines wahrlich schon jetzt sehr aktiven Lebens: „Dass ich mal zwei Stunden vor dem Fernseher sitze, gibt es nicht.“ Sein Pensum wirkt unglaublich. Da ist zunächst sein Vollzeitjob als Junior Controller beim Vergleichsportal Check24 in Hamburg. Bestandsanalysen und Monatsberichte fallen seit Februar in seinen Aufgabenbereich. Zuvor war der 28 Jahre alte Bankkaufmann aus Hoopte, der nach dem Abitur bei der Sparkasse Harburg Buxtehude gelernt hatte, fünf Jahre in der Buchhaltung eines Sportcenters in Wandsbek tätig.

Bachelor-Abschluss berufsbegleitend

Berufsbegleitend erwarb er an der Hochschule Fresenius einen Bachelor-Abschluss in Business Administration, früher als Betriebswirtschaftslehre bekannt. Die Abendschule läuft weiter, nächstes Ziel ist der Master of Arts mit Schwerpunkt Unternehmensführung und Controlling – je einmal in der Woche und sonnabends.

Schiedsrichter in der Kreisliga

Und dann gibt es da noch den Sport. Auch im Fußball ist Marcel Hagemann ein einzelner Bereich offensichtlich nicht genug. Als Schiedsrichter leitet er bis zu 15 Kreisligaspiele pro Saison. Seine wahre Leidenschaft gilt jedoch dem Trainerjob. Schon als 16-Jähriger begann er bei der JSG Elbdeich/Laß­rönne und führte den Jahrgang 1999 gemeinsam mit Jörg Kissel in sechs Jahren in die Landesliga. Von 2015 an trainierte Hagemann eine Saison als Co-Trainer und dann vier Jahre hauptverantwortlich die Bezirksligafußballerinnen der SG Laßrönne/Borstel-Sangenstedt. Parallel erwarb er Trainerlizenzen, im vergangenen Jahr die B-Lizenz. Derzeit arbeitet er an der nächsten Lizenzstufe: Die vom DFB eingeführte Elite-Jugend-Lizenz ist eine Zwischenstufe zwischen B- und A-Lizenz. Dazu gehören Lehrgänge in Barsinghausen und Malente sowie Hospitationen bei erfahrenen Übungsleitern.

Drei Trainingseinheiten pro Woche

Wenn man zudem hört, dass Marcel Hagemann eine Partnerin an seiner Seite weiß, immerhin selbst eine aktive Fußballerin, wirkt der mit seiner neuesten Aufgabe verbundene Aufwand geradezu surreal. Die Jesteburger Fußballerinnen spielen drei Klassen höher als seine bisherige Mannschaft, trainieren bis zu drei Einheiten pro Woche und sind für Auswärtsfahrten in ganz Norddeutschland unterwegs. „Ich wollte etwas anderes machen, wollte den nächsten Schritt gehen“, begründet der 28-Jährige die Entscheidung, Nachfolger der langjährigen Jesteburger Trainerin Ina Heitmann zu werden.

Für ihn hätten sich zwei Optionen geboten: „Entweder an der Seite eines erfahrenen Trainers dazulernen, zum Beispiel in der Herren-Bezirksliga, oder versuchen, eine Mannschaft eigenverantwortlich auf höherem Niveau zu trainieren.“ Geworden ist es die zweite Variante.

Ina Heitmann hatte schon mehrere Anläufe unternommen, sich als Trainerin zurückzuziehen. Der Kreisvorsitzende Manfred Marquardt wusste davon und stellte im Winter den Kontakt zwischen dem VfL Jesteburg und Hagemann her. Nach einigen Gesprächen leitete der Vielbeschäftigte zwei Probetrainings. „Die Mädels fanden das gut und wollten mich gern als Trainer haben“, erzählt Hagemann. Er habe alle Optionen abgewogen und sich dann für den Schritt in die Frauen-Regionalliga entschieden. „Die Mannschaft hat Ehrgeiz und Willen. Dazu gibt es ein starkes Team hinter der Mannschaft, von dem ich viel lernen und mitnehmen kann“, erzählt der neue Jesteburger Trainer.

Vermittler von Prinzipien auf dem Platz

Welchen Stil bevorzugt Marcel Hagemann? „Ich mache Training auf Prinzipienbasis. Ich möchte den Spielerinnen Regeln an die Hand geben, damit sie in bestimmten Spielsituationen darauf zurückgreifen können“, sagt Jesteburgs Coach. Eine dieser Prinzipien ist, vorne wie hinten den Ball haben zu wollen, um das Spiel aktiv gestalten zu können. „Im Spiel nehme ich meistens nur noch kleine Korrekturen vor. Ich bin niemand, der wild gestikuliert und schreit. Ich versuche mich auf der motivierenden Ebene zu bewegen und das letzte Bisschen rauszuholen.“

In der neuen Saison will der VfL Jesteburg, der die Spielzeit 2019/2020 als Tabellenvierter abschloss, möglichst wenig mit dem Abstieg zu tun haben. Auch die Regionalliga Nord der Frauen startet in zwei Staffeln, Jesteburg hat unter anderem hoch eingeschätzte Vereine wie SV Henstedt-Ulzburg, Hamburger SV und TV Jahn Delmenhorst in seiner Gruppe. Zweites Saisonziel ist die Integration junger Spielerinnen, drittes Ziel die Festigung der Spielidee.

Fünf junge Neuzugänge

Fünf junge Neuzugänge hat Coach Hagemann im Kader. Vom Buchholzer FC kommen Landesauswahlspielerin Emilia van Gunst, Svenja Benecke und Annika Paschköwitz, von der SV Eintracht Lüneburg Catharina Schwanz (alle Oberliga) und von Hagemanns bisherigem Verein SG Laßrönne/Borstel (Bezirksliga) wagt Jana Grizmann den Sprung in die dritthöchste Spielklasse.